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„Das ist nur der Anfang“Warum der Krieg in der Ukraine noch viel furchtbarer werden könnte

A view of smoke from inside a damaged gym following shelling in Kyiv, Ukraine, Wednesday, March 2, 2022. Russian forces have escalated their attacks on crowded cities in what Ukraine's leader called a blatant campaign of terror. (AP Photo/Efrem Lukatsky)

Rauch steigt am 2. März aus einem völlig zerstörten Fitnessstudio in Kiew auf: Russische Streitkräfte greifen vermehrt große Städte an.

Die vergangenen Stunden der russischen Invasion sind alles andere als nach Plan gelaufen. Jetzt machen sich nicht nur Experten Sorgen darüber, wie der Krieg in der Ukraine jetzt weitergeht. Es könnte bitter werden. Auch Kanzler Scholz warnt eindringlich.

von Martin Gätke (mg)

Zuletzt hat das russische Militär keine größeren Städte mehr eingenommen, Putins Truppen kommen nicht mehr so recht voran, alles stockt, auch die Versorgung. Anders, als Putin und seine Berater im Kreml scheinbar erwartet haben, ist die Regierung der Ukraine nicht innerhalb von wenigen Tagen gefallen.

Die Bevölkerung und die Soldatinnen und Soldaten des Landes halten tapfer dagegen. Doch genau das veranlasst jetzt Militärexperten dazu, eine noch schlimmere Phase des Krieges zu befürchten. Russland könnte bald noch brutalere Taktiken anwenden – einige sind schon jetzt spürbar für die Bevölkerung.

Und ein Blick in die Vergangenheit zeigt, wie egal Putin Menschenleben sind.

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Wenn die russischen Truppen zu Land nicht so schnell vorankommen, wie geplant, könnte es zur nächsten Eskalationsstufe kommen: mehr Bombenangriffe auf die großen Städte. Einen Vorgeschmack davon haben ihre Bewohnerinnen und Bewohner in den letzten Stunden erleben müssen: Ein Wohngebiet wurde in der zweitgrößten Stadt Charkiw bombardiert, ebenso das Rathaus.

Laut ukrainischer Armee haben russische Luftlandetruppen ein örtliches Krankenhaus angegriffen. In Borodjanka, 50 Kilometer von Kiew entfernt, zerstörten russische Luftangriffe zwei weitere Wohngebäude. In Kiew wurde der Fernsehturm beschossen. Aus der Großstadt Schytomyr, westlich von Kiew, berichtete der örtliche Bürgermeister, dass russische Raketen Wohngebäude und ein Krankenhaus getroffen hätten. Dutzende Menschen sterben, Hunderte werden verletzt.

„Wir befinden uns hier erst in den ersten Tagen des Krieges, und Putin hat viele Karten auszuspielen“, sagt Douglas Lute, ehemaliger US-Botschafter der Nato, gegenüber der „New York Times“. Es sei zu früh, sich über die kleinen Erfolge zu freuen, welche das Voranschreiten der russischen Truppen behindere. In den sozialen Medien sind zahlreiche zerstörte russische Fahrzeuge zu sehen, eine bewaffnete, hoch motivierte Zivilbevölkerung stellt sich den Invasoren in den Weg, tote russische Soldaten liegen auf den Straßen.

Krieg in der Ukraine: Wird Kiew zu einem zweiten Aleppo?

Lute warnt: „Es ist zu früh, um sich siegreich zu fühlen. Es gibt viele russische Fähigkeiten, die noch nicht eingesetzt wurden.“

Denn das russische Militär habe eine etablierte Strategie zur Übernahme feindlicher Städte. Wie brutal sie aussieht, war bereits in den Tschetschenienkriegen oder auch in Syrien zu sehen. Eine bewährte Taktik: Das gezielte Abfeuern von Raketen und Bomben auf Wohnviertel, um zum einen die Infrastruktur zu zerstören. Und zum anderen die Zivilisten zur Flucht zu zwingen. Und den letzten Widerstand zu brechen. Dann ist der Weg frei, um in die Stadt vorzudringen.

In dem über 60 Kilometer langen Konvoi von Militärfahrzeugen, der vor Kiew steht, sind auch Artilleriegeschütze zu sehen.

Die bittere Kalkulation des Experten: Je weniger Erfolg Putin mit seiner Invasion hat, desto weiter könnte er bereit sein zu gehen, um die Ukraine zu unterwerfen. Ein brutalerer Feldzug könnte die Folge sein. Die Rücksicht gegenüber der ukrainischen Bevölkerung, die sich ohnehin wenig kooperativ zeigt, könnte rapide abnehmen.

Krieg in der Ukraine: Kriege in Syrien und Tschetschenien als Vorlage?

„Eine große Befürchtung unter US-Militärbeamten ist, dass Russland, nachdem es anfängliche Rückschläge erlitten hat, ein riesiges Raketenbombardement und Luftangriffe nicht nur auf Kiew, sondern auch auf andere Städte entfesseln wird, in denen es ernsthaften Widerstand gibt“, heißt es in der Analyse weiter. Doch was genau passieren wird – darüber herrscht auch unter Experten große Unsicherheit.

Der gezielte Angriff auf die Zivilbevölkerung – das ist ein Kriegsverbrechen. Auch der Chefankläger des Internationalen Strafgerichtshofes, Karim Khan, hat sich bereits zu Wort gemeldet. Er kündigte am Dienstag an, „so schnell wie möglich eine Untersuchung zur Situation in der Ukraine“ einzuleiten.

Ein Blick nach Syrien verrät, wie es weitergehen könnte: Auch dort erlitten die Russen an der Seite von Machthaber Basar al Assad frühe Rückschläge. Doch sie passten sich an, setzten etwa in Aleppo vermehrt Raketen, Artillerie und Flugzeuge ein, während die Verbündeten am Boden weitermarschierten. Nach Angaben der Syrischen Beobachtungsstelle für Menschenrechte wurden von 2015 bis Ende 2017 bei russischen Luftangriffen schätzungsweise mindestens 5.700 Zivilisten getötet, ein Viertel davon Kinder.

Krieg in der Ukraine: Macht Putin die Städte dem Erdboden gleich?

Auch die beiden Kriege in Tschetschenien waren sehr brutal, die Hauptstadt Grosny wurde großflächig zerstört. Viele Tausende starben, bevor Russland die Kontrolle wiedererlangte und einen prorussischen Tschetschenen als Marionette einsetzte.

Und wie sieht es in der Ukraine aus? Werden die Städte dort auch dem Erdboden gleichgemacht, wie Aleppo und Grosny? Malcolm Chalmers, der stellvertretende Direktor der Forschungsgruppe des Royal United Services Institute in Großbritannien, sagt über Putins Taktik in der „New York Times“: „Wenn er in Woche zwei genauso versagt wie in Woche eins, wird er unter Druck stehen, einen Ausweg zu finden.“

Dass es zu einer weiteren Eskalation kommen könnte, weiß auch Kanzler Olaf Scholz. „Die Ukraine kämpft buchstäblich um das Überleben“, sagte er am Dienstag. „Wir dürfen uns nichts vormachen: Das wird jetzt noch eine ganz, ganz dramatische Zeit werden.“ Er fügte hinzu: Die Bilder von Opfern und Zerstörungen, die bislang schon bekannt geworden sind, „werden nur ein Anfang sein von dem, was wahrscheinlich noch kommt“.