„Virus steckt in der Baby-Zeit“So lange noch? Lauterbach mit drastischer Corona-Prognose

13.02.2022, Berlin: Karl Lauterbach (SPD), Bundesminister für Gesundheit, kommt zur Wahl des Bundespräsidenten durch die Bundesversammlung im Paul-Löbe-Haus. Foto: Britta Pedersen/dpa-Zentralbild/dpa +++ dpa-Bildfunk +++

Gesundheitsminister Karl Lauterbach (SPD) am 13. Februar im Paul-Löbe-Haus bei der Wahl des Bundespräsidenten. Lauterbach erklärte in einem Interview, warum die Corona-Pandemie zehn Jahre dauern könnte.

Unsere Nachbarstaaten haben es uns vorgemacht, jetzt macht sich auch Deutschland locker. Aber wann ist die Pandemie eigentlich endlich vorüber. In einem Interview mit der „Zeit“ gibt Karl Lauterbach nun die deprimierende Antwort darauf.

von Martin Gätke (mg)

Karl Lauterbach (SPD) gilt seit Beginn der Pandemie als der Mahner und Erklärer der Nation – und auch als Gesundheitsminister wird er nicht müde, diese Rolle einzunehmen. Seitdem Bund und Länder am vergangenen Mittwoch ihren Plan für die schrittweisen Öffnungen bis hin zu einem möglichen Ende aller einschneidenden Corona-Auflagen am 20. März öffentlich machten, herrscht hierzulande endlich wieder etwas Optimismus.

Doch den dämpfte Lauterbach genau eine Woche später. In einem Interview erklärte er nun am Mittwoch (23. Februar): Die Pandemie wird lange dauern. Sehr lange.

In einem Interview mit der „Zeit“, welches die Zeitung am Mittwochabend ab 18 Uhr live über ihre Facebook-Kanäle sendete, ging Lauterbach zunächst auf die mildere Omikron-Variante ein. Sie fordere im Moment etwa 200 bis 300 Todesfälle pro Tag. Deutschlandweit wurden am Mittwoch binnen 24 Stunden 299 Todesfälle verzeichnet. Vor einer Woche waren es 247 Todesfälle. „Mich stimmt das traurig, dass wir uns in Teilen daran schon gewöhnt haben“, erklärt Lauterbach hierzu.

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Karl Lauterbach: „Dann hätten wir noch mehr Tote“

Er erklärt, warum man in Deutschland, anders als in anderen Ländern, nicht mit einem Schlag alles öffnen kann. „Würden wir mit einem Male alles öffnen, hätten wir mit einem Schlag noch mehr Tote“, so Lauterbach. Zudem gebe das die zu niedrige Impfquote hierzulande nicht her.

„Wir haben bei den Über-60-Jährigen eine deutlich höhere Quote von Ungeimpften. In den anderen Ländern ist einfach mehr möglich.“

Karl Lauterbach: Deshalb könnte die Pandemie zehn Jahre dauern

Im Gespräch mit der „Zeit“-Journalistin Tina Hildebrandt und dem Journalisten Roman Pletter gab Karl Lauterbach anschließend eine drastische Prognose zur Dauer der Pandemie ab: Seiner Meinung nach könnte sie zehn Jahre dauern. „Wenn ein komplett neues Virus kommt, dann sind zwei Jahre in der Regel die Babyzeit des Virus“, erklärt Lauterbach. Es verändere sich dann sehr schnell, „eine Reihe von Varianten haben wir ja schon gesehen. Und es wird sich noch weiter verändern.“

Er nannte HIV als Beispiel für ein Virus, welches ebenfalls noch kursiert. „Es ist auch noch da, auch wenn es nicht so ansteckend ist.“ Lauterbach geht sogar noch weiter: „Dass Corona in zehn Jahren weg ist, ist eher noch eine optimistische Schätzung.“

Karl Lauterbach: „Die Pandemie wird ihren Schrecken verlieren“

Gerade für Menschen mit Immunschwächen und Vorerkrankungen werde eine Impfung auch in Zukunft nicht vollends ausreichen, erklärte Lauterbach bereits in der vergangenen Woche. Es werde immer wieder Ausbrüche geben, von denen nicht wenige schwer verlaufen werden. Auch das Robert Koch-Institut (RKI) warnte bereits: „Wir müssen uns darauf einstellen, dass es noch weitere Covid-Wellen geben wird.“

Lauterbach: „Die Pandemie wird den Schrecken verlieren. Aber sie wird uns im Alltag noch lange beschäftigen.“

Karl Lauterbach: „Andere Länder spielen in ganz anderen Kategorie“

Und was ist mit der Maskenpflicht? Die europäischen Nachbarn gehen wesentlich weiter als die deutsche Politik, Tschechien schafft in den nächsten Wochen fast alle verbleibenden Corona-Schutzmaßnahmen ab. Hier entfällt vom 13. März an die generelle Maskenpflicht in Innenräumen.

„Andere Länder spielen in einer ganz anderen Kategorie“, macht Lauterbach klar. „Wir müssen mit unseren eigenen Regeln arbeiten.“ Deutschland nehme wegen seiner großen Gruppe an Ungeimpften und der großen Anzahl an Älteren eine Sonderstellung ein.

Karl Lauterbach ganz privat: In einer Situation musste er seinen Kampfsport einsetzen

Lauterbach sprach sich erneut für eine Impfpflicht aus. „Der Schaden durch diejenigen, die nicht bereit sind, sich impfen zu lassen, ist erheblich.“ Er selbst könne diese Ignoranz nicht nachvollziehen. Der Gesundheitsminister wollte sich aber nicht detailliert zu möglichen Strafen äußern. Auch, um den Anträgen nicht vorzugreifen. Doch er erklärte: „Ich wäre mit drastischen Strafen einverstanden.“

Am Ende des Interviews wurde es auch persönlich. Auf die Frage, wer sein bester Freund ist, sagte Lauterbach sofort: „Meine Kinder“. Zudem gab er zu, auch schon Corona-Regeln gebrochen zu haben. „Ich war mal dort ohne Maske, wo Maskenpflicht herrschte.“ Außerdem habe er mal seine Kampfsport-Kenntnisse auch im Alltag einsetzen müssen: „Bei einer Streitschlichtung“, wie er sagt. „Aber das ist lange her.“