Abo

Zoff in der UnionMerz: „Kann doch nicht Euer Ernst sein“

Johannes Winkel (l, CDU), Bundesvorsitzender der Jungen Union (JU), und Bundeskanzler Friedrich Merz (CDU) kommen beim Deutschlandtag der Jungen Union in die Veranstaltungshalle.

Johannes Winkel (l, CDU), Bundesvorsitzender der Jungen Union (JU), und Bundeskanzler Friedrich Merz (CDU) kommen beim Deutschlandtag der Jungen Union in die Veranstaltungshalle.

Die Fronten im unionsinternen Streit um die Rentenpolitik verhärten sich.

Beim Jahreskongress der Jungen Union in Rust schlug Bundeskanzler Friedrich Merz (CDU) am Samstag großer Unmut über den Kurs der Bundesregierung entgegen.

Der Kanzler seinerseits warnte den Parteinachwuchs, durch einen „Unterbietungswettbewerb“ um das niedrigste Rentenniveau wichtige Wählergruppen zu verprellen.

Merz forderte die Junge Union zu einer konstruktiven Mitwirkung bei einer Rentenreform auf. Die CDU/CSU-Nachwuchsorganisation bekräftigte indes ihre Ablehnung des Rentenpakets in einem einstimmigen Beschluss.

Merz rief die Delegierten des „Deutschlandtags“ der Jungen Union zur Mäßigung im Rentenstreit auf. Er wolle den Nachwuchs „herzlich bitten: Nehmt an dieser Debatte bitte konstruktiv und aktiv teil - aber nicht, indem ihr einfach nur sagt, was nicht geht“, sagte der CDU-Chef.

„Das kann doch nicht Euer Ernst sein“

„Glaubt jemand ernsthaft, dass wir einen Unterbietungswettkampf gewinnen, wer das niedrigste Rentenniveau anbietet?“

Merz rief den Delegierten zu: „Das kann doch nicht Euer Ernst sein. Damit gewinnen wir keine Wahl.“

Die Aufforderung der Jungen Union, die Rentenvorlage aus dem SPD-geführten Bundessozialministerium im Bundestag wegen der hohen Folgekosten abzulehnen, wies Merz zurück. Er werde der Vorlage im Bundestag „mit gutem Gewissen“ zustimmen, stellte der Kanzler klar.

Für seine Positionierungen im Rentenstreit erhielt Merz kaum Applaus. Mit großem Beifall bedachten die Delegierten hingegen all jene Wortmeldungen beim „Deutschlandtag“, die das Rentenpaket kritisierten und generell einen härteren Kurs in der Sozialpolitik forderten.

„Ihr könnt euch darauf verlassen: Wir bleiben in dieser Frage stehen“

Einstimmig nahmen die JU-Delegierten kurz vor Merz' Auftritt einen Initiativantrag der Landesvorsitzenden an, der die Unionsfraktion im Bundestag auffordert, dem Rentenpaket in der derzeitigen Fassung nicht zuzustimmen. Die vom Bundeskabinett beschlossene Stabilisierung des Rentenniveaus bei 48 Prozent dürfe nur bis 2031 gelten - und wegen der hohen Kosten nicht über dieses Jahr hinaus, heißt es in dem Beschluss.

Der Vorsitzende der Jungen Gruppe der Unionsabgeordneten im Bundestag, Pascal Redding, bekräftigte bei dem JU-Treffen, dass der bereits vom Bundeskabinett verabschiedete Entwurf zur Renten-Stabilisierung „von uns in dieser Form keine Zustimmung bekommen“ werde. Einen Kompromiss lehnte er ab: „Ihr könnt euch darauf verlassen: Wir bleiben in dieser Frage stehen.“

Sollte die Junge Gruppe der Union im Bundestag mit ihren 18 Abgeordneten das Rentengesetz tatsächlich blockieren, hätte die schwarz-rote Koalition dafür keine eigene parlamentarische Mehrheit.

Folgekosten von rund 120 Milliarden Euro

Der Unionsnachwuchs begründet seinen Widerstand damit, dass die von der SPD gewünschte Festschreibung des Rentenniveaus über 2031 hinaus Folgekosten von rund 120 Milliarden Euro nach sich ziehen würde. Der Kanzler zweifelte diese Zahl in Rust an: „Diese Berechnungen werden sich als unzutreffend erweisen.“

Zur Begründung verwies Merz darauf, dass die Koalition noch eine umfassende Rentenreform erarbeiten werde. Die geplante Reform werde für die Zeit nach 2031 das Rentensystem neu austarieren und die Kosten senken - unter Einbeziehung der drei Bereiche der gesetzlichen, der privaten und der betrieblichen Altersversorgung.

Bei der Eröffnung des „Deutschlandtags“ hatte JU-Chef Johannes Winkel am Freitagabend die Unterstützung von Parteichef Merz im Kampf gegen die Rentenpläne gefordert.

„Ohne Junge Union wäre Merz nicht Kanzler geworden“

„Ohne die Junge Union wäre Friedrich Merz nicht Parteivorsitzender und ohne Parteivorsitz ganz bestimmt nicht Kanzlerkandidat geworden“, sagte Winkel im baden-württembergischen Rust. „Friedrich Merz konnte sich immer auf die Junge Union verlassen. Und jetzt in dieser Frage verlässt sich die Junge Union Deutschlands auf Friedrich Merz.“

Die einflussreiche JU galt jahrelang als Bastion von Merz-Unterstützern. In Rust bereitete sie dem vor einem halben Jahr zum Kanzler gewählten Merz aber einen eher kühlen Empfang. Delegierte warfen ihm in der Aussprache nach seiner Rede unter anderem vor, der SPD zu großen Einfluss in der Koalition einzuräumen, wichtige Sozialreformen zu verschleppen und die versprochene Politikwende nicht umzusetzen.

Merz verteidigte sich auch mit dem Verweis auf Koalitionszwänge. In der Koalition mit der SPD sei „nicht alles eins zu eins durchsetzbar, was wir gerne hätten“, sagte er. Er müsse als Parteivorsitzender „dafür sorgen, dass wir strukturell in der Bundesrepublik Deutschland mehrheitsfähig bleiben“ - und dies wäre mit der von der JU geforderten harten Linie in der Rentenpolitik nicht möglich. (afp)