„Müssen Auftrag annehmen“Scholz macht klare Koalitions-Ansage in ZDF-Sondersendung

Olaf Scholz am 26. September nach der Wahlparty in Berlin.

Olaf Scholz am 26. September nach der SPD-Wahlparty in Berlin.

Nach der Bundestagswahl stehen nun Koalitionsgespräche an. Im Newsticker von EXPRESS.de bleiben Sie über alle aktuellen Entwicklungen informiert.

Köln. Die SPD hat die Bundestagswahl 2021 knapp gewonnen. Armin Laschet hat nach dem Debakel für die Union aus CDU und CSU am Montag Fehler eingestanden. Aber wie geht es nach der Bundestagswahl nun weiter? Es drohen schwierige Koalitionsverhandlungen. CDU-Ikone Wolfgang Bosbach ist sogar überzeugt, dass die Gespräche sich so lange hinziehen werden, dass Angela Merkel erneut die Neujahrsansprache halten wird. 

Wir halten Sie in unserem Newsticker über die weiteren Entwicklungen nach der Wahl auf dem Laufenden: 

  • SPD-Kanzlerkandidat Olaf Scholz sieht genügend Gemeinsamkeiten mit Grünen und FDP für eine Koalition. „Es gibt ja Schnittmengen“, sagte er am Montagabend in einer ZDF-Sondersendung zur Bundestagswahl. Die SPD sei eine Partei, die sich für den Fortschritt in der Gesellschaft einsetze, für Respekt und die Modernisierung des Landes. „Auch die Grünen haben eine Fortschrittsvorstellung, die sich in dem Fall mit der Frage des Klimawandels beschäftigt.“ Die FDP thematisiere solche Fragen ebenfalls.
    SPD, Grüne und FDP hätten am Sonntag Stimmen hinzugewonnen, sagte Scholz. „Und deshalb müssen wir den Auftrag annehmen, eine Regierung zu bilden. Das geht auch, wenn man sich die Programme der Parteien anschaut.“
    Grünen-Kanzlerkandidatin Annalena Baerbock sagte, das Land sehne sich nach den Jahren der großen Koalition danach, einen neuen Aufbruch zu schaffen. Dreierbündnisse seien „nicht nur einfach, aber es kann eben auch das Momentum dafür geben, Dinge wirklich anders zu machen“. Die nächste Regierung müsse eine „Klimaregierung“ sein. „Dafür wurden wir Grünen gewählt.“ Dies sei Grundlage für Gespräche. Baerbock verwies aber auch auf Schnittmengen mit der FDP - etwa in der Bildungspolitik oder einer vielfältigen Gesellschaft.
    FDP-Generalsekretär Volker Wissing betonte in der Sendung: „Am Ende muss man sich auf ein Konzept verständigen, das für das Land einen Mehrwert bringt.“ Dies sei jetzt in Gesprächen zu klären. „Eine Regierung als reines Zweckbündnis, das den kleinsten gemeinsamen Nenner sucht, das genügt nicht, um die großen Aufgaben zu bewältigen, die heute vor uns liegen.“
    CSU-Chef Markus Söder bekräftigte im ZDF, die Union habe aus dem Ergebnis keinen moralischen Führungsauftrag abzuleiten. Ein „Erdrutschsieg“ für die SPD sei es aber nicht. „Das ist kein gigantischer Vorsprung.“ Daher mache die Union ein Angebot, mit Grünen und FDP zu reden. „Denn ich glaube, dass die Ampel viele Schwierigkeiten birgt“, sagte Söder. Daher sei es die dringende Verpflichtung zu versuchen, „eine Alternative zu einem solchen Ampelmodell zu entwickeln“.
  • Die rheinland-pfälzische CDU-Landtagsabgeordnete Ellen Demuth hat auf Twitter den Rücktritt von Parteichef Armin Laschet gefordert. „Ich wünschte, dieser Tweet wäre überflüssig. Ich wünschte, es gäbe eine Selbsterkenntnis“, schrieb Demuth am Montag auf Twitter. „Nach der bedenklichen PK eben bleibt mir leider nur zu sagen: @ArminLaschet, Sie haben verloren. Bitte haben Sie Einsicht. Wenden Sie weiteren Schaden von der #CDU ab und treten Sie zurück.“
    Demuth war Chefstrategin bei Norbert Röttgen, als sich dieser Ende 2020 wie Laschet und Friedrich Merz für den Parteivorsitz beworben hatte. Die 39-Jährige ist stellvertretende Fraktionsvorsitzende im Landtag in Mainz. Ein Sprecher der CDU bestätigte die Echtheit des Tweets, Demuth selbst war zunächst nicht zu erreichen.
    Die Union mit Kanzlerkandidat Laschet hatte bei der Wahl am Sonntag ein Debakel erlitten, sie stürzte von 32,9 Prozent auf den historischen Tiefpunkt von 24,1 Prozent ab. Die SPD verbesserte sich von 20,5 Prozent auf 25,7 Prozent und wurde damit stärkste Kraft.
  • Nach dem Unions-Absturz bei der Bundestagswahl ist im CSU-Vorstand deutliche Kritik an CDU-Chef und Kanzlerkandidat Armin Laschet laut geworden. CSU-Landesgruppenchef Alexander Dobrindt sagte in der Vorstandssitzung am Montag nach Teilnehmerangaben, es habe bei der CDU Schwächen bei Kurs, Kampagne und beim Kandidaten gegeben. Bayerns Junge-Union-Chef Christian Doleschal sagte demnach, man müsse ehrlich analysieren, dass die Union diese Wahl nicht gewonnen habe. Der Kandidat sei hierbei als Erstes zu nennen: Dieser habe bis zum Wahltag jedes Fettnäpfchen mitgenommen, das es gegeben habe. Der CSU-Europapolitiker Manfred Weber sprach intern demnach von einem bitteren Ergebnis für die Union - und erinnerte daran, dass CSU-Chef Markus Söder im Frühjahr das Angebot gemacht hatte, selbst Kanzlerkandidat zu werden. Und mit ihm hätte die Union viel, viel besser abgeschnitten.
    Nach dem vorläufigen Ergebnis erlebte die Union bei der Wahl am Sonntag ein historisches Debakel, sie erreichte nur noch 24,1 Prozent (32,9). Die SPD landete mit 25,7 Prozent (2017: 20,5) auf Platz eins.
  • Laschet hat nach eigenen Angaben bereits am Wahlsonntag mit FDP-Chef Christian Lindner ein langes Gespräch über mögliche Sondierungen für eine Regierungsbildung geführt. Nach Angaben aus Teilnehmerkreisen kündigte Laschet am Montag in einer Sitzung des CDU-Vorstands in Berlin zudem an, er werde am heutigen Tag auch mit Grünen-Chefin und Kanzlerkandidatin Annalena Baerbock sprechen. Über Inhalte des Gesprächs mit Lindner wurde zunächst nichts bekannt. Laschet betonte demnach im CDU-Vorstand: „Aus dem Wahlergebnis kann niemand einen Regierungsanspruch ableiten, das habe ich am Sonntag auch nicht gesagt.“ Der CDU-Chef wurde mit den Worten zitiert: „Wir stehen bereit für andere Konstellationen, wenn eine Ampel nicht klappt.“ Dafür müsse man sich als Union vorbereiten und sich bereithalten. Man müsse als Union die Bereitschaft dafür ausstrahlen.
    Laschet räumte nach diesen Informationen persönliche Fehler im Wahlkampf ein, auch organisatorische. Egal ob die CDU regiere oder nicht, müssten die Fehler aufgearbeitet werden. Nach der Bundestagswahl, bei der die SPD mit ihrem Kanzlerkandidaten Olaf Scholz führende Kraft geworden war, wollen zunächst Grüne und FDP darüber beraten, mit wem Gespräche über eine Regierungsbildung sinnvoll sind. Denkbar ist neben einer Ampel-Koalition aus SPD, Grünen und FDP auch ein sogenanntes Jamaika-Bündnis (benannt nach den Flaggenfarben schwarz, grün, gelb von Jamaika) der Union gemeinsam mit Grünen und FDP. Die Union erlebte bei der Wahl ein historisches Debakel, sie stürzte von 32,9 auf 24,1 Prozent ab.
  • CSU-Chef Markus Söder hat betont, dass die Union nach dem Absturz bei der Bundestagswahl keinen zwingenden Anspruch auf die Regierungsführung erheben könne. Die Union sei auf Platz zwei und nicht eins gelandet, es gebe daraus keinen Anspruch auf die Regierungsführung - allerdings ein Angebot für Gespräche, sagte Söder nach Teilnehmerangaben am Montag in einer CSU-Vorstandssitzung in München. Ein solches Angebot mache man - aber es werde kein „Anbiedern um jeden Preis“ bei Grünen und FDP geben, stellte er klar. Nach dem vorläufigen Ergebnis verbesserte sich die SPD auf 25,7 Prozent (2017: 20,5). Die Union dagegen erlebt ein historisches Debakel, sie kommt nur noch auf 24,1 Prozent (32,9).