Bürgertest bald nicht mehr kostenlosKarl Lauterbach packt über bittere „Wahrheit“ aus

Die kostenlosen Bürgertests sind wichtiger Bestandteil der Corona-Maßnahmen. Doch schon ab Ende Juni fallen dafür Kosten an. Karl Lauterbach über die bittere „Wahrheit“ hinter der Entscheidung.

Bürgerinnen und Bürger müssen sich ab Ende Juni an den bisher kostenlosen Corona-Schnelltests mit drei Euro beteiligen. Dies sieht die neue Testverordnung vor, die Bundesgesundheitsminister Karl Lauterbach (SPD) am Freitag (24. Juni) in Berlin vorstellte.

Nur für Kleinkinder, besonders gefährdete Gruppen und beim Besuch von Pflegeeinrichtungen und Krankenhäusern sollen die Bürgertests kostenlos bleiben.

Der Epidemiologe Professor Timo Ulrichs von der Akkon Hochschule für Humanmedizin in Berlin sieht dieses Vorhaben kritisch, wie er dem Nachrichtenportal „Watson“ sagte. Die Corona-Tests seien zwar teuer, könnten aber „im Herbst noch einmal wichtig werden, wenn eine Pandemiewelle wieder mehr Maßnahmen erforderlich machen wird“, so Ulrichs. „Sie kostenpflichtig zu machen, würde bedeuten, dass viele Menschen diese zusätzliche Maßnahme nicht durchführen.“

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Ein wichtiges Kontroll- und Messinstrument des Pandemiegeschehens werde damit aus der Hand gegeben, meinte Ulrichs weiter. „Auch bei der Überwachung der Infektionsdynamik wird es wichtig sein, die Beobachtungsbedingungen gleich zu halten.“

Corona: Karl Lauterbach über bittere Wahrheit

Lauterbach begründete die Änderung mit den hohen Kosten für den Bundeshaushalt, die derzeit bei rund einer Milliarde Euro pro Monat lägen. „Die Wahrheit ist: Das können wir uns in der angespannten Haushaltslage, die uns im Herbst erwartet, leider nicht leisten“, sagte der Minister, der sich demnach mit Bundesfinanzminister Christian Lindner (FDP) auf die Neuregelung einigte.

Lauterbach zufolge werden die Kosten für den Bund durch die Bürgertests bis Jahresende nun noch mit 2,7 Milliarden Euro veranschlagt. Ohne die Einführung der Eigenbeteiligung wären es demnach fünf Milliarden Euro gewesen.

Kostenlose Tests etwa für den Besuch von Konzerten oder Familienfesten werde es nicht mehr geben, sagte Lauterbach. Gratis blieben sie aber für Kinder bis fünf Jahre, Schwangere in den ersten drei Monaten, Krankenhaus- und Pflegeheimbesucher, Haushaltsangehörige von Infizierten, Bewohner von Einrichtungen der Eingliederungshilfe und all diejenigen, die sich aus medizinischen Gründen nicht impfen lassen können.

Corona: Epidemiologe will flächendeckende Teststrategie

Der Erstattungspreis für die Schnelltests wird vom Bund gleichzeitig von 11,50 auf 9,50 Euro gesenkt. Damit zahlt der Staat fortan im Normalfall 6,50 Euro und die Bürger drei Euro. Lauterbach betonte aber, es gebe die Möglichkeit, dass die Länder „den Anteil der Bürger an den Tests“ übernähmen. Damit könnten sie vor Ort „auf ein erhöhtes Ausbruchsgeschehen reagieren“.

Epidemiologe Ulrichs sieht eine flächendeckende Teststrategie auch im kommenden Herbst als unumgänglich: „Wir hatten ja schon einmal den freien Zugang zu Testungen eingeschränkt, und die Nachteile waren sehr groß. Wir sollten diese Investition fortführen und alle Tests nach wie vor kostenfrei anbieten – und im Rahmen eines Maßnahmenpakets auf die Voraussetzung `getestet` setzen, zum Beispiel für den Zugang zu Veranstaltungen oder zu Innenräumen.“ (afp/mg)