Mit nur einem MausklickBaerbock gelingt diplomatischer Coup – kaum einer hat es gemerkt

Außenministerin Annalena Baerbock (Bündnis 90/Die Grünen, hier Ende Dezember bei einem Pressestatement zu Afghanistan): Dem Auswärtigen Amt gelang ein diplomatischer Coup mit nur einem Mausklick.

Außenministerin Annalena Baerbock (Bündnis 90/Die Grünen, hier Ende Dezember bei einem Pressestatement zu Afghanistan): Dem Auswärtigen Amt gelang ein diplomatischer Coup mit nur einem Mausklick.

Keine Frage: Die neue Außenministerin Annalena Baerbock hat zu Beginn ihrer Amtszeit alle Hände voll zu tun. Ukraine, die Beziehungen zu Russland und China etwa. Doch schon jetzt konnte sie mit einem Mausklick einen wichtigen außenpolitischen Coup landen. 

von Martin Gätke (mg)

So kann Außenpolitik auch gehen: Wo vorher monatelang diplomatische Eiszeit herrschte, ist nun eine Annäherung in Sicht. Mit einem Mausklick konnte das Auswärtige Amt zusammen mit ihrer neuen Chefin Annalena Baerbock einen ersten wichtigen Erfolg verbuchen – nur kurze Zeit nach ihrer Vereidigung am 8. Dezember. 

Lange war das Tischtuch zwischen Deutschland und Marokko zerschnitten. Nun aber weht ein freundlicherer Wind aus Nordafrika. Was war passiert?

Die marokkanische Regierung hatte im März des vergangenen Jahres noch „jeglichen Kontakt“ zur deutschen Botschaft in Rabat wegen „tiefgreifende Missverständnisse“ abgebrochen, im Mai berief sie dann ihre Botschafterin in Deutschland zu Konsultationen nach Rabat zurück. Das marokkanische Außenministerium begründete den Schritt damals mit „feindlichen Aktionen“ Deutschlands, mit denen die Interessen Marokkos verletzt worden seien.

Deutschland und Marokko: Es gibt gleich mehrere Streitpunkte

Hintergrund: Im vergangenen Dezember hatte der damalige US-Präsident Donald Trump die Souveränität von Marokko über die Westsahara anerkannt, was von der Bundesregierung deutlich kritisiert wurde. Zwischen Marokko und Berlin gab und gibt es gleich mehrere Streitpunkte: Nicht nur die Anerkennung von Marokkos Anspruch auf die Westsahara durch die USA sorgte für Unmut. Zuvor hatte das Land auch wütend auf seinen Ausschluss von der Berliner Libyen-Konferenz im Januar 2020 reagiert.

Kurzum: Die Zeichen standen auf Sturm. Doch nun hat die neue Regierung diese Beziehung zumindest wieder kitten können. Mit einem Mausklick aktualisierte das Auswärtige Amt seine Webseite zu Marokko: Dort steht nun unter der Rubrik „bilaterale Beziehungen“, dass Marokko „sowohl politisch als auch kulturell und wirtschaftlich ein wichtiges Bindeglied zwischen Nord und Süd“ und das Land „ein zentraler Partner der Europäischen Union und Deutschlands in Nordafrika“ sei. 

Annalena Baerbock: Beziehungen zu Marokko mit Mausklick verbessert

Zuvor stand dort, dass Deutschland bestrebt ist, „Marokko in den Bereichen demokratische Entwicklung, Rechtsstaat, Zivilgesellschaft und Menschenrechte zu unterstützen.“ Dieser Teil wurde entfernt.

Seine Haltung zur Frage der West-Sahara hat die Regierung zwar nicht geändert, dennoch hat die Änderung für einen wohlwollenden Tweet aus Rabat gesorgt: „Diese Ankündigungen ermöglichen eine Wiederbelebung der bilateralen Zusammenarbeit und die Normalisierung der Arbeit der diplomatischen Vertretungen der beiden Länder in Rabat und Berlin.“ 

Auch die „Maghreb-Post“ lobte Annalena Baerbock, weil sie nun versuche, „die Beziehungen zu Deutschland neu zu interpretieren“. Denn: „Unter der alten Bundesregierung und dem SPD-Außenminister Heiko Maas schien es keine Möglichkeit zu geben, die Spannungen abzubauen.“

Baerbock besucht die USA: Ukraine-Konflikt steht auf dem Plan

Amnesty International, Human Rights Watch und andere Menschenrechtsorganisationen üben derweil scharfe Kritik an Marokko, weil zum Beispiel Frauenrechte oder die Meinungsfreiheit mit Füßen getreten würden. Wie Baerbock in Zukunft mit dem Land zusammenarbeiten wird, bleibt spannend. 

Fast blieb der Coup des Außenministeriums unbemerkt, denn zurzeit gibt es wesentlich ernstere Probleme zu bewältigen: Der erste Besuch von Annalena Baerbock als Ministerin in den USA am Mittwoch (5. Januar) wird überschattet von der Krise zwischen Russland und der Ukraine. Befürchtet wird, dass russische Truppen in der Ex-Sowjetrepublik einmarschieren könnten. Baerbock setzt auch hier auf Diplomatie und klare Worte: „Je schwieriger die Zeiten, desto wichtiger sind starke Partnerschaften - und als Europäer haben wir keinen stärkeren Partner als die USA“, erklärte Baerbock.

Bereits vor ihrem Abflug machte sie klar: „Das russische Handeln ist mit einem klaren Preisschild gekennzeichnet, der einzige Weg aus der Krise führt über Dialog.“ Dies haben man der russischen Regierung immer wieder eindringlich deutlich gemacht.