Geiselnahme im KrankenhausPutins Soldaten nehmen Menschen als lebendiges Schutzschild

Eine Ukrainerin hält am Freitag (11. März) weinend ihr Baby in einem Krankenhaus in Mariupol im Arm, während russische Truppen die Stadt weiter angreifen. Am Dienstag werfen ukrainische Behörden den Russen eine Geiselnahme in einem Krankenhaus vor.

Eine Ukrainerin hält am Freitag (11. März) weinend ihr Baby in einem Krankenhaus in Mariupol im Arm, während russische Truppen die Stadt weiter angreifen. Am Dienstag werfen ukrainische Behörden den Russen eine Geiselnahme in einem Krankenhaus vor.

Die Ukraine hat Russland eine Geiselnahme in einem Krankenhaus der südostukrainischen Hafenstadt Mariupol vorgeworfen. 400 Menschen werden festgehalten, heißt es. Jetzt äußert sich die ukrainische Vizeregierungschefin zu dem Vorfall.

von Martin Gätke (mg)

Bereits am Dienstag hat Pawlo Kyrylenko, Leiter der Regionalverwaltung von Donezk, schwere Vorwürfe erhoben: Ärztinnen und Ärzte, Patientinnen und Patienten würden gegen ihren Willen in dem Krankenhaus in der derzeit belagerten südukrainischen Hafenstadt Mariupol festgehalten.

Jetzt hat sich auch die Vizeregierungschefin zu dem Vorfall zu Wort gemeldet.

Wie ukrainische Nachrichtenagenturen berichtet, hat Kyrylenko auf seinem offiziellen Telegram-Kanal erklärt, dass es den Mitarbeitenden im Krankenhaus gelungen sei, nähere Informationen zu dem Drama in dem Gebäude zu geben. „Es ist unmöglich, aus dem Krankenhaus herauszukommen. Sie schießen scharf, wir sitzen im Keller“, zitierte der Beamte aus der Nachricht. „Autos können seit zwei Tagen nicht mehr ins Krankenhaus fahren. Hochhäuser um uns herum brennen. Die Russen haben eilig 400 Menschen von benachbarten Gebäuden zu unserem Krankenhaus gebracht, wir können nicht weg.“

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Krieg in der Ukraine: „Russland muss bestraft werden“

Das Krankenhaus sei bereits vor Tagen praktisch vollständig zerstört worden, die Patientinnen und Patienten müssten im Keller weiterbehandelt werden. „Ich appelliere an internationale Menschenrechtsorganisationen, auf diese ungeheuerlichen Verbrechen gegen die Menschlichkeit zu reagieren. Russland und jeder Bürger, der an den Verbrechen in der Ukraine beteiligt ist, muss bestraft werden“, so Kyrylenko.

Auch die Hilfsorganisation Media Initiative for Human Rights hat entsprechende Vorwürfe erhoben. Auf der offiziellen Facebook-Seite heißt es, dass nach Angaben von Augenzeugen das russische Militär niemanden aus dem Krankenhausgelände freilasse und mit Waffengewalt drohe. Patientinnen und Patienten, die es riskierten, aus auszubrechen, kehrten mit Schusswunden zurück. Die russischen Truppen würden die Geisel zudem als lebendes Schutzschild missbrauchen.

Vizeregierungschefin Iryna Wereschtschuk sagte in einer Videobotschaft am Mittwoch, dass auch aus dem Krankenhaus heraus geschossen werde. Die russischen Soldaten hätten auf dem Klinikgelände Artillerie in Stellung gebracht und würden Schüsse abfeuern.

Mariupol: Tausende Menschen wurden bereits getötet

Von russischer Seite gab es zunächst keine Stellungnahme. Die Angaben können nicht unabhängig überprüft werden.

Die Hafenstadt ist seit etwas mehr als zwei Wochen von russischen Truppen eingeschlossen. Seit  Tagen werden dort schwere Straßenkämpfe ausgetragen, die humanitäre Lage in der Stadt ist katastrophal, Hunderttausende harren unter schweren Bedingungen aus. Eine Lastwagenkolonne mit Hilfsgütern konnte bisher nicht in die belagerte Stadt gelangen. Über 2400 Menschen sollen allein in Mariupol getötet worden sein.