ErklärungWas ist eigentlich der Unterschied zwischen Terror und Amok?

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Bei Schüssen am Olympia-Einkaufszentrum in München hat es mehrere Tote und Verletzte gegeben.

München – Aufgrund der letzten Ereignisse in Deutschland und der Welt, ob München, Orlando,  Würzburg, Nizza oder der Türkei, kommt immer wieder die Frage auf: Handelt es sich bei dieser scheußlichen Tat nun um einen Amoklauf oder um einen Terroranschlag?

Eine Begriffserklärung

Ein Amoklauf ist eine blindwütige Aggression – mit oder ohne Todesopfer. Meist sind die Täter männlich und eigentlich unauffällig, in vielen Fällen ledig oder geschieden. Amokläufer müssen nicht zwingend psychisch krank sein, es gibt auch jene, die aus völlig banalen Gründen wie Angst, Demütigung oder Eifersucht plötzlich ausrasten.

Ein Terroranschlag dagegen ist politisch motiviert, präzise und systematisch geplant. Die Gewalt richtet sich gegen die Gesellschaft und ist auf politische, religiöse oder ideologische Veränderung ausgerichtet. Wie „heute.de“ schreibt, ist das Morden und Zerstören nur ein Mittel zum Zweck, um vor allem Angst , Schrecken und Verunsicherung in die Bevölkerung zu tragen.

Das Problem bei Terrorakten ist, dass sie oftmals, wie bei einem Amoklauf, komplett unvorhergesehen und unkontrollierbar geschehen. Meistens richten sich die Attacken gegen die Zivilbevölkerung oder symbolträchtige Ziele.

München, Würzburg, Nizza - Terror oder Amok?

Die Tat in München: Bisher ist nicht bekannt, ob es sich bei dem Täter um einen Amokläufer handelte, der plötzlich handelte oder ob er tatsächlich politische Ziele verfolgt hat und zum Beispiel ein Terrorscherge des IS war. Das Motiv und die Hintergründe sind bisher unklar!

Auch in Würzburgwurde meist von einem Amoklauf gesprochen, obwohl im Zimmer des  17-jährigen Täters eine selbst gemalte IS-Flagge gefunden wurde.

Bundesinnenminister de Maizière ordnet das Attentat „zwischen Amoklauf und Terror“ ein. Die Bundesanwaltschaft hegt bisher nur den Verdacht, „dass der Täter die Tat als Mitglied des sogenannten Islamischen Staats zielgerichtet begangen hat“.

„Lone actors“ und „school shooting“

Ebenso ist der Fall in Nizza nebelhaft. Der Mann, der einen LKW in eine Menschenmenge manövriert und unzählige Menschen dabei getötet hat, wurde von seiner Familie als nicht religiös beschrieben. Und auch die Medien gingen vorerst davon aus, dass der Mann nicht radikalisiert gewesen sein soll. Trotzdem sprechen die französischen Ermittler nach der Tat von einer „schnellen Radikalisierung“.

Fachleute bezeichnen solche Attentäter als „einsame Wölfe“ oder „lone actors“, die ohne direkte Anbindung an eine Terrororganisation agieren. So geschehen bei dem Anschlag auf einen Nachtclub in Orlando. 

Der Philosoph Franco Berardi erklärt in einem Interview mit der „SZ“, dass für ihn Terror und Amok heutzutage das gleiche bedeuten. Für ihn spiele die Unterscheidung keine Rolle mehr, denn „wir haben es beim islamistischen Terror nicht mehr mit einem bewussten politischen Akt zu tun wie noch zu Zeiten des RAF-Terrorismus“.

Für Berardi stehen hinter den Taten wie zum Beispiel in Würzburg oder Nizza keine politischen Strategien, sondern nur „islamistische Verzweiflung“, die weniger mit der Religion sondern mehr mit den „Folgen des globalen Kapitalismus“ zu tun habe.

Und auch Jens Hoffmann vom Institut Psychologie und Bedrohungsmanagement sagt gegenüber der „Zeit“, dass es nicht immer leicht zu unterscheiden sei, was zuerst kam: „der Gedanke, ich will ein Terrorist sein oder ich will meinen Frust los werden.“

Der Übergang ist oft fließend

In den letzten Attentaten ist auf jeden Fall klar erkennbar, dass der IS ein Zufluchtsort für instabile Persönlichkeiten ist und dass die Terrororganisation sich nur zu gerne an den Morden der Verzweifelten bedient, um ihre Propaganda zu verbreiten. Auch wenn diese Attentate mehr an „school shootings“ als an Bombenanschläge erinnern. Gerade wegen des fließenden Übergangs ist es für Sicherheitsexperten, Terrorabwehrspezialisten und die Polizei besonders schwierig solche Taten zu verhindern beziehungsweise aufzuarbeiten.

(job)