Corona-Lage eskaliert dortFotos machen sprachlos: Übervolle Strände in Urlaubsregion

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Der Strand von Ipanema in Rio de Janeiro, aufgenommen am Sonntag, 24. Januar: Während das Gesundheitssystem in einigen Regionen Brasiliens kollabiert, tummeln sich dort Tausende im Wasser.

von Martin Gätke (mg)

Rio de Janeiro – Es sind Szenen, die einfach nur sprachlos machen: Knapp neun Millionen Menschen sind in Brasilien mit dem Coronavirus infiziert, eine Mutation des Virus macht sich breit, in Manaus kollabiert das Gesundheitssystem, viele Kranke bekommen keinen Sauerstoff mehr – und nun sind Fotos aufgetaucht, auf denen zu sehen ist, wie unzählige Menschen an die Strände von Rio de Janeiro strömen, um das Wetter zu genießen.

  • Brasilien ist eines der am stärksten von der Corona-Pandemi betroffenen Länder
  • Trotzdem sonnen sich Massen von Menschen in den Urlaubsregionen, zum Beispiel an den Stränden von Rio de Janeiro
  • Manaus erlebt währenddessen Kollaps: Amazonas-Metropole geht der Sauerstoff aus

Es sind Bilder, die nach Urlaub aussehen: Sonne, Strand, Copacabana, Meer und jede Menge Menschen. Wäre da nicht eine Corona-Pandemie mit enormen Infektionszahlen (Anfang Januar wurde der Höchststand von 87.843 laut Johns Hopkins University erreicht) , wären da nicht die über 220.000 Corona-Toten, die das Land zu beklagen hat.

Was am Anfang der Pandemie in Brasilien noch verboten war, ist inzwischen kein Thema mehr. Tausende tümmelten sich auch am Sonntag (24. Januar) im und am Wasser. Es ist Hochsaison in dem südamerikanischen Land. Dabei ist auch Rio eine Stadt mit besonders rasant steigenden Infektionen.

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Das Beklemmende: Es sind keine einmaligen Szenen. Bereits in der Nacht vor Silvester drängten sich Tausende Nachtschwärmer in ihren Badeanzügen an den Strand von Ipanema, tranken Cocktails am Meer, es gab eine Open-Air-Party.

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Tausende genossen am Sonntag (24. Januar) die Sonne in Rio de Janeiro, während andernorts viele Menschen an Corona sterben.

Viele Brasilianer wehren sich seit Monaten gegen eine Quarantäne, gehen in Bars, auf Partys – oder eben an den Strand. Mit dem Segen des brasilianischen Präsidenten Jair Bolsonaro. Denn während die meisten Länder immer strengere Beschränkungen beschlossen, fördert der Politiker den Urlaubsspaß in der Sonne.

Brasilien: Tourismusminister lässt Versammlungen mit 300 Personen zu

So sagte etwa der brasilianische Tourismusminister Gilson Machado gegenüber dem Radiosender Jovem Pan Anfang Januar, dass Versammlungen bis zu 300 Personen durchaus akzeptabel seien. Das zitierte die „Los Angeles Times“.

Deshalb organisierte etwa ein prominenter brasilianischer YouTuber eine Party in der Nähe eines Flusses für Hunderte im Bundesstaat Alagoas im Nordosten Brasiliens. Die Folge: 47 Gäste unter dem Partyvolk, die allesamt keine Masken trugen, wurden mit dem Coronavirus infiziert. Mindestens zwei von ihnen mussten auf die Intensivstation.

Im Süden Brasiliens ist am Montag (25. Januar) eine Rave-Party mit rund 1200 Gästen aufgelöst worden.

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Sonnenschirma und Menschenmassen, wohin man schaut: So sah am Sonntag (24. Januar) der Strand von Ipanema aus.

Und Bolsonaro zeigt medienwirksam, wieviel er von Beschränkungen hält: Anfang des Jahres etwa sprang er vor Sao Paolo von einem Boot, um auf eine Menge voller jubelnder Anhänger zuzuschwimmen.

Das sorgte auch unter den Brasilianern vor ein paar Tagen für massive Proteste: „Bolsonaro raus, Impeachment jetzt“, stand auf den Plakaten. Von einigen Balkonen war der Lärm von Kochtöpfen zu hören, auf die wütende Demonstranten als Zeichen ihres Protestes schlagen. Viele machen Bolsonaro für die Corona-Misere verantwortlich.

Brasilien: Besonders ansteckende Mutation macht sich im Land breit

Und während die Menschen andernorts feiern und sich bräunen, steuert das Land auf eine Katastrophe zu: Die Intensivstationen vieler Regionen werden mit Covid-19-Patienten überschwemmt. Eine womöglich besonders ansteckende Virus-Mutation verschärft die Lage. Das Auswärtige Amt in Berlin stuft Brasilien als Gebiet mit besonders hohem Infektionsrisiko ein. Bislang haben sich im größten Land Lateinamerikas rund 8,8 Millionen Menschen nachweislich mit dem Coronavirus infiziert.

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Friedhofsmitarbeiter in Schutzanzügen sitzen Mitte Januar auf mit Blumen geschmückten Gräbern während einer Beerdigung am Friedhof Nossa Senhora Aparecida in Manaus. Allein im Bundesstaat Amazonas wurden 223.360 Covid-19-Fälle bestätigt.

In der Amazonas-Metropole Manaus ist das Gesundheitssystem bereits zusammengebrochen, es gibt laut „O Globo“ fast keine freien öffentlichen Krankenhaus- und Intensivbetten mehr.

Brasilien: Lage in Manaus ist seit Wochen verzweifelt

Wegen der vielen Covid-19- Patienten fehlt den Kliniken der Millionenstadt Sauerstoff. Familienangehörige versuchen verzweifelt, irgendwo Sauerstoff herzubekommen, Patienten bitten angesichts des Chaos und des Leidens um sie herum, aus dem Krankenhaus entlassen zu werden. Zeitgleich werden immer mehr Gräber ausgehoben.

Wissenschaftlern zufolge dürfte Brasilien in den kommenden Wochen eine der schlimmsten Phasen der Pandemie erleben. (mg/dpa)