Sie posten dicke Rechnung im NetzEltern wollen Geld für Corona-Betreuung ihrer Kinder

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Viele Eltern sind derzeit immer noch für die Betreuung und Beschulung ihrer Kinder verantwortlich. Das Symbolfoto aus dem April 2020 zeigt eine Mutter mit ihrer Tochter beim Homeschooling.

von Niklas Brühl (nb)

Hamburg/Köln – Diese Forderung wirkt auf den ersten Blick äußerst befremdlich: Eltern fordern Geld für die Betreuung ihrer eigenen Kinder?

Unter dem Hashtag #CoronaElternRechnenAb haben sich nun schon jede Menge Väter und Mütter in den sozialen Netzwerken zu diesem Thema geäußert.

Aber worum geht es bei #CoronaElternRechnenAb?

Alles zum Thema Corona

Eltern sind in der Corona-Zeit selbst für die Betreuung verantwortlich

Nachdem die Schulen und Kindergärten Mitte März aufgrund der Corona-Maßnahmen geschlossen wurden, sind immer mehr Eltern selber für die Betreuung der Kinder zuständig. Sie klagen darüber, dass ihnen weniger Zeit für die eigene Arbeit bleibt und sie damit seit Wochen weniger Geld verdienen.

Die #CoronaElternRechnenAb-Bewegung will nun dagegen steuern.

Eltern fordern Geld für die Corona-Betreuung

Simone B. ist Mutter eines elfjährigen Sohnes – und fordert nun die Erstattung ihrer Leistungen bei der Betreuung und Beschulung ihres Kindes vom Hamburger Senator für Schule und Berufsbildung Ties Rabe. Ihre Kostenaufstellung, die sie in den sozialen Netzwerken geteilt hat, hat geteilte Reaktionen hervorgerufen.

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Dieser Post vom 12.05.2020 einer Rechnung, in der eine Mutter ihre HomeSchooling-Leistungen auflistet, ging viral.

Ihr Rechnung ist ab dem 16.03. datiert – seitdem ist die Schulpflicht in Hamburg aufgehoben – und reicht bis zum 30.04.2020.

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Und es kommt eine beträchtliche Summe zusammen: Insgesamt stellt Simone B. der Hamburger Regierung 8294,30 Euro in Rechnung.

So berechnet sie beispielsweise sieben Stunden täglich für die Betreuung (15 Euro Stundenlohn), sowie vier Stunden für die Beschulung (25 Euro Stundenlohn) ihres Sohnes, der aktuell die 5. Klasse besucht. 

Heftige Twitter-Reaktionen in beide Richtungen

Klingt erst einmal befremdlich: Eine Mutter stellt Geld für die Betreuung ihres eigenen Kindes in Rechnung? Auf Twitter reagierten viele Nutzer mit Unverständnis auf die Forderung:

Es gibt aber auch User, welche die Aktion der Mutter unterstützen:

Kölner Mutter kann die #CoronaElternRechnenAb-Bewegung verstehen

Die aufgestellte Rechnung sorgt also für jede Menge Diskussionen.

Barbara Effertz aus Köln ist Mutter von zwei Kindern und kann nachvollziehen, dass es Eltern gibt, die diese Rechnung aufmachen: „Ja, das kann ich verstehen. Weil alleinerziehende Eltern doppelt belastet sind; arbeiten gehen, die Kinder betreuen und ihnen noch bei den Schularbeiten helfen. Das ist nicht leicht!“

Auch der Kontakt zu den Großeltern sei in dieser Zeit ja verboten, erklärt die Kölnerin weiter. Auch sie könnten keine Arbeit abnehmen. „Darüber hinaus frage ich mich, warum es in der heutigen Zeit der Technik nicht möglich ist, den Unterricht flächendeckend über den Computer abzuhalten. Das wäre auch für uns eine Erleichterung.“

Hat #CoronaElternRechnenAb Aussicht auf Erfolg? Das sagt ein Experte

Doch wäre eine derartige Klagewelle überhaupt erfolgversprechend?

Dr. Andreas Bietmann, Fachanwalt für Arbeitsrecht aus Köln, hat dabei eine klare Meinung: „Ein Zahlungsanspruch der Dame gegenüber der Schulbehörde Hamburg besteht nicht."

Er zeigt jedoch Verständnis für die Aktion der Eltern: „Ich sehe dies auch eher als Hinweis auf die enorme Belastung von Familien mit Kindern, die einen riesigen Spagat zwischen Betreuung und Beschulung der eigenen Kinder und eigenem Job leisten müssen und nicht als ernsthaftes Verlangen.“

Bundesländer entscheiden über Corona-Lockerungen

Bildung ist in Deutschland Ländersache, sodass es je Bundesland unterschiedliche Regelungen zur Schulpflicht nach den jeweiligen Landesgesetzen gibt. 

Ähnlich verhält es sich bei der Betreuung: Die Länder müssen dabei zwischen dem Bildungsauftrag und den etwaigen gesundheitlichen Gefahren für Kinder und Schüler abwägen, ob es Sinn macht, die Bildungseinrichtungen wieder zu öffnen oder weiterhin geschlossen zu halten.

Ist eine Schadensersatzforderung bei der Corona-Betreuung möglich?

Für Anwalt Dr. Bietmann käme allenfalls eine Schadensersatzforderung der Eltern infrage, allerdings auch nur, „wenn diese die Kinder wegen dauerhafter Schulschließungen in Privatschulen oder von Privatlehrern unterrichten lassen müssten. Gleiches gilt für die Betreuung.”

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Es sei durchaus denkbar, „die Kosten der Fremdbetreuung und Fremdunterrichtung in einem Extremfall gegenüber dem jeweiligen Land als Schadenersatzanspruch geltend zu machen“, erklärt der Anwalt weiter.

Beispielsweise, wenn Familien über einen längeren Zeitraum einen Privatlehrer engagieren müssten und dieser der Familie seine Leistungen in Rechnung stellt.

Experte sieht schwarz für Corona-Eltern

In diesen Fällen müsste man nach Meinung von Dr. Bietmann dann darüber diskutieren, „ab wann die Länder ihrem Bildungsauftrag vorsätzlich nicht mehr nachkommen und ein Schadenersatzanspruch denkbar wäre.“

Allerdings stellt er fest, „dass die jetzige Situation eine Grundlage für einen solchen Anspruch nicht hergibt.“