„Sehe Gefahr“Flüchtende aus Ukraine oft ungeimpft: NRW-Hausärzte stellen Forderung

Die Stadt Köln stellt Unterbringungsmöglichkeiten für über 1000 Geflüchtete aus der Ukraine in der Messehalle 3 der Köln-Messe fertig.

Zukünftig sollen Flüchtende aus der Ukraine auch in Unterkünften, wie hier in der Kölner Messehalle, ein kostenloses Impfangebot erhalten.

Viele Flüchtende sind nicht geimpft. NRW will kostenlose Angebote zur Verfügung stellen. Der Hausärzteverband erklärt, was vor dem Hintergrund der steigenden Corona-Infektionszahlen jetzt passieren muss.

von Madeline Jäger (mj)

Eine Vielzahl der Menschen, die vor dem russischen Angriffskrieg in der Ukraine flüchten und bei uns ankommen, ist nicht gegen das Coronavirus geimpft. Der Chef des NRW-Hausärzteverbands fordert angesichts steigender Corona-Infektionszahlen, ankommende Geflüchtete jetzt konsequent zu impfen.

Oliver Funken, der Vorsitzende des Hausärzteverbands Nordrhein, äußert sich aktuell besorgt über einen möglichen unzureichenden Impfschutz der Ukraine-Flüchtlinge.

NRW-Hausärzteverband plädiert für schnelle Impfungen: „Können es uns nicht leisten“

„Wir können es uns nicht leisten, dass wir hier im Zuge des Fluchtgeschehens einen massiven Delta-Ausbruch bekommen. Die Gefahr sehe ich eindeutig“, sagte Funken der „Rheinischen Post.“ Funken verweist aktuell auch auf die wieder steigende Zahl an Corona-Infektionen in NRW.

Tatsächlich ist die Impfquote in der Ukraine laut Angaben von „Our World in Data“ niedrig. Aktuell sind gerade einmal 35 Prozent der Menschen vollständig geimpft und nur 1,7 Prozent geboostert. „Wie hoch die konkrete Quote der vollständig geimpften Personen unter den schutzsuchenden Personen ist und vor allem, mit welchem Impfschema diese geimpft sind, lässt sich derzeit nicht verlässlich sagen“, antwortet eine Sprecherin des NRW-Gesundheitsministeriums auf EXPRESS.de-Anfrage.

Niedrige Impfquote: Geflüchtete oft mit „Sinovac“ oder „Sputnik“ geimpft

„Wir gehen davon aus, dass viele Menschen, die aus der Ukraine zu uns kommen, mit Impfstoffen geimpft wurden, die nicht in der Europäischen Union zugelassen sind oder die aufgrund der schrecklichen Lage in ihrem Heimatland ihren Impfstatus nicht vervollständigen können. Der Landesregierung ist es wichtig, dass diese Menschen einen unkomplizierten Zugang zu Impfungen bekommen. Daher haben wir die Kommunen gebeten, zielgerichtete Angebote für diese Gruppe zu schaffen“, so Gesundheitsminister Karl-Josef Laumann in einer aktuellen Mitteilung.

Auf EXPRESS.de-Anfrage konkretisiert das Gesundheitsministerium, dass Personen aus dem Ausland, die mit einem in der EU nicht zugelassenen Impfstoff, wie zum Beispiel dem chinesischen Vakzin „Sinovac“ oder dem russischen Vakzin „Sputnik“ geimpft worden sind, in NRW als ungeimpft gelten.

NRW will Flüchtende in Bussen und Einrichtungen kostenlos impfen

„Laut der STIKO benötigen Personen, die im Ausland bereits mit nicht in der EU zugelassenen Covid-19-Impfstoffen geimpft wurden, gemäß aktueller Rechtslage und unter Berücksichtigung der Impfempfehlungen eine erneute vollständige Impfserie mit einem in der EU-zugelassenen Impfstoff, um in der EU den Status als vollständig Geimpfter zu erlangen“, so die Ministeriumssprecherin.

Ukrainische Geflüchtete sollen dieses Angebot in NRW schnell bekommen können, teilte das Gesundheitsministerium mit. Die Impfungen könnten zum Beispiel in Impfbussen oder Flüchtlingseinrichtungen durchgeführt werden. Die Sprecherin verweist außerdem auf die Impfangebote in den Arztpraxen. Doch reicht das schon? Monika Baaken vom Hausärzteverband Nordrhein e.V. fordert dringend einen Bürokratie-Abbau und erklärt auf EXPRESS.de-Anfrage, was jetzt in NRW passieren muss.

NRW-Ärzte fordern Bürokratie-Abbau, um medizinische Versorgung zu sichern

„Auf kommunaler Ebene können die Hausärzte notwendige Impfungen durchführen. In enger Zusammenarbeit mit den kommunalen Gesundheitsämtern und weiteren Beteiligten können wir das zügig schaffen“, schildert Baake.

Aber: „Dafür muss die medizinische Versorgung barrierefrei sein, das heißt unbürokratisch mittels elektronischer Gesundheitskarte über die gesetzliche Krankenversicherung abgewickelt werden können. In der Abwicklung könnte man die Erfahrungen aus vorangegangen Flüchtlingszeiten nutzen. Die Refinanzierung müsste durch Staatsmittel erfolgen. Denn die Kommunen sind ja zurzeit durch Corona-Ausfälle unterbesetzt. Somit wäre das ein guter Weg, die medizinische Versorgung schnell zu sichern“, erklärt Baaken.