Illegale Schächtungen in NRW-BetriebSchock-Aufnahmen belegen Verdacht gegen Behörden

Schächtung Kuh new

Die Aufnahmen aus dem Schlachtbetrieb im Kreis Unna verstören zutiefst.

Kreis Unna – Schwerer Verdacht gegen einen deutschen Schlachthof in Nordrhein-Westfalen. Illegale Schächtungen wurden dort Hinweisen zufolge seit Jahren durchgeführt. Der Betrieb wurde inzwischen geschlossen. Doch das ganze Ausmaß des Skandals könnte EXPRESS-Informationen zufolge deutlich größer sein, als bislang angenommen.

  • Illegale Schächtungen in Schlachthof im Kreis Unna
  • Ausmaß des Skandals noch größer als vermutet
  • Video-Aufnahmen belegen einen schrecklichen Verdacht

Am Donnerstag (18. März) seien Hinweise einer Tierrechtsorganisation über den begründeten Verdacht des illegalen Schächtens von Rindern und Schafen eingegangen, bestätigte das Ministerium damals.

In Deutschland ist das Schächten, das Schlachten und Ausbluten von Tieren, ohne vorherige Betäubung grundsätzlich verboten.

Illegale Schächtungen? Schlachthof im Kreis Unna geschlossen

Der Schlachthof im Kreis Unna wurde daraufhin sofort dicht gemacht.

„Doch das ganze Ausmaß des Skandals reicht weiter, als dies bislang bekannt wurde“, erklärt Friedrich Mülln im Gespräch mit dem EXPRESS. Möglicherweise handele es sich um die größte Schächtaktivität, die in Deutschland jemals routinemäßig durchgeführt wurde.

Das Landratsamt habe den Fall klein halten wollen und hatte von einem kleinen Schlachtbetrieb gesprochen, in dem monatlich etwa 100 Schafe und Rinder regulär mit Betäubung unter amtlicher Überwachung geschlachtet worden seien.

Schlachthof belieferte seit Jahren gesamtes Ruhrgebiet

Der Tierschutzorganisation „SOKO Tierschutz“ liegen hingegen Daten vor, denen zufolge in dem Schlachthof im Kreis Unna mehrere 100 Tiere, möglicherweise sogar Tausende geschächtet worden seien. Der Betrieb habe ins ganze Ruhrgebiet geliefert.

Und nicht erst seit Kurzem. „Vor knapp 20 Jahren ist das Veterinäramt erstmals auf die illegalen Aktivitäten in dem Schlachthof hingewiesen worden“, berichtet Mülln weiter gegenüber dem EXPRESS. Er ist sich sicher: „Die Behörden hatten Kenntnisse davon.“

Schock-Aufnahmen belegen skandalösen Verdacht gegen Behörden

Das belegten auch die schockierenden Aufnahmen, die der „SOKO Tierschutz“ dem NRW-Ministerium und der Kreisordnungsbehörde als Beweislast vorgelegt hat.

Auch dem EXPRESS liegen die Aufnahmen vor.

Auf den Bildern ist zu sehen, wie Tiere minutenlang qualvoll ausgeblutet und sterben gelassen werden. „Das alles mit Routine“, so Mülln zum EXPRESS. Teilweise sind auf den Aufnahmen Besucher zu sehen, die während der Schächtungen durch den Betrieb geführt wurden.

Unstimmigkeiten beim Veterinäramt Unna

Auffällig sei unterdessen, was man nicht sieht: Die Veterinärkontrolle, die bei Betrieben dieser Größe vorgeschrieben ist, findet scheinbar nicht statt. Auf dem Bildmaterial von außen und innen sind keine Kontrolleure zu sehen.

Eine Lebendbeschau habe scheinbar nicht stattgefunden und schon dann hätte das Fleisch verworfen werden müssen. Es herrschen ekelhafte und gesundheitsgefährdende Zustände.

„Da das Veterinäramt Unna jetzt behauptet, alle Schlachtungen hätten unter amtlicher Kontrolle und mit Betäubung stattgefunden, stellt sich nur noch die Frage, ob da totale Unfähigkeit oder Bestechung im Spiel ist. In diesem Veterinäramt gehört aufgeräumt!“, so der SOKO-Sprecher. 

Bolzenschuss sollte illegale Schächtungen verdecken

Am Ende der Schächtungen habe man den Tieren dann einen Bolzenschuss verpasst, um die illegalen Praktiken zu verdecken.

Die Video-Aufnahmen belegten Mülln zufolge zudem den schweren Verdacht: „Bei keinen der Schlachtungen waren Vertreter des Veterinäramtes zugegen, obwohl dies öffentlich behauptet wurde.“

Veterinäramt hatte seit Jahren Hinweise auf illegale Schächtungen

Zudem sei das Veterinäramt immer wieder auf die illegalen Vorgänge hingewiesen worden. Der „SOKO Tierschutz“ war demnach nicht die erste Tierschutzorganisation, die sich an die Behörden gewandt hatten.

Sie selbst hätten einen Tipp aus Insiderkreisen verfolgt. Die skandalösen Aufnahmen stammen vom Donnerstag (18. März) und vom 23. Februar 2021. Doch sind der Vermutung nach nur die Spitze des Eisberges. (jv)