Selbst einen Airbus A320 zu fliegen, ist gar nicht so leicht – auch nicht im Simulator. In Langenfeld kann man es testen. Nervenkitzel inklusive.
„Fliegen“, wo Piloten trainierenWenn der A320 hoppelt wie ein Karnickel

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Blick ins Cockpit des A320-Simulators beim Anflug auf CGN (Köln/Bonn). Ingo Reusch erklärt Redakteurin Marie Schäfers, was die nächsten Schritte sind.
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Ganz sanft. Fast zärtlich soll die Hand am Sidestick, dem Steuerknüppel des Airbus, ziehen im Augenblick der Landung. Mit Gefühl. Leider klappt es nicht mit dem, was Instructor Ingo Reusch (65) für diesen Moment vorgegeben hat. Nein, zu grob! Der Airbus setzt hoppelnd wie ein Karnickel in Köln/Bonn auf. Oder eher wie ein außer Kontrolle geratener Flummi. Hinten sind die Passagiere jetzt bestimmt geschockt (oder erbrechen). Zum Glück ist alles nur eine Simulation.
Wir sitzen im Airbus-A320-Cockpit im Ausbildungs- und Simulationszentrum Langenfeld (ASL). Aber alles hier ist wie „in echt“, es gibt sogar eine kleine Passagierkabine, alle Knöpfe, Hebel, Pedale und Schalter sind genau so wie in einem echten Airbus.
Und auf dem gigantischen Bildschirm rollt das Terminal des Konrad-Adenauer-Flughafens an uns vorbei. Jetzt noch ordentlich einparken, wenn die Landung schon vergeigt wurde. Für den Tiller, das Handrad, mit dem man das Bugrad der Maschine steuert, braucht man im Gegensatz zum Sidestick eher die harte Hand. Sehr schwergängig. Die Maschine dreht auf die Parkposition ein. Puh, geschafft! Hier hat garantiert keiner der imaginären Passagiere geklatscht (aber das macht man ja eh nicht mehr).
Flugsimulator: Warum Boeing „urtümlicher“ geflogen wird als Airbus
Ingo Reusch muss grinsen. „War schon okay, fürs erste Mal“. Das ist nett, aber nicht wahr. Reusch ist ein erfahrener Pilot. Er flog schon als Kind mit im Segelflieger, brachte dann zwölf Jahre lang bei der Condor Menschen an ihren Urlaubsort, wechselte zur Lufthansa, flog später im Militärdienst bei der Luftwaffe. Jetzt ist er in Rente und zeigt Menschen bei ASL, wie sich so ein Flugzeug fliegt. In sogenannten Fixed Based Simulatoren.
Zwei Stück gibt es davon in dem kleinen, unscheinbaren Gebäude in Langenfeld. Einen Airbus A320 und eine Boeing 737. Die Cockpits unterscheiden sich deutlich, im Airbus gibt es den Sidestick (sieht aus wie in einem Spaceshuttle), in der Boeing wird „archaischer“geflogen, mit einem Yoke, einem Steuerknüppel, zwischen den Beinen.

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Der Flugsimulator hat sogar eine stilechte Außenverkleidung.
Reusch kann viel erzählen über Flugzeuge. Er erklärt Step für Step, was im Cockpit schon vor dem Abflug gemacht wird, warum wir manchmal laute Geräusche in der Passagierkabine hören, welche Systeme redundant sind, also ausfallen können – und trotzdem würde nichts passieren. „Ein Hydraulik- oder Stromausfall sind kein Problem“, sagt Reusch. Beruhigend.
Der Laie ist erschlagen von so viel Technik im Blickfeld. Hunderte Knöpfe. Gut, dass Reusch blind weiß, was zu tun ist. Auftanken. Wir müssen die Spritmenge berechnen. Es soll nach Zürich gehen. Der Flugplan ist da. Beim Start hilft Reusch mit (eigentlich macht er fast alles). Man hat schon Mühe, den künstlichen Horizont richtig zu verstehen. Aber alles ist unfassbar spannend.
Wer bucht so ein Erlebnis? „Ganz unterschiedliche Menschen“, sagt ASL-Chef Sascha Erbe. Eigentlich war er Berufsausbilder für Triebfahrzeuge. Bei einem gemeinsamen Event mit Lufthansa-Piloten packte ihn der Flugvirus. „Ich kaufte mir einen Simulator für den Rechner daheim, dann immer mehr Zubehör.“ Im Frühjahr 2024 wagte er den Schritt, machte sein Simulationszentrum auf.
„Es kommen viele, die auf dem Rechner Flugsimulatoren haben und noch mal ein realistischeres Feeling wollen. Es kommen Piloten, die sich auf einen neuen Job bewerben und Screening-Flüge üben wollen fürs Auswahlverfahren. Und einfach Menschen, die sich für Flugzeuge interessieren.“
Und auch jene, die Flugangst haben. Denn wer sich von Ingo Reusch so detailliert die Technik erklären lässt, wird weniger Angst haben. Einfach, weil man mehr versteht. Landung Nr. 2 steht an. Jetzt wirklich sanft zum Sidestick sein. Eine Stimme zählt die Entfernung zum Boden. Adrenalin. Dieses Mal hoppelt nichts. Puh, kurz mal den Schweiß auf der Stirn abwischen. Denn obwohl alles hier Simulation ist, ist die Anspannung doch ganz real.

