Badeverbot gefordert„Schwarzer Peter“ um die Toten aus dem Rhein

Das Grauen will kein Ende nehmen: Inzwischen sind es schon fünf Menschen, die innerhalb von zwei Wochen beim Baden im Rhein zu Tode kamen. Stimmen nach einem Badeverbot am Rhein werden lauter – aber es gibt ein Zuständigkeitsgerangel.

von Michael Kerst  (mik)

Mittlerweile ist es traurige Gewissheit: der Sechsjährige, der am Mittwoch in Himmelgeist abgetrieben wurde, lebt nicht mehr. Seine Leiche wurde in Duisburg-Ruhrort aus dem Wasser gezogen.

Jetzt will die Stadt Düsseldorf ein Badeverbot am Rhein – aber es gibt ein Zuständigkeitsgerangel.

Der Stadt Düsseldorf reicht's: dauerhafte und deutliche Warnung sicherstellen

Neben dem Kind hatte es zuvor vier Männer erwischt: Zwei im Alter von 22 und 26 Jahren wurden im Kreis Wesel am Niederrhein tot angeschwemmt. Ein dritter, der am Paradiesstrand untergegangen war, konnte dort zwar geborgen, aber nicht wiederbelebt werden. Und am Freitag kam dann die Nachricht, dass ein 18-Jähriger, der am 1. Juli ebenfalls am Paradiesstrand vom Strom mitgerissen worden war, auch tot aufgefunden wurde – im Kultushafen im Duisburger Stadtteil Wanheimerort.

Der Stadt Düsseldorf reicht's, sie will jetzt sozusagen „die Notbremse ziehen“ und kündigte einen umfangreichen Maßnahmenkatalog an, der sofort umgesetzt werden soll:

  1. Anfang der Woche werden „zusätzlich zu den bereits bestehenden Warnhinweisen weitere fest installierte Metallschilder mit hoher Signalwirkung angebracht. Diese neuen Schilder sollen nach und nach die bisherigen Pappschilder ersetzen, um eine dauerhafte und deutliche Warnung sicherzustellen.“
  2. Die Stadt will auf den sozialen Medien massiv vor dem Baden im Rhein warnen.
  3. Auch auf digitalen Werbeflächen in der gesamten Stadt soll über die Gefahren beim Baden im Rhein hingewiesen werden.
  4. Ab sofort soll „an den besonders stark besuchten Rheinabschnitten eine Doppelstreife aus Polizei und Ordnungsamt eingesetzt“ werden.
  5. An viele interne und externe Einrichtungen in der Stadt soll ein Dokumenten-Paket mit Warnhinweisen zum Selbstausdrucken verschickt werden.

Das alles sind aber – so die Selbsteinschätzung aus dem Rathaus – nur nachrangige Maßnahmen: „Als zentrales Element des erweiterten Maßnahmenkatalogs hat die Landeshauptstadt an die zuständige Wasserstraßen- und Schifffahrtsverwaltung des Bundes appelliert, ein generelles Badeverbot für alle 42,1 Rheinkilometer innerhalb des Düsseldorfer Stadtgebiets zu erlassen“, so die ultimative Forderung, die die Stadt erhebt, die in der Vergangenheit immer wieder darauf hingewiesen hatte, dass sie selbst kein Badeverbot verhängen könne.

Der EXPRESS fragte beim Wasserstraßen- und Schifffahrtsverwaltung des Bundes (WSV) in Bonn nach – und das erklärte sich ebenfalls nicht zuständig: „Die Ermächtigungsgrundlagen der WSV beschränken sich auf einen strom- und schifffahrtspolizeilichen Regelungsumfang und gelten nur für die Bundeswasserstraßen“, sagt eine Sprecherin. Für den Schutz von Schwimmern fehle es der WSV an der Regelungskompetenz: „Da bei einem generellen Schwimmverbot der Gemeingebrauch betroffen ist, wäre eine solches von den Ländern zu regeln.“

Die komplizierte Begründung: „Grundsätzlich gehöre das Baden in oberirdischen Gewässern zum Gemeingebrauch, der von der WSV als Schifffahrtsverwaltung durch Rechtsverordnungen nur geregelt, beschränkt oder untersagt werden kann, soweit es zur Erhaltung der Bundeswasserstraßen in einem für die Schifffahrt erforderlichen Zustand notwendig ist. Die Länder können darüber hinaus weitere Regelungen, Einschränkungen oder Verbote in ihren Landeswassergesetzen beschließen, was in NRW in § 19 LWG NRW geschehen ist. Ein umfassendes Bade- und Schwimmverbot ist dort aber nicht geregelt, sondern das Schwimmen erfolgt auf eigene Gefahr.“

Das wiederum will die Stadt so nicht stehen lassen. Sie verweist auf eine Bundes-Rechtsverordnung, in der das Baden im Rhein reglementiert sei. Tatsächlich stehen in der „Verordnung über das Baden in der Bundeswasserstraße Rhein“ genau definierte Strecken am Fluss mit dem Hinweise „Das Baden und Schwimmen ist verboten.“ Allerdings sind hier für Düsseldorf nur vier Kilometer auf der rechten und drei Kilometer auf der linken Rheinseite aufgeführt.

Man werde den Appell der Stadt dennoch an „an alle zuständigen Instanzen“ richten, sagt eine Sprecherin – also wohl auch an das Land NRW.

Das Ganze erinnert an ein „Schwarze-Peter-Spiel“: Die Stadt Düsseldorf verweist an eine Bundesverwaltung, die wiederum an das Land. Dass ein solches „Zuständigkeits-Gerangel“ angesichts der steigenden Zahl von Toten unwürdig ist, wissen unterdessen sicher alle Beteiligten. Muss erst wieder ein Mensch sterben, bevor sich jemand für zuständig erklärt?