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Die TV-KritikSo hart wird der Kinderporno-Tatort

Tolle schauspielerische Leistung: "Fack Ju Göhte"-Star Anna-Lena Klenke spielt die 14-jährige Hanna.

Tolle schauspielerische Leistung: "Fack Ju Göhte"-Star Anna-Lena Klenke spielt die 14-jährige Hanna.

Ein großes Plus am Sonntags-Krimi ist die Abwechslung. Dieser Satz ist alles andere als neu – aber wird immer wieder bestätigt.

Nach dem gemächlich-besinnlichen „Weihnachts-Tatort“ aus Saarbrücken servieren die Münchner Kommissare Udo Wachtveitl alias Kommissar „Franz Leitmayr“ und Miroslav Nemec alias „Ivo Batic“ uns jetzt nur zwei Tage später mit "Das verkaufte Lächeln" (Sonntag, 20.15 Uhr, ARD) so richtig harte Kost. Und die knallt rein wie ein China-Böller.

Die Story

Am Münchner Isarwehr wird die Leiche des 14-jährigen Tim (Justus Schlingensiepen) gefunden. Der Junge wurde aus nächster Nähe erschossen. Es gibt kein ersichtliches Motiv für die Tat: weder Probleme mit den Eltern noch mit Mitschülern.

Alles zum Thema Internet

Wenn er nicht mit seinen Freunden Hanna (Anna-Lena Klenke) und Florian (Nino Böhlau) unterwegs war, entwickelte Tim angeblich Apps und Webseiten, um sein Taschengeld aufzubessern. Als die Ermittler Tims Computer näher untersuchen, entdecken sie etwas, das sie nicht für möglich gehalten hätten.

Der Junge hat sich selbst eine Homepage erstellt – in dem er erotische Fotos von sich gegen ein Monats-Abo von 9,99 Euro anbietet. Und manche seiner Kunden wollten offenbar mehr als "nur" gucken...

Die Kritik

Man kann sich einfachere Ziele setzen, als das (durch Sebastian Edathy brandaktuelle) Thema Kinderporno in einem TV-Krimi zur besten Sendezeit mainstream-tauglich und unterhaltsam zu erzählen. Und vorneweg: Das Team um Regisseur Andreas Senn und Drehbuchautor Holger Joos erreicht dieses Ziel.

Weil es wirkungsvoll andeutet, ohne explizit werden zu müssen. Weil es vermittelt, wie Pubertierende durch ihre Orientierungslosigkeit und Abenteuerlust zu Opfern werden können, auch durch die Untiefen des Internets - und wie die Tätern diese undurchsichtige Melange zu einer vermeintlichen "Freiwilligkeit" verklären. Und weil es gleichzeitig mitreißt und unterhält.

Viele Krimis, die Jugendliche als Protagonisten wählen, tun sich vor allem in der authentischen Darstellung von deren Lebenswelt schwer. Das kann man diesem "Tatort" wirklich nicht vorwerfen. Bei der Musikauswahl haben sie es sich zwar einfach gemacht - und immer Cro gespielt, sobald ein Jugendzimmer im Bild war. Aber gerade wenn die herausragenden jugendlichen Darsteller den Mund aufmachen, zeigen sich die Stärken eioes tollen Drehbuchs, dass sich die Möchtegern-Jugendlichen vom MDR (Stichwort Erfurt-Tatort) ruhig mal durchlesen sollten.

Beispiel: Leitmayr fragt die 14-jährige Hanna (herausragend: "Fack Ju Göhte"-Star Klenke), warum sie erotische Fotos von sich machen ließ. Sie blickt halb gelangweilt, halb kokett auf - und sagt: "Weil ich Lust dazu hatte. Sollte ich denn Angst haben? Seh ich so scheisse aus?" Ein erhellendes wie echtes Abbild der Generation Social Selbstdarstellung.

Auch die Kamera setzt in seiner Maßstäbe. Überaus schimmert aus Trostlosigkeit Sehnsucht hervor. Besonders herausragend die American-Beauty-Ästhetik, als die Mutter des toten Jungen seine Freundin in der Garage befragt - und hinter ihnen ein Platzregen prasselt.

Hinter diesen vielen Stärken fallen manche Logikfehler und Längen in der Story deutlich ab. Fazit: Dieser Film hat viele Stärken und wenige Schwächen. So einfach lässt sich auf den Punkt bringen, warum man ihn gucken sollte.