Trump trägt MitschuldForschende machen furchtbaren Fund auf Röntgenfoto – ein Desaster droht

Das vom Tri-State Bird Rescue & Research bereitgestellte Röntgenbild zeigt Metallpartikel im Magen-Darm-Trakt eines Weißkopfseeadlers in Newark (Delaware). Eine neue Studie legt nahe, dass jeder zweite Adler an einer Vergiftung leidet.

Das vom Tri-State Bird Rescue & Research bereitgestellte Röntgenbild zeigt Metallpartikel im Magen-Darm-Trakt eines Weißkopfseeadlers in Newark (Delaware). Eine neue Studie legt nahe, dass fast jeder zweite Adler an einer Vergiftung leidet.

Sie sind das jahrhundertealte Symboltier der Vereinigten Staaten: Weißkopfseeadler. Doch immer öfter machen Forschende beunruhigende Funde in ihren Körpern. Offenbar zeigen sehr viele Tiere Anzeichen einer Vergiftung.

von Martin Gätke (mg)

Sein majestätischer Anblick, seine Größe, seine Kraft, sein langes Leben waren sicherlich ein Grund dafür, warum der Weißkopfseeadler zum stolzen Symbol für die USA wurden und auf dem Emblem der Nation zu sehen ist.

Natürliche Feinde kennt das riesige Tier (hat eine Spannweite von zweieinhalb Metern) eigentlich nicht. Bis der Mensch kam – oder genauer: der US-Amerikaner. Ausgerechnet die selbst ernannten Patrioten könnten jetzt eine Mitschuld daran tragen, dass das lange vom Aussterben bedrohte Tier großflächig vergiftet wird.

Eine neue Studie, die am Donnerstag im Wissenschaftsmagazin „Science“ erschienen ist, legt nahe: Unter den Adlern grassiert eine weit verbreitete Vergiftung. Der Grund dafür ist einer der schädlichsten Stoffe des Landes: Blei.

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Die Forschenden untersuchten rund 1200 Adler in 38 Bundesstaaten. Sie testeten die Knochen, die Federn, nahmen Blutproben und scannten die Leber. Und machten zahlreiche Röntgenaufnahmen. Es ist die größte Studie dieser Art.

Das Ergebnis ist ein Schock: Fast die Hälfte der Weißkopfseeadler (46 Prozent) und auch der Steinadler (47 Prozent) in den USA haben eine chronische Bleivergiftung.

Weißkopfseeadler: Bleivergiftung weit verbreitet in der Population

Der Bleigehalt in den Knochen zeige, dass die Tiere immer wieder dem Stoff ausgesetzt sind. „Ihr ganzes Leben lang“, sagt Todd Katzner, Wildtierbiologe der United States Geological Survey – einer wissenschaftlichen Behörde, die auch Naturkatastrophen untersucht – und Hauptautor der Studie, laut „NBC News“.

Das Archivfoto aus dem Jahr 2019 zeigt einen Steinadler, der auf den Überresten eines Elchs im US-Bundesstaat Montana steht. Überall in den USA sind Bleireste zu finden – in Form von Munition. Adler nehmen sie zu sich, wenn sie Aas fressen. Viele von ihnen leiden an einer Bleivergiftung.

Das Archivfoto aus dem Jahr 2019 zeigt einen Steinadler, der auf den Überresten eines Elchs im US-Bundesstaat Montana steht. Überall in den USA sind Bleireste zu finden – in Form von Munition. Adler nehmen sie zu sich, wenn sie Aas fressen. Viele von ihnen leiden an einer Bleivergiftung.

Das Blei nehmen die Adler zu sich, wenn sie Überreste von Tieren fressen, die mit Bleimunition erschossen wurden. Röntgenbilder zeigen die Bleireste im Inneren der Adler.

Die Bleimunition ist in den Körpern der Kadaver zersplittert und kann grundsätzlich für alle Tiere, die diese fressen – nicht nur für die Adler – tödlich sein. Blei wirkt wie ein Neurotoxin, kann selbst in niedrigen Dosen die Gesundheit des Adlers beeinträchtigen, etwa seinen Gleichgewichtssinn und damit seine Fähigkeit zu fliegen und zu jagen. In höheren Dosen verursacht eine Bleivergiftung Krampfanfälle und Atembeschwerden und kann bis zum Tod führen.

Bleivergiftung bei Adlern: Ausmaß erschreckt die Forscher

Schon länger ist bekannt, dass Blei und Quecksilber wesentliche Ursachen für eine höhere Sterblichkeit der Weißkopfseeadler ist. Gerade in den Wintermonaten, in denen die Adler vermehrt Aas fressen, steigt die Bleikonzentration im Körper.

Doch das aktuelle Ausmaß erschreckt die Forscher.

Kugeln mit Kernen aus Blei (links) und Kupfer: Eine Bleivergiftung wird nicht nur bei Weißkopfseeadlern registriert, sondern auch bei Geiern, Raben, Falken und anderen Vögel.

Kugeln mit Kernen aus Blei (links) und Kupfer: Eine Bleivergiftung wird nicht nur bei Weißkopfseeadlern registriert, sondern auch bei Geiern, Raben, Falken und anderen Vögel.

„Dies ist das erste Mal, dass wir in der Lage sind, die Bleibelastung und die Auswirkungen auf die Population einer Wildtierart auf kontinentaler Ebene zu bewerten“, erklärt Katzner. „Es ist verblüffend, dass fast 50 Prozent von ihnen wiederholt Blei ausgesetzt sind.“

Weißkopfseeadler: „Es gibt immer noch Bedrohungen“

Dabei zählt das Tier zu den Erfolgsgeschichten des US-Naturschutzes, früh wurde der Weißkopfseeadler geschützt, konnte 2007 von der Liste der gefährdeten Arten gestrichen werden. Der Bestand hat sich gut erholen können, heute leben mehr als 300.000 Weißkopfseeadler in freier Wildbahn. Doch die aktuell hohen Bleiwerte geben Anlass zur Sorge – auch weil sich die Adler schlechter auf den Klimawandel oder andere Krankheiten einstellen könnten.

„Es gibt immer noch Bedrohungen für Weißkopfseeadler“, sagt Krysten Schuler, Ökologin für Wildtierkrankheiten am College of Veterinary Medicine der Cornell University.

Donald Trump trägt Mitschuld am vermehrten Einsatz von Blei

Ein Grund für die neuerliche hohe Bleibelastung könnte bei Donald Trump liegen. 1991 verbot die Bundesregierung Bleimunition bei der Jagd auf Wasservögel, 2017 gab es eine Anordnung, den Einsatz von Bleimunition auch auf dem Land zu verhindern. Die Trump-Regierung hob diese Entscheidung weniger als zwei Monate später auf. Einige US-Jagdgruppen lehnen zudem ganz grundsätzlich solche Einschränkungen ab.

Die Forschenden und Naturschützer wollen die Ergebnisse nun zum Anlass nehmen, erneut mit den Jägern ins Gespräch zu kommen und über ein Verbot von Bleimunition zu diskutieren. „Das Verbot von Bleimunition hätte unglaubliche Auswirkungen auf die Weißkopfseeadler- und Steinadlerpopulationen sowie auf andere Wildtiere“, fasst Ökologin Viviana Ruiz-Gutiérrez zusammen.