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Klimakiller Fast FashionDie Modewelt muss dringend umdenken

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Kleidung wird immer mehr zum schnellen Konsumgut.

Köln  – Samstagmittag in der Kölner Innenstadt. Gesucht wird ein neues Oberteil für eine Feier. Die Auswahl ist riesig und die Preise unschlagbar. Für die meisten Konsumenten ist das sehr verlockend. Im Kaufrausch bekommt man allerdings nicht mit, wie die Kleidungsstücke überhaupt produziert werden und unter welchen Bedingungen.

Der Konsum kennt heutzutage keine Grenzen mehr. Die neue Generation lebt offenbar nach dem Motto: „Mehr ist mehr“. Allein beim Schlussverkauf lautet die Devise: Kaufen, kaufen, kaufen – alte Klamotten landen derweil auf dem Müll.

In den großen Metropolen erlebt man eine Reizüberflutung. Permanent wird man mit Werbung bombardiert, die zum spontanen Kauf verleitet. Laut Bundesumweltministerium kauft sich jeder Deutsche rund sechzig neue Kleidungsstücke pro Jahr – muss das wirklich sein?

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Dabei zerstört nicht allein das Fliegen oder der Konsum von Fleisch unseren Planeten, sondern billige Fast Fashion.

Baumwolle_Feld

Für den Anbau von Baumwolle werden oft Dünger eingesetzt und viel Wasser gebraucht.

Die Modeindustrie ist einer der größten Umweltverschmutzer

Laut einer Untersuchung der „Ellen MacArthur Foundation” verursacht die konventionelle Textilindustrie weltweit 1,2 Billionen Tonnen CO2 jedes Jahr. Für jedes T-Shirt werden gewaltige Mengen an Chemikalien, Wasser und Energie benötigt.

Zur Einordnung: Die Viehzucht ist laut einem Bericht der „Food and Agriculture Organization of the United Nations” (FAO) für circa 7,1 Milliarden Tonnen CO2-Äquivalente verantwortlich. 

Laut dem „International Council on Clean Transportation” (ICCT) verursacht der kommerzielle Luftverkehr rund 918 Millionen Tonnen CO2 im Jahr.

Die Bekleidungsindustrie belastet die Umwelt also enorm. Allein das Färben und Behandeln von Textilien verursacht etwa 20 Prozent der gesamten Wasserverschmutzung sowie erhebliche Treibhausgasemissionen. Dies geht aus einem Bericht der IUCN (International Union for Conservation of Nature) hervor.

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Dabei wird laut Umweltbundesamt circa 90 Prozent der in Deutschland gekauften Kleidung aus China, der Türkei und Bangladesch importiert.

Textilfabrik_Bangladesch

"Made in Bangladesh" steht inzwischen auf fast jedem Kleidungsstück.

Schließlich werden die neuesten Modedesigns den hungrigen Konsumenten als Massenware angeboten. Hauptsache die Kleider sind günstig und sehen gut aus.

Die Treiber der Fast-Fashion-Industrie setzen auf schnelle Kollektionswechsel. Bei den bekannten Marktführern kann das bis 24 Mal im Jahr passieren.

Für diesen Konsumwahnsinn müssen tausende Menschen leiden, die im Ausland teilweise unter schrecklichen Bedingungen arbeiten.

Onlinehandel: Vermeintliche Schnäppchen gehen auf Kosten der Umwelt

Wer Trends folgen möchte, muss mithalten können. Da kommt das Thema Online-Shopping ins Spiel. Laut einer repräsentativen Befragung im Auftrag des Digitalverbands „Bitkom“ haben 96 Prozent aller Internetnutzer ab 14 Jahren in den vergangenen 12 Monaten online eingekauft.

Beim Shoppen im Internet wird meist auf nichts Rücksicht genommen. Gleich werden sechs Teile bestellt und fünf davon zurückgeschickt. Wer kennt es nicht? Diese durchaus umweltfeindliche Methode ist bequem und meist kostenlos – die Schnäppchen sind nur noch einen Klick entfernt.

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Doch diese ständige Gier nach Mehr hat auch ihren Preis für die Umwelt. Für die Retouren müssen neue Verpackungen produziert und die Ware erneut von A nach B transportiert werden. Einige Online-Händler bieten deshalb virtuelle Anproben an oder Zusatzinformationen zur Passform. Denn je mehr Ware im Umlauf ist, desto schlimmer für die Umwelt.

„Wenn die Ware beschädigt zurückgeschickt wird, muss sie sogar verschrottet werden“, so Dr.-Ing. Jürgen Seibold vom DITF (Deutsche Institute für Textil und Faserforschung).

Fast Fashion: Quantität vor Qualität

Nach wenigen Wochen Tragedauer landet die Billigmode dann oft im Müll oder im Altkleider-Container. Knapp 40 Prozent der Kleidung in deutschen Haushalten wird einer Befragung zufolge sehr selten oder nie getragen.

Eine Spende scheint im ersten Moment eine umweltfreundliche Alternative zu sein. Doch leider kann oft nur die Hälfte der Altkleider wiederverwendet werden.

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Das liegt vor allen Dingen daran, dass man Misch- oder Synthetikstoffe nur schwer recyceln kann. Zudem werden Altkleider größtenteils in andere Ländern verschifft, wie zum Beispiel nach Afrika oder Asien. Und für den Transport wird wieder viel Energie benötigt.

Die Wegwerfkultur trägt letztendlich dazu bei, dass Mensch und Umwelt kaputtgehen. Fast Fashion ist ein ewiger Teufelskreis, den man laut Dr.-Ing. Jürgen Seibold vom DITF an der Quelle bekämpfen muss.

Baumwolle_Jeans

Mit dem Kauf von Biobaumwolle trägt man zum Schutz von Boden und Grundwasser bei.

Die Herstellungsweise müsse man differenzieren. Denn auch wenn das Geschäft mit nachhaltiger Kleidung brummt, ist nicht jeder nachwachsender Rohstoff per se umweltfreundlicher.

Die hohe Qualität einer Kleidung sei auch keine Garantie für Nachhaltigkeit innerhalb der gesamten textilen Wertschöpfungskette, sagt Claudia Lanius, Designerin und Geschäftsführerin des Modelabels LANIUS. Weiter betont sie: „Diese Garantie kann nur über Zertifikate gewährleistet werden.”

Siegel für giftfreie Kleidung

Mit einer sogenannten Detox-Kampagne will Greenpeace Fast-Fashion-Ketten dazu animieren, möglichst giftfrei zu produzieren.

Vor allen Dingen Flüsse werden oft mit Chemikalien verseucht. Eine saubere Textilproduktion würde also die Umwelt entlasten und die Menschen schützen. Denn auch über das Trinkwasser, die Nahrung und die Luft können Giftstoffe aus den Produktionen in den Körper gelangen.

Textilriesen werben deswegen gerne mit Öko-Siegeln. Laut Greenpeace ist das Siegel des „Internationalen Verbands der Naturtextilwirtschaft“ (IVN) das ökologisch strengste Siegel am Markt. Die ganze Produktionskette wird unter die Lupe genommen. Kleidungsstücke mit Polyester-Anteilen werden beispielsweise gar nicht zertifiziert.

Auch Produkte mit dem Textillabel „Made in Green“ wurden streng auf Schadstoffe geprüft. Dabei wird auf eine umweltfreundliche sowie faire Produktion geachtet.

Der „Global Organic Textile Standard“ (GOTS) ist ein wenig lockerer, setzt aber mindestens 70 Prozent Naturfasern aus kontrolliert biologischem Ursprung voraus.

GOTS_Siegel

Textilien, die zu mindestens 70 Prozent aus biologisch erzeugten Naturfasern bestehen, dürfen mit dem GOTS-Siegel zertifiziert werden.

Nachhaltige Mode: Geht das auch mit wenig Geld?

„Ganz generell kann man sagen, dass die gute Qualität einer Faser, aus der später dann ein Kleidungsstück entsteht, von ihrem Ursprung her ganz andere Voraussetzungen mit sich bringt, als eine Faser minderer Qualität“, erklärt Claudia Lanius.

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Weiter sagt sie: „Fair Fashion kostet etwas mehr als konventionelle Mode – das stimmt. Genauso wie Bio-Produkte etwas mehr kosten als solche, die nicht Bio-Qualität haben.“

Claudia Lanius CEO_Christian Ruehl Design

Gemeinsam mit dem Chef-Designer Christian Rühl entwickelt Claudia Lanius im Kölner Atelier die Ideen, die die LANIUS Kollektion prägen.

Dass Mode aus Naturmaterialien jedoch kein Luxus sein muss, bestätigt Katharine Stewart, Direktorin für den Bereich „Ethischer Handel und ökologische Nachhaltigkeit“ bei „Primark“. Seit 2017 werden bei dem Modegiganten Artikel aus nachhaltiger Baumwolle zu angemessenen Preisen angeboten.

Um das zu ermöglichen, hat „Primark“ 2013 ein eigenes Programm ins Leben gerufen. „Im Rahmen dessen werden Landwirte aus Indien, Pakistan und China darin geschult, Baumwolle mit nachhaltigeren Methoden anzubauen. Dabei verwenden sie weniger Wasser, Pestizide und Düngemittel und können auch ihren finanziellen Gewinn steigern“, erklärt Stewart.

Primark bietet nachhaltiges Baumwoll-Sortiment

Der Fast-Fashion-Riese bietet seitdem ein paar ausgewählte Artikel, die nachhaltig produziert werden.

„2017 haben wir die Baumwolle aus diesem Programm in unsere Produkte eingeführt und jetzt umfasst unser nachhaltiges Baumwollsortiment: Denim, T-Shirts, Nachtwäsche und Haushaltswaren“, so die Direktorin für den Bereich „Ethischer Handel und ökologische Nachhaltigkeit“ bei „Primark“.

Dennoch steht der Konzern wegen der Produktionsbedingungen im Ausland und der zum Teil schadstoffbelasteten Textilien immer wieder in der Kritik.

Das schlechte Image von „Primark” ist den Kunden aber offenbar egal, denn das Geschäft läuft.

Viele Menschen assoziieren nachhaltige Mode mit hohen Preisen und langweilige Klamotten, aber diese Ansicht ist schon längst überholt. Denn auch große Modeketten scheinen erkannt zu haben, dass Nachhaltigkeit für Kunden immer wichtiger wird.

Umweltbewusstsein: Tipps für eine nachhaltigere Garderobe

Die Zeit ist reif für eine Slow-Fashion-Bewegung. „Es herrscht heute definitiv ein viel größeres Bewusstsein und vor allem ein gestiegenes Interesse an Fair Fashion. Nachhaltigkeit ist zum Lifestyle geworden“, sagt Claudia Lanius.

Doch was muss geschehen, damit Slow Fashion nicht mehr nur Trend ist? 

LANIUS_Kollektion

Zweimal jährlich entstehen im Kölner Atelier neue LANIUS-Kollektionen.

„Nachhaltige Mode erfordert ein Umdenken – auf Produzentenseite, aber auch auf Kundenseite. Weniger ist mehr und Qualität zählt mehr als Quantität. Ich kann nur dazu raten, in hochwertige, langlebige und nachhaltige Lieblingsteile zu investieren. Es macht glücklicher und schont unsere Erde“, so die Designerin und Geschäftsführerin weiter.

Für das kleine Budget sind Second-Hand-Klamotten oder das Shoppen auf Flohmärkten allerdings gute Alternativen.

Laut Claudia Lanius sollte jeder Fashion-Liebhaber faire Mode im Kleiderschrank haben. Schließlich ist es die Mode der Zukunft.

Politik erkennt Fast-Fashion-Problem

Und auch die Politik hat das Problem erkannt. „Es ist an der Zeit, die innovative Kraft der Mode stärker für den Schutz unseres Planeten zu nutzen”, sagte Bundesumweltministerin Svenja Schulze vor dem Start der Berliner Modewoche. 

Seit Jahren gebe es eine Entwicklung in die andere Richtung: „Immer mehr, immer billiger, immer schneller”, so Schulze. Die Kosten der Umweltverschmutzung und Ressourcen-Verschwendung stünden „leider nicht auf dem Preisschild am Produkt”.

Deutschland lebt, trotz aller Bemühungen, weiter in einer Wegwerfgesellschaft. Doch die Konsumenten können mit ihrem Kaufverhalten Druck ausüben, damit sich langfristig etwas verändern kann. Denn letztendlich stellt sich die Modeindustrie immer auf die Nachfrage ein. (cg)