Gaspreise auf TalfahrtSpeicher voll, Nachfrage sinkt – Habeck verrät, wann das beim Verbraucher ankommt

Der Flüssiggas-Tanker Rudolf Samoylovich im Hafen von Saint-Nazaire.

Ein LNG-Tankschiff am 10. März 2022 im französischen Saint-Nazaire. Derzeit werden die Schiffe ihr Flüssiggas in Europa nicht los.

Negativpreise an Spotmärkten, Entspannung durch Einsparungen und milde Temperaturen. Doch die Gaspreise bleiben hoch. Wann kommen die sinkenden Preise bei den Verbrauchern an?

von Alexander Haubrichs (ach)

Kuriose Entwicklung an den Gasmärkten: Während im Sommer das Erdgas zu Höchstpreisen gehandelt wurde und derzeit viele Vermieter oder Lieferanten immer höhere Abschlagszahlungen von ihren Mietern verlangen, purzeln jetzt die Preise an den Energiemärkten. Der Terminkontrakt für Niederländisches Erdgas kostete beispielsweise am Dienstag, 25. Oktober 2022 nur noch 95 Euro pro Megawattstunde, heißt 9,5 Cent für eine Kilowattstunde.

Besonders verrückt: Am Montag (24. Oktober 2022) gab es zeitweise an den Spotmärkten negative Preise für bestimmte Gassorten. Die Gründe sind vielfältig: Vor allem liegt das daran, dass die europäischen Speicher schlicht voll sind und wir derzeit kein Gas mehr aufnehmen können.

Erdgas: Sparanstrengungen der Bürgerinnen und Bürger zeigen Wirkung

Dazu zeigen die Sparanstrengungen der Bürgerinnen und Bürger Wirkung, auch wenn es weiterer Anstrengungen bedarf, um sicher über den Winter zu kommen, wie Forscher und Forscherinnen nun herausfanden.

Außerdem helfen die milden Temperaturen in fast ganz Europa dabei, dass der Gasverbrauch sinkt und derzeit in Deutschland rund 29 Prozent unter Vorjahresniveau liegt. Spätestens wenn auf dem Kontinent die Minusgrade erreicht werden, zieht der Verbrauch, also die Nachfrage an und damit steigt der Preis an den Märkten.

Aber derzeit kann sich Spanien beispielsweise vor Tankern mit Flüssiggas kaum retten, auch, weil die Amerikanerinnen und Amerikaner gar nicht mehr wissen, wohin mit ihrem Frackinggas. Dort ist die Energiequelle schon beinahe nichts mehr wert, die Preise in Texas könnten wegen fehlender Pipelines bald länger ins Negative drehen. Heißt: Sie müssten Unternehmen Geld zahlen, damit sie ihnen das Gas abnehmen.

Die Folge der Entwicklungen: Derzeit lagern einige Tanker vor der iberischen Halbinsel, weil sie auf steigende Nachfrage und damit höhere Preise auf den europäischen Märkten hoffen. Eine Alternative gibt es für sie kaum. Der einzige andere potenzielle Abnehmer wäre Asien – doch das ist weit weg. Bald können sie ihr Gas aber in den deutschen LNG-Terminals loswerden.

Der Gaspreis sinkt also wieder unter Vorkriegsniveau – den Verbrauchern und Verbraucherinnen aber hilft das derzeit noch nicht, weil die Speicher in Europa zu anderen Preisen gefüllt wurden und diese hohen Preise nun an die Konsumenten weitergegeben werden. „Das ist für die Verbraucher erst eine mittelfristig gute Nachricht, weil die hohen Preise aus dem letzten Jahr im nächsten Jahr noch anfallen werden“, sagt Wirtschaftsminister Robert Habeck am Rande einer EU-Tagung in Luxemburg.

Flüssiggas wird dauerhaft teurer als Erdgas bleiben

Derzeit kostet die Kilowattstunde bei Neuverträgen durchschnittlich 22,1 ct – im Vorjahr waren das lediglich 12,1 Cent. Und auch wenn die Preise an den Märkten wieder sinken – die Zeiten billigen Erdgases dürften auf lange Sicht vorbei sein. Allein die Transportkosten machen Flüssiggas deutlich teurer als das Pipeline-Gas, das Deutschland lange aus Russland bezog.

Für diesen Winter aber gilt weiter: Sparen, um die Kosten zu deckeln und eine gesamtwirtschaftliche Mangellage zu verhindern. 30 Forscherinnen und Forschern aus dem vom Bund geförderte Kopernikus-Projekt Ariadne am Potsdam-Institut für Klimafolgenforschung kamen zu dem Schluss, dass die Deutschen in diesem Winter 30 Prozent einsparen müssten, um sicher über die dunkle Jahreszeit zu kommen.