Faul, oberflächlich, forderndUmfrage zeigt: So tickt die „Gen Z“ wirklich

Das Symbolbild zeigt eine Kollage von Gen Z-Stereotypen

Die Generation Z (klischeehaftes Markenzeichen: Smartphone) ist auf dem Arbeitsmarkt derzeit berüchtigt, was ihre Forderungen angeht. Zur Wahrheit gehört aber auch: Ihnen wird auch immer weniger Sicherheit geboten.

Krisen, Überforderung: Das aktuelle, eher von Unsicherheiten denn Zuversicht geprägte, Klima geht auch an den jungen Leuten nicht spurlos vorbei. Eine Umfrage will mit so manchem Gen Z-Klischee aufräumen.

von Alexandra Miebach (mie)

„Die sind faul!“ „Die wollten doch nur schnell Karriere machen.“ „Die wollen doch eh alle Influencer werden oder irgendwas mit Medien machen.“ Der Generation Z – also jungen Menschen, die zwischen 1995 und 2010 geboren wurden – wird so einiges nachgesagt, vor allem was ihre Einstellung zum Arbeiten angeht.

Eine neue Studie zeigt aber auch ein anderes Bild. Und dass gewisse Trends eben auch Ursachen haben. Für eine YouGov-Umfrage im Auftrag des Networking-Portals LinkedIn wurden 2499 Menschen im Alter zwischen 16 und 28 befragt.

Gen Z: Umfrage verblüfft – junge Menschen zeigen große Loyalität

Ergebnis: 52 Prozent wünschen sich eine solide Karriere. 57 Prozent können sich auch vorstellen, länger als zehn Jahre bei einem Arbeitgeber zu bleiben, wenn alles passt. Also von wegen, die Jugend ist prinzipiell illoyal gegenüber dem Arbeitgeber.

Aber: Gibt es das, was sich diese Leute wünschen, überhaupt noch? Sichere Jobs mit Anstellungsverhältnissen über viele Jahre? „Das ist in der heutigen Zeit tatsächlich schwierig“, erklärt Business Coach Ralf Gasche. „Wegen der vielen Krisen befindet sich alles im Umbruch. Das, was früher als normal galt, und das, was sich viele auch noch heute wünschen – eine stabile Verlässlichkeit – davon müssen wir uns leider verabschieden.“

Und genau da liegt das Problem. 27 Prozent der Gen Z fühlen sich wegen der Krisen beim Eintritt in die Arbeitswelt bereits mental überfordert. Jeder Fünfte bezeichnet sich sogar als hoffnungslos. Gasche: „Krisensichere Jobs sind eigentlich total unnatürlich. Wir kommen sogar aktuell in eine relative Natürlichkeit, nämlich dass wir uns mehr den aktuellen Gegebenheiten anpassen und immer flexibel bleiben müssen.“

Für die Generation Z gilt also, sich vom alten Muster der Stabilität zu lösen, das noch für ihre Eltern gegolten hat. „Das einzig Sichere ist die Unsicherheit“, so Gasche: „Die Gen Z wurde in diese Zeit der Veränderungen hineingeboren, sie muss damit jetzt arbeiten. Sie können sich nicht in der Tiefe verlieren, sondern müssen auch auf einer Wahrnehmungsoberfläche bleiben, um sich ständig neu auf Gegebenheiten anpassen zu können. Das mögen Mitglieder der älteren Generationen als oberflächlich und uninteressiert ansehen, aber das ist es nicht. Wir sehen, dass diese Generation Ängste hat. Es ist eben nicht mehr möglich, so sehr in die Tiefe zu gehen. Die Generation Z kann man mit einem Surfer vergleichen, der immer auf den Wellenkämmen reiten MUSS, um mit dem Kopf über Wasser zu bleiben. So überlebt sie im Chaos der Veränderungen.“

Ralf Gasche ist Gründer und Inhaber von Gasche Excellent Leadership, einem Unternehmen für Business-Coaching, Leadership, Mentoring, Beratung und Organisationsentwicklung (Schwerpunkt: Kulturwandel & Transformationsprozesse).

Ralf Gasche ist BusinessCoach und Managementberater.

Wie sollen junge Menschen mit Überforderung angesichts dieser veränderten Situation umgehen? Zunächst sei es wichtig, Überforderung zu erkennen und anzunehmen. „Das nennt sich in der Resilienz-Forschung Akzeptanz“, so der Experte. „Solange wir im Widerstand sind, können wir Dinge auch nicht anpacken.“

Lesen Sie hier den Kommentar zur Gen Z: Loyalität am Arbeitsplatz ist keine Einbahnstraße

Dann gelte es, Wünsche zu definieren, darüber nachzudenken, wer man als Mensch ist, um dem Grund der Überforderung auf die Spur zu kommen. Danach erst lassen sich Wege suchen, um diese zu bekämpfen. „Es kann helfen, sich ganz auf sich zu konzentrieren und zu meditieren, Entspannen zu üben. Nicht um den ganzen Tag gechillt durch die Gegend zu laufen, sondern um dem Stress und der Überforderung einen Gegenpol zu bieten“, rät der Experte.

Gen Z: Oft überfordert und entmutigt bei der Jobsuche

Hat man ein Berufsfeld auserkoren, geht es an die Stellenausschreibungen. Da wartet übrigens das nächste Problem: 43 Prozent der Gen Z fühlen sich bei der Jobsuche überfordert. 58 Prozent empfinden die Anforderungen von Arbeitgebern als einfach unrealistisch und bewerben sich dann oft erst gar nicht. Und sie wünschen sich bei den Ausschreibungen mehr Transparenz in den Punkten Gehalt (57 Prozent) und Entwicklungsmöglichkeiten (54 Prozent).

Eine Frage, die viele Jobeinsteiger quält: „Soll ich mich bewerben, wenn ich nicht alle Anforderungen erfülle?“ Gerne genommen: Firmen suchen Berufseinsteiger, aber mit mehrjähriger Erfahrung. Wie soll das gehen? Das entmutigt. Bewerben sollte man sich trotzdem, sagt der Management-Coach: „Was in den Ausschreibungen steht, sind Richtwerte. Wenn man nicht alle Anforderungen erfüllt, muss man dem Chef etwas liefern, um das wettzumachen. Im Gespräch immer etwas bieten, warum man die richtige Person für den Job ist. Alles ist ein Geben und Nehmen.“

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Fehlende Qualifikationen kann man mit herausragender Arbeitsmotivation wettmachen. Und die will auch die Generation Z laut Studie zeigen (83 Prozent sagen das) – mit dem Zusatz „wenn die Bezahlung stimmt“. 52 Prozent sind dann auch bereit, Überstunden zu machen, nach Feierabend erreichbar zu sein oder gar für den Job umzuziehen.

Aber man will dafür auch eben etwas bekommen. Eine Forsa-Umfrage im Auftrag des Businessportals Xing hat vor Kurzem ergeben, dass zu den „Benefits“, die sich die Gen Z wünscht, auch eine Vier-Tage-Woche bei vollem Lohn, Homeoffice oder Workation-Optionen zählen. Arbeitgeber, die diese modernen Arbeitsweisen ablehnen, erreichen die junge Generation gar nicht erst, sagt Arbeitsmarktexperte Julian Stahl. Auch Arbeitgeber müssen sich also den aktuellen Gegebenheiten anpassen –  sich auf die stabile Flexibilität einlassen.

Richtig netzwerken: Das sollten alle Generationen beherzigen

64 Prozent der jungen Menschen möchten tatsächlich schnell Karriere machen. Das geht aber nur, wenn man bereit ist, Extrameilen zu gehen. „Wer schnell die Karriereleiter hochklettern möchte, muss immer härter arbeiten als der Rest. Das sollte auch der Jugend bewusst sein“, sagt Ralf Gasche.

Hilfreich bei der Jobsuche und im Arbeitsalltag ist ein gutes Netzwerk. Das sehen auch 44 Prozent der befragten jungen Leute so. Um das aufzubauen hilft es, zu branchenspezifischen Treffen zu gehen, rät Ralf Gasche. Aber: „Ein gutes Netzwerk bedeutet nicht, möglichst viele Menschen zu kennen oder auf vielen Plattformen unterwegs zu sein. Es ist wichtig, eine gute Auswahl zu treffen, und zwar im beruflichen wie auch im privaten Netzwerk.“

Es betrifft so viele

Angst um den Job? Experten geben Tipps

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Auf Menschen zuzugehen, mit ihnen ins Gespräch zu kommen, das bereitet vielen aus der Gen Z Bauchschmerzen. Ralf Gasches Tipp: „Einfach kurz auf den Flur gehen, einmal tief ein- und ausatmen die Nervosität wegatmen. Das kann schon helfen.“

Hat man einen Job gefunden, geht es darum, seine Balance zu finden. 35 Prozent wünschen sich laut Umfrage eine gute Work-Life-Balance, überraschend wenig, wird der Gen Z doch nachgesagt, darauf ganz besonders Wert zu legen. Ralf Gasche: „Wir sollten uns vom Begriff ‚Work-Life-Balance‘ verabschieden, daraus ‚Life-Balance‘ machen. Das gibt die moderne Zeit besser wieder. Wir vermischen Beruf und Privatleben immer mehr, allein durch die Arbeit im Homeoffice. Der Job gehört zum Leben. Es geht darum, eine gesunde Lebensbalance zu haben. Die Dinge sollten ausgewogen sein. Wie man das macht, da muss jeder seinen eigenen Weg finden.“