Tumult im GerichtssaalFreispruch nach Todes-Drama von Hürth – Angehörige fassungslos

In Intercity wird abgeschleppt

Der Intercity, der im Mai 2023 bei Hürth zwei Arbeiter erfasst hat, wird abgeschleppt

Paukenschlag im Prozess um das Zug-Unglück von Hürth! Der Angeklagte (54) ist frei. Doch kaum ist das Urteil gesprochen, brechen im Gerichtssaal alle Dämme. Die Angehörigen der beiden toten Gleisarbeiter sind fassungslos.

Im Prozess zum tragischen Zugunglück in Hürth, bei dem Anfang Mai 2023 zwei Gleisarbeiter von einem IC überfahren wurden, ist am Mittwochnachmittag (23. Juli 2025) das Urteil gefallen.

Der 54-jährige Angeklagte, ein Mitarbeiter einer Sicherheitsfirma, wurde freigesprochen. Das Gericht erklärte, dass ihm eine Schuld nicht zweifelsfrei nachgewiesen werden konnte.

Überraschend hatte zuvor sogar die Staatsanwältin auf Freispruch plädiert. Die Vorwürfe der fahrlässigen Tötung hätten sich nicht bestätigt. Zwar seien die Aussagen des Angeklagten teils unglaubwürdig gewesen, doch am Ende konnte ihm nichts bewiesen werden. Ein wichtiger Zeuge, der Klarheit hätte schaffen können, machte von seinem Zeugnisverweigerungsrecht Gebrauch.

Die drei Anwälte der Nebenklage sahen das komplett anders und waren sich einig: Der Angeklagte muss verurteilt werden! Hätte er die spezielle Warnanlage (ATWS) montiert, die vor nahenden Zügen warnt, wären die Männer noch am Leben. Sie forderten eine „angemessene Strafe“.

Angeklagter ging davon aus, dass Bahnstrecke gesperrt war

Der Verteidiger forderte, wie die Staatsanwaltschaft, einen Freispruch. Die Hauptverantwortung habe nicht bei seinem Mandanten gelegen, so der Anwalt. Der Angeklagte habe selbst im Gleis gestanden und noch zwei Menschen gerettet. Er sei fest davon ausgegangen, dass die Bahnstrecke gesperrt war. Da die Schuld nicht bewiesen werden konnte, müsse er freigesprochen werden.


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In der Urteilsbegründung erklärte der Vorsitzende Richter, dass dem Angeklagten kein juristisch relevantes Fehlverhalten nachzuweisen sei.

Nachdem die Verhandlung geschlossen war, kochten die Emotionen hoch und es kam zu Tumulten im Gerichtssaal. Die Angehörigen der Opfer schrien den freigesprochenen Mann an, er solle sich erklären. Justizmitarbeiter und Justizmitarbeiterinnen mussten für Ruhe sorgen und den Mann und seinen Anwalt in einen Nebenraum führen. Auch die Staatsanwältin wurde im Vorraum des Gerichts von Angehörigen verbal attackiert.

Was war an dem Unglückstag passiert? Eine Arbeitskolonne sollte bei Hürth-Kalscheuren Gleisarbeiten durchführen. Laut Anklage gab der Angeklagte die Freigabe für die Arbeiten, obwohl die Gleise vom Stellwerk noch gar nicht gesperrt waren. Der Angeklagte selbst stand ebenfalls auf den Schienen, als sich um 11 Uhr Züge mit Tempo 160 näherten.

Opfer waren 27 und 31 Jahre alt

Er konnte noch zwei Arbeiter aus dem Gleis reißen. Auch andere konnten sich mit einem Sprung zur Seite retten. Doch für zwei junge Arbeiter im Alter von 27 und 31 Jahren kam jede Hilfe zu spät, sie wurden vom IC 2005 erfasst und getötet.

Im Prozess kam heraus, dass der Angeklagte möglicherweise übermüdet war, da er am Vortag eine Doppelschicht gearbeitet hatte, wie der „Kölner Stadt-Anzeiger“ berichtet. Zudem hatte er eine wichtige akustische Warnanlage nicht aufgestellt. Nach dem Unfall soll er die Anlage aus seinem Auto geholt haben. Zeugen und Zeuginnen sagten zudem aus, er habe versucht, das Pausenbuch eines Sicherungspostens zu verändern. (red)