Was war da los?Kölner Richter in Gerichtssaal gefesselt – von einer Kollegin

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Dr. Achim Hengstenberg, Vorsitzender Richter der 1. Großen Strafkammer am Kölner Landgericht.

Köln – Kuriose Szenen am Dienstag  in Saal 213 des Kölner Landgerichts. Der Vorsitzende Richter Achim Hengstenberg  wird bei einem Raub-Prozess von seiner Kollegin mit Kabelbindern gefesselt.

Mit aller Kraft versucht sich Hengstenberg zu befreien – doch er schafft es nicht, die Hände sind hinter seinem Rücken zu stark fixiert. Erst die Schere befreit ihn aus der unangenehmen Situation.

Eine Szene mit Beweiswert

Klar, zum Spaß ließ sich Hengstenberg von seiner beisitzenden Richterin natürlich nicht in „Ketten“ legen. Der Vorsitzende wollte vielmehr die Aussage eines Zeugen auf ihren Wahrheitsgehalt überprüfen.

Der Spielhallen-Betreiber (56) hatte ausgesagt, in einer Wohnung in Leverkusen überfallen worden zu sein. Ein Räuber hätte „Kripo Düsseldorf“ gerufen, dann eine Pistole gezogen und ihn mit Kabelbindern gefesselt. Daraus will sich der Geschädigte selbst befreit haben.

Diskussion um Kabelbinder

„Das ist doch gar nicht möglich, die Kabelbinder ziehen sich bei Druck eher weiter zusammen“, sagte der Anwalt des Angeklagten (36), der laut Staatsanwaltschaft am Überfall im September vergangenen Jahres beteiligt gewesen sein soll.

Richter Hengstenberg bestätigte, dass er sich nicht befreien konnte. Er wollte dem Zeugen allerdings nicht unterstellen, dies nicht geschafft zu haben. „Möglicherweise werden in so einer Situation ganz andere Kräfte freigesetzt“, sagte der Vorsitzende.

Wurde der Überfall erfunden?

Der Angeklagte stritt vehement ab, in den Überfall involviert zu sein, ein weiterer Zeuge unterstellte sogar, dieser sei fingiert gewesen. Der Geschädigte gab an, aufgrund seiner Tätigkeit in Spielhallen bis zu 10.000 Euro Bargeld in seinem Auto gehabt zu haben.

Dies hätten sich die Räuber unter den Nagel gerissen, nachdem sie ihm den Autoschlüssel abgenommen hatten.

Die Täter hätten den Volkswagen zunächst geklaut, ihn aber etwa 300 Meter entfernt auf einem Parkplatz abgestellt.

Zeuge muss sich nicht selbst belasten 

Zu Beginn der Zeugenvernehmung hatte Richter Hengstenberg den Zeugen darauf hingewiesen, dass dieser sich nicht selbst belasten  müsse, sollte die Gefahr bestehen, ein Strafverfahren auf sich zu ziehen.

Das wäre bei einem möglichen fingierten Raubgeschehen der Fall, bei dem die Straftatbestände Vortäuschen einer Straftat und falsche Verdächtigung in Betracht kämen. Nachweisen konnte man dem Angeklagten die Tat letztlich tatsächlich nicht. Er wurde freigesprochen.