„Stehen mit dem Rücken zur Wand“Angst vor 2024: Kölner Gastro mit Brandbrief an Kanzler Scholz

Bei schönem Wetter sind die Außengastronomien in der Altstadt gut besucht.

Vollbesetzte Tische in der Kölner Altstadt am 4. Juni 2022: So wie auf dem Symbolfoto wünschen es sich die Gastronomiebetriebe. Mit der drohenden Mehrwertsteuererhöhung ist die Zukunft vieler Kneipen oder Restaurants allerdings ungewiss.

Die Gastronomiebranche sorgt sich vor dem kommenden Jahr 2024 - und der einhergehenden Mehrwertsteuererhöhung. Die Kölner IG Gastro hat sich nun mit einem Brandbrief an den Bundeskanzler gewandt.

von Niklas Brühl (nb)

Es war eines der Wahlversprechen von Bundeskanzler Olaf Scholz (SPD): Die Mehrwertsteuer von sieben Prozent sollte eine Unterstützung für die Gastronomiebetriebe während der Corona-Pandemie sein – und für immer bleiben. Das ist aber längst nicht in Stein gemeißelt.

Zum 31. Dezember 2023 läuft die Regelung aus, ab 2024 steigt die Mehrwertsteuer zum jetzigen Stand wieder auf 19 Prozent.

Kölner IG Gastro mit Brandbrief an Kanzler Scholz

Für die Gastronomiebranche, die neben der Pandemie auch schwer mit der Energiekrise infolge des Ukraine-Krieges zu kämpfen hatte, wäre die Erhöhung gleichbedeutend mit einer Katastrophe.

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Die IG Gastro Köln hat sich jetzt mit einem Brandbrief, der mit der Überschrift „Essen ist politisch“ versehen ist, direkt an den Bundeskanzler und Bundesfinanzminister Christian Lindner (FDP) gewendet.

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Wie groß die Auswirkungen der Mehrwertsteuererhöhung sein könnten, hat der DEHOGA (Deutscher Hotel- und Gaststättenverband) in Zahlen eindrucksvoll zu verstehen gegeben. Alleine in Nordrhein-Westfalen könnten die 19 Prozent rund 2000 bis 5000 Betriebe zur Aufgabe zwingen. Kanzler Scholz sagte jüngst, dass er mit einer endgültigen Entscheidung erst zum Ende des Jahres rechnet.

Die Gastronomiebetriebe kritisieren die Ungewissheit, Til Riekenbrauk vom Johann Schäfer Brauhaus in der Kölner Südstadt sagte vor kurzem gegenüber EXPRESS.de: „Scholz hat in seinem Wahlkampf eindeutig formuliert, dass die sieben Prozent für immer bleiben werden. Sollte das jetzt rückgängig gemacht werden, hat er unsere wunderschöne Branche verarscht und belogen.“ Klare Worte und klare Kante!

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Mit ähnlich scharfen Worten hat sich die IG Gastro in Köln nun zu der quälenden Ungewissheit geäußert. In ihrem Brandbrief heißt es unter anderem: „Wieso gibt es kein politisches Signal, dass eure Versprechungen eingehalten werden? Wieso herrscht hier Schweigen im Wald? Verratet ihr uns noch, ehe der Hahn kräht? Mit der Erhöhung von zwölf Prozent belastet ihr Orte, die wir alle zum Leben brauchen.“

Bereits aktuell würde die Branche merken, dass sich Restaurantbesuche für Familien mittlerweile zum Luxusgut entwickelt haben.

Köln: IG Gastro mit dunkler Prognose: „Da wird bald nichts mehr sein“

Falls die Erhöhung kommt, habe nicht nur die Gastronomiebranche das Problem – die IG Gastro erklärt: „Trotz voller Terrassen, trotz vieler Gäste und dem Gefühl, es liefe doch super, stehen wir wirtschaftlich mit dem Rücken bereits zur Wand. Gestiegene Energiekosten, Rohstoffwarenpreise, Mindestlohnanhebung und nun diese Perspektive. Wir haben keinen Spielraum, diese Mehrwertsteuererhöhung abzufangen, wir müssen sie direkt an die Gäste weitergeben.“

Mauren Wolf von Oma Kleinmann auf der Zülpicher Straße hat eine ähnliche Ansicht: „Wir möchten weiterbestehen als ein Ort, der Geselligkeit, Gemeinschaft und Genuss bietet. Nicht nur für wohlhabende Menschen, sondern für alle Interessierten.“ Die Politik dränge die Menschen damit aus den Gaststätten, Kneipen oder Restaurants, beklagt die IG Gastro weiter.

„Dass, was gerade die Kölner Gastronomie ausmacht, Tisch an Tisch, unabhängig vom Jahreseinkommen zu sitzen, um sich auszutauschen, zu befreunden, sich zu streiten und einander mit seinen Sorgen und Nöten nicht aus den Augen zu verlieren – diese gelebte Gastro-Kultur wird sich sehr verändern“, heißt es im Brandbrief weiter. Und er endet mit einer dunklen Prognose: „Da wird bald nichts mehr sein, wo eure Eckkneipe mal stand.“

Die IG Gastro in Köln fordert zum Abschluss ihres Statements die dauerhafte Absenkung der Mehrwertsteuer auf sieben Prozent – damit der Kulturort Gastronomie für alle bestehen bleibt. In den Veedeln, der Innenstadt, dem Kölner Speckgürtel und ganz Deutschland.