Plötzlicher TodTrauer um Kölner Straßenpapst (†64): Er kannte jede Story

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Rüdiger Schümenann-Steffen ist Herausgeber des Kölner Straßenlexikons. Der Kölner Straßenpapst starb im Alter von 64 Jahren in seiner Heimat.

von Ayhan Demirci (ade)

Köln – Die kürzeste Straße Kölns? Raiffeisenstraße, hinterm Bahnhof (14,6 Meter). Die „schlüpfrigste“? Tangastraße in Nippes – benannt nach einem Hafenort in Tansania. Und die Sesamstraße? Die gibt es auch in Köln (Rondorf). Das sind Fakten, wie sie Rüdiger Schünemann-Steffen (RSS) liebte und zusammentrug. Jetzt trauern Freunde und Familie um den Kölner „Straßenpapst“: Der Autor des Kölner Straßenlexikons ist mit 64 Jahren gestorben.

Rüdiger Schünemann-Steffen: Der Kölner Straßenpapst ist tot

Die Familie teilte gegenüber EXPRESS mit: „Unser lieber Vater verstarb an seinem Herzleiden.“ Im engen Kreis sei er in Köln-Westhoven beigesetzt worden.

Vor 20 Jahren hatte Rüdiger Schünemann-Steffen die erste Ausgabe des Straßenlexikons herausgebracht, 2016 erschien bereits die dritte, eine von der GAG gesponsorte Auflage. Inhalt: 5600 Straßennamen samt Bedeutung, Jahr der Namensgebung, Länge der Straße, Nummer der Straße, früherer Name der Straße. RSS wühlte sich durch Archive und Verwaltungsinformationen.

Kölner Straßen waren sein Spezialgebiet: „RSS” ist verstorben

Zum Straßendetektiv war er geworden, als er sich fragte, was es mit der Ehrenfelder Fritz-Voigt-Straße auf sich hatte, in der er mal wohnte. Voigt (geb. 1882) war SPD-Politiker und Gewerkschafter – zwei Tage nach Stauffenbergs Hitler-Attentat am 20. Juli war auch er als Verschwörer verhaftet und später hingerichtet worden.

Nach der kürzlichen Umbenennung des Heinz-Mohnen-Platzes hatte sich der Schriftsetzer und Korrektor aus Holweide noch an die Redaktion gewandt und von weiteren problematischen Fällen erzählt. EXPRESS hatte gleichzeitig bei der Stadtverwaltung die Straßenumbenennungen der letzten Jahre zurückverfolgt. In Erinnerung an den Straßenpapst, der den Anstoß gab – hier die kuriosesten Fakten …

Kölner Straßen: Anwohner wollen Umbenennung – oder auch nicht

In Wahn erreichten die Anwohner eine Umbenennung der Straße „Unter der Pechnase“. Bei der Benennung hatte sich die Verwaltung an der Burg Wahn aus der Umgebung orientiert, dabei kamen „typische Bauteile einer Burg in Betracht“, eben die „Pechnase“ – unter der versteht man „einen kleinen, nach unten offenen, Vorbau an einer Burgmauer, der der Verteidigung durch den Bewurf des Belagerers und seiner Geräte mit Steinen oder dem Ausguss von siedenden Flüssigkeiten wie Wasser oder Öl diente“.

Den Straßennamen empfanden die Anwohner als grausam und beleidigend. Auf ihren Antrag entschied Politik eine Umbenennung der Straße, heute heißt sie „Zum Bergfried“.

Kuriose Geschichte um Poppelreuterstraße in Köln-Ostheim

Kurios auch die Geschichte um die Poppelreuterstraße in Ostheim. Sie würdigte Prof. Dr. Walter Poppelreuter (1886 bis 1939), bis 2012 öffentlich wurde: Der Psychologe und Neurologe war ein Anhänger Hitlers und verantwortlich für die Vertreibung eines jüdischen Leiters einer Kinderanstalt. Eine Umbenennung der Straße sah die Stadt als „unumgänglich“ an.

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Vor 20 Jahren brachte Rüdiger Schünemann-Steffen die erste Ausgabe des Straßenlexikons heraus.

Aber: Aus praktischen Gründen wollten die Anwohner die Poppelreuterstraße gerne behalten – und hatten Glück! Gab es doch einen anderen, unbedenklichen Herrn Poppelreuter. Jetzt ist die Straße nicht nach Walter, sondern nach Josef Poppelreuter (1867 bis 1919) benannt. Der war seit 1914 Leiter der Römischen Abteilung des Wallraf-Richartz-Museums.

Umbenannt: Ab 2014 wurde „Oma Kleinmann” geehrt

Umbenannt wurde auch die (Alfons) Stauderstraße. Der Vorsitzende des deutschen Ärztebundes kooperierte mit den Nazis. So wurde 2014 der Weg frei für eine beliebte Gastronomin – aus der Straße wurde der Paula-Kleinmann-Weg, in Erinnerung an Oma Kleinmann (1914 bis 2009), die beste Köchin von der Zülpicher Straße.