Liebe dein BrauchtumEt hätt noch immer jot geschmeck – was die kölsche Küche zu bieten hat

Olaf Goebbels bringt eine Platte mit Kölschen Tappas.

Köbes Olaf Goebbels von der Malzmühle am Heumarkt bringt eine Platte mit Kölschen Tappas.

Werden Sie mit EXPRESS zum Brauchtumsretter oder zur Braumtumsretterin! In einer neuen Serie stellen wir Ihnen das kölsche Brauchtum vor. Im fünften Teil geht es um kölsche Küche. 

von Philipp Meckert (pm)

Köln. Unser Brauchtum. Heimat, Gemeinschaft, Identität. Doch durch Corona, Krisen und den schnellen Wandel der Gesellschaft schlafen viele Traditionen, die  uns Eltern und Großeltern „met Hätz und Siel“ vermittelten, langsam ein. Jetzt aber kommt der Weckruf: Liebe Dein Brauchtum! Heute: Alles über die berühmte Kölsche Küche.

Die Kölsche Küche – man nehme jede Menge Tradition, mische dazu regionale Produkte und deftigen Zutaten, streue ein paar raffinierte Ideen ein, gebe ein Hauch Brauhausduft hinzu und serviere alles mit einem frisch gezapften Kölsch. Fertig! So einfach, so lecker, so erfolgreich.

Liebe dein Brauchtum: Kölsche Küche hat lange Tradition

Und das seit 2000 Jahren, denn Kölns Kochkunst wird bis auf die Esskultur im Römischen Reich zurückgeführt. Eine der berühmtesten römischen Feinschmecker, Marius Gavius Apicius, der mit am ältesten römischen Kochbuch arbeitete, lebte damals – in Köln. Über den Rhein kamen später im Laufe der Jahrhunderte viele Lebensmittel und Gerichte aus den Niederlanden und Flandern, stoppten nahe Dom – und flossen in die die rheinischen Rezepte und in die Kölschen Küchen mit ein.

So etwa die Vorliebe für Matjes oder Muscheln, die auf vielen Speisekarten in der Stadt stehen. Dr. Philipp Hoffmann vom Verein der „Freunde und Förderer des Kölnischen Brauchtums“ weiß: „Die Kölsche Fodderkaat ist voll von kulinarischen Genüssen. Jeder Kölsche Koch hat sein Spezialrezept, in den Familien Kölns werden die Rezepte über Generationen weitergegeben. Unzählige Anekdoten ranken sich um die typisch Kölschen Gerichte.“

Liebe dein Brauchtum: Halver Hahn, Himmel und Äd und andere Leckereien

An erster Stelle: „Natürlich der Halve Hahn, der bis heute für Verwechslung sorgt. Gemeint ist natürlich kein Brathähnchen, sondern ein Röggelchen mit Kies (mittelalt!), Mostert (Senf) und Öllig (Zwiebel). Ein simples Gericht, aber aus keinem Brauhaus wegzudenken.“

Halver Hahn: Ein Röggelchen mit Käse, Send und Zwiebeln.

Der Kölner Klassiker für Zwischendurch: Der Halve Hahn ist immer ein deftiger Leckerbissen.

Für etwas Verwirrung sorgt gelegentlich auch: „Der Kölsche Kaviar, bei dem nur die Farbe mit dem namensgebenden Fischrogen zusammenpasst. Denn anstatt echtem Kaviar thront auf dem Röggelchen Kölns bekannteste Wurst - die Flönz. Die schwach geräucherte Blutwurst ist – wie unser Kölsch, der Champagner und der Parma-Schinken – durch die EU geschützt. Sie ist ein absoluter Identitätsstifter – besonders wenn sie kross gebraten zu Himmel un Äd gereicht wird!“

Und warum eigentlich Himmel un Äd? „Der Himmel, das sind die Äpfel hoch oben am Baum. Die Erde, das sind die Erdäpfel – Kartoffeln also, gestampft. Beides vermischt ergibt zusammen mit der gebratenen Flönz den Himmel auf Erden. Doch egal wofür man sich entscheidet: Rievkoche, Decke Bunne met Speck, Soorbrode, Hämmchen – so schmeckt es nur in Köln!“

Ernst Vleer (61), Chef des altehrwürdigen „Colonia Kochkunstverein und Gasteria“ von 1884, Herr über 30.000 Mitglieder, größtenteils aus der Kölner Gastronomie, betont: „Es gibt kaum einen Menschen, dem die Kölsche Küche nicht schmeckt. Viele Städte haben gar keine eigene Eigenart, was das Kochen betrifft. Wir Kölner können also stolz auf unsere Küche sein.“ Vleer schmunzelt: „Und außerdem schafft unser deftige Essen eine gute Grundlage, um auch mal drei, vier Kölsch mehr zu trinken, ohne dass man ausfallen wird...“

Liebe dein Brauchtum: Das Geheimnis des 432 Jahre alten „Em Krützche“

Kölsche Nationalgerichte, saisonale Spezialitäten, deftige Leckerbissen: Im legendären, feinen Altstadtrestaurant „Em Krützche“, seit 1589 am Frankenturm, früher mit Geheimgang zum Dom, seit  50 Jahren in Händen der Familie Fehn, wird Brauchtum aufgetischt. Doch wer hier Kölsch bestellt – kriegt’s nicht.

Selbst US-Präsident Bill Clinton nicht, der mit einer illustren Runde 1999 einkehrte. Denn hier wird nur Bitburger getrunken – oder Wein. Warum? Anlass für Fragen an Chefin Sylvia Fehn-Madaus.

Warum gibt’s nur Pils?

Sylvia Fehn-Madaus: Wir dürfen nicht. Die Immobilie gehört der Bitburger-Brauerei. Und die Leuchtreklame hängt an der Hauswand.

Was macht für Sie die Kölsche Küche als Brauchtum aus?

Sylvia Fehn-Madaus: Die Möglichkeit eines geselligen Zusammenseins, unprätentiös und gesellschaftliche Schichten übergreifend. Wie beim Karneval –  in gepflegter, entspannter Atmosphäre.

„Em Krützche“-Chefin Sylvia Fehn-Madaus sitzt am Tisch und lächelt in die Kamera.

Prost! „Em Krützche“-Chefin Sylvia Fehn-Madaus mit Pils.

Welche Gerichte sind für Sie typisch Kölsch und warum?

Sylvia Fehn-Madaus: Bei uns Reibekuchen mit hausgebeiztem Lachs, Rheinischer Sauerbraten, allerdings vom Rind, kölsche Kartoffelsuppe und Matjes „kölsche Art“. Diese Gerichte können wir auch nicht von der Karte nehmen, es sind Klassiker für unsere Gäste.

Warum halten Sie weiter an der Kölschen Küche fest?

Sylvia Fehn-Madaus: Da wir ein Traditionshaus mit historischem Hintergrund sind, halten wir selbstverständlich an der deutschen Küche mit kölschem Touch fest.

Sehen Sie einen Trend?

Sylvia Fehn-Madaus: Sie wird zunehmend leichter und saisonaler interpretiert.

So viel Spaß macht der neue EXPRESS-Brauchtums-Pass

Der Brauchtums-Pass steckt im nächsten gedruckten Sonntag-EXPRESS. In ihm findet jeder Inhaber 16 Aufgaben, Zeit dafür ist bis 22.Oktober. Wer elf Stück gelöst hat, wird zum Brauchtumsretter und Gast eines tollen Treffens. Alle Aufgaben und der Pass werden noch einmal im EXPRESS am 24. August veröffentlicht.