KolumneKuscheljustiz: Das sagt Kölns schillerndster Anwalt dazu...

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Der bekannte Kölner Strafverteidiger Claus Eßer.
Köln – Dass die Kölner Justiz zu milde urteilt, ist ein seit Jahren etabliertes Vorurteil. Der bekannte und vor allem schillernde Kölner Strafverteidiger Claus Eßer räumt damit in seiner Promi-Kolumne gnadenlos auf:
Man hört es ja immer wieder. Kölner Kuscheljustiz, schwache Urteile und Straftäter, die sich über angeblich zu milde Strafen kaputt lachen. Für mich ist das ein großer Quatsch. Die Kölner Justiz macht in aller Regel sachgerechte Urteile. Der Ruf nach „Zero Tolerance“ macht unsere Stadt nicht sicherer.
Woher kommt das Vorurteil?
Woher das Vorurteil kommt, dass Kölner Richter zu lasch sind? In meinen Augen ist das der Lobbyarbeit der Polizeigewerkschaften geschuldet, die eine sehr offensive Öffentlichkeitsarbeit betreiben. Deren Ausführungen machen klar, dass sie von der Justiz und deren Arbeit keine Ahnung haben. Wie auch, sie haben ja kaum Volljuristen in ihren Reihen. Es ist sehr leicht, vom frustrierten Streifenbeamten zu sprechen, der unter Einsatz seines Lebens einen Ganoven dingfest gemacht hat, der dann von einem Richter wieder „laufengelassen“ wird. Als mache der Richter das nur, um den kleinen Beamten zu ärgern. Da fehlt es an Dialog.
Gerade nach den Vorkommnissen in der Kölner Silvesternacht habe ich beobachtet, dass das Strafmaß teilweise noch anzog, insbesondere bei Flüchtlingen der jüngsten Generation. Da gab es plötzlich Strafen ohne Bewährung, wo ein Deutscher noch eine Geldstrafe bekommen hätte. In meinen Augen bringt es auch gar nichts, Jugendliche zu mehreren Wochen Dauerarrest zu verdonnern. Die Arrestanstalten sind für mich Ausbildungsstätten für Kriminalität, weil die Kids sich da gegenseitig anstacheln und nur auf dumme Gedanken kommen.
Neue Richtergeneration ist professioneller
Vielleicht rührt das Image der Kölner Justiz auch von der älteren Richtergeneration. Gerade die 68er habe ich als sehr liberal und sozial engagiert erlebt. Die haben sich etwa in Institutionen engagiert, die Straftätern und Drogenabhängigen helfen, wieder ins Leben zurückzufinden. Das sieht man heute seltener. Die Kölner Richterinnen und Richter haben ihre Menschlichkeit nicht verloren, doch der Umgang ist professioneller geworden. Gleichzeitig herrscht aber einfach eine lockere Atmosphäre.
Rumgeschrien wird in den Sälen nicht mehr, früher war das schon eher an der Tagesordnung. Da wird mir auch nicht krumm genommen, wenn ich nach einer durchzechten Nacht mal ein paar Minuten zu spät zum Termin erscheine… Die Kölner Justiz feiert ja auch gerne.
Die Kölner Justiz ist auch gesellig
Richter, Staatsanwälte und Rechtsanwälte treffen sich etwa regelmäßig in großer Runde im Brauhaus, im Herbst gibt’s im Gerichtsgebäude ein großes Fest mit reichlich Kölsch. Manchmal sogar zu wenig Kölsch, dann geht’s weiter in die Eckkneipe.
Die Atmosphäre im Kölner Gerichtsgebäude ist weitgehend von gegenseitiger Achtung geprägt. Klar gibt’s da auch Ausnahmen. Junge Strafverteidiger etwa, die einem mit miesen Tricks die Mandanten abjagen wollte. Etwa, indem sie den Beschuldigten windige Versprechungen machen. Wären wir Strafverteidiger eine Fußballmannschaft, dann müsste man solche „Kollegen“ im Training mal ordentlich umgrätschen…
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(exfo)