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Einzigartig in DeutschlandRuth will Kölsch lebendig halten – Hunderte machen mit

Ruth Wolfram sitzt vorm Kölner Dom und lächelt.

Ruth Wolfram ist Seminarleiterin in der „Akademie för uns Kölsche Sproch“.

Dialekte verlieren an Bedeutung. Junge Menschen kommen immer seltener in Kontakt mit der Sprache, die noch ihre Großeltern-Generation sprach. Eine Kölnerin will das ändern – und bittet zum Kölsch-Abitur!

von Tim Schierenbeck (TS)

„Do bes noch nit lans Schmitz Backes.“ Mit diesem bekannten kölschen Spruch kann vermutlich nicht jeder etwas anfangen. Wie auch?

Diejenigen, die ihr levvelang in Köln leben, sind mit der kölschen Sproch mit Sicherheit schon einmal in Berührung gekommen. Die älteren Generationen haben es möglicherweise noch zu Hause gesprochen, die neue Generation kennt den Dialekt wohl nur noch durch die zahlreichen kölschen Lieder und den Karneval. Kann man Kölsch überhaupt noch lernen?

Kölsch soll erhalten bleiben – nur wie?

Diese Frage ist schnell beantwortet: ja. Im Mediapark, im Stadtteil Neustadt-Nord, befindet sich zwischen vielen Unternehmen der Medienbranche und Start-ups die „Akademie för uns kölsche Sproch“ der Stiftung „Kultur der Sparkasse Köln-Bonn“. Hier kann man sogar das Kölsch-Abitur machen.

Ruth Wolfram, geboren und aufgewachsen im Severinsviertel, machte ihr Abitur an der Kaiserin-Augusta-Schule in Köln, studierte danach Kunstgeschichte, Geschichte und Französisch. Nach ihrem Studium war sie zehn Jahre selbstständig im Bereich der Kultur. Während der Corona-Pandemie engagierte sie sich in der Akademie, seit 2021 ist sie fest angestellt und zuständig für Sprache und Seminare.

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Ihre Leidenschaft für die kölsche Sproch kommt nicht von irgendwo. Das Severinsviertel wird gerne als das „kölscheste“ aller Veedel bezeichnet. Ihre Eltern kommen ursprünglich nicht aus Köln, konnten den Dialekt somit auch nicht sprechen. Sie lernte Kölsch als Kind durch ihren Umgang im Veedel.

Die Sparkassenstiftung gründete die Akademie vor 40 Jahren als Geschenk für die Kölner Bürgerinnen und Bürger. Die kölsche Sproch hat die Stadt Jahrhunderte lang geprägt, verschwindet aber immer weiter – wie viele andere Dialekte auch. Daher ist der kölsche Dialekt als besonders schützens- und fördernswert eingestuft.

Zusammen mit Sprachwissenschaftlern entwickelte die Akademie zig Lehrbücher und „Das kölsche Wörterbuch“, das mit 24.000 Einträgen auf 1400 Seiten Menschen helfen soll, Kölsch lesen, sprechen oder schreiben zu lernen. Das Wörterbuch enthält sowohl alte kölsche Wörter als auch neue Wörter aus dem Deutschen, für die kölsche Wörter geschaffen oder die zumindest „eingekölscht“ wurden.

„Menschen von Mitte 20 bis Ende 70, die Kölsch lernen wollen“

Dieses Angebot nehmen nicht nur ältere Menschen in Anspruch. „Wir haben bei uns in der Akademie Menschen von Mitte 20 bis Ende 70, die Kölsch lernen wollen“, berichtet Ruth Wolfram. Die Motive sind dabei verschieden. Es gibt Menschen, die den Dialekt sprechen können, aber auch lernen möchten, ihn zu schreiben. Andere kommen in die Akademie, weil die Großeltern Kölsch gesprochen haben.

Die jüngeren Menschen wollen häufig die Bedeutungen der kölschen Lieder näher kennenlernen, von denen es übrigens über 15.000 gibt, die von der Kultur, den Veedeln und den Menschen in Köln handeln.

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Ein begehrter Abschluss der Akademie ist das Kölsch-Abitur. Dazu muss man zwei Seminare abgeschlossen haben. „Mer liere Kölsch“ ist das erste Seminar, sozusagen „Kölsch als Fremdsprache“.

Darauf folgt ein Erweiterungskurs oder ein Seminar in Stadtgeschichte, bei dem die Studierenden die Grundzüge der Stadtgeschichte von den Römern bis zur Neuzeit büffeln. „In der Akademie lernt man nicht nur die Sprache, sondern auch die Geschichte rund um Köln“, unterstreicht Wolfram. Nach einem Jahr erlangen die Teilnehmerinnen und Teilnehmer dann ihr Kölsch-Abitur.

Im vergangenen Jahr absolvierten 120 Studierende ihr Kölsch-Abitur

Danach ist allerdings noch nicht Schluss. Mit einem weiteren Jahr in der Akademie ist es möglich, ein Kölsch-Examen zu erlangen. Aber natürlich gibt es auch eine Steigerung des Examens. Es ist auch möglich, das Kölsch-Diplom zu erlangen.

Für die Diplomarbeit haben die Studierenden zwei Jahre Zeit, nach erfolgreichem Abschluss erhalten die Studierenden die höchste Auszeichnung, die die Akademie för uns kölsche Sproch zu vergeben hat.

Im vergangenen Jahr absolvierten 120 Studierende ihr Kölsch-Abitur, dieses Jahr machten bereits 50 Personen ihr Kölsch-Examen. Insgesamt hat die Akademie zurzeit 350 Teilnehmerinnen und Teilnehmer. Dieses System zum Erlernen eines Dialekts ist in Deutschland einzigartig. „Auch so mancher Kölscher wird erstaunt sein, was er alles noch nicht kennt“, so die Akademie.

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„Die Corona-Pandemie war auch für die Akademie nicht leicht“, erzählt Ruth Wolfram. Die Dozentinnen und Dozenten, die zum großen Teil aus Menschen im Ruhestand bestehen, mussten mit der Technik der Videokonferenzen vertraut gemacht werden. Die Online-Seminare hatten aber auch Vorteile: „Menschen, die früher mal in Köln lebten, jetzt aber im Ausland wohnen, konnten an unseren Seminaren teilnehmen“, berichtet sie.

Die Seminare sind für Erwachsene. Kinder sollen aber auch schon früh mit Kölsch in Kontakt kommen. Daher gibt es Lehrbücher für Kitas und Schulen, mit denen die Kinder den Dialekt lernen können. Seit der Pandemie gibt es auf der Internetseite zudem die Kategorie „För Pänz“, in der es auch digitale Angebote gibt, mit denen die Pänz Kölsch lernen können. Seit 2021 findet man dort zum Beispiel die Puppenfilme „Ara und die Kölschbande“.

Wolfram hofft, dass die Popularität des Dialekts wieder steigt: „Kölsch ist außerhalb Kölns lange nicht so präsent wie Plattdeutsch und Bayerisch, die vor allem durch die Medien transportiert werden, Kölsch kennt man höchstens durch die Karnevalssitzungen“, bedauert Wolfram. „Fü mih ist Köln wie e Geföhl, Heimat und Stadt der Gegensätze“, sagt Wolfram.