Vom Aushängeschild zum Chaos-KlubKölner Amateurverein steht nach dem Aufstieg vor dem Nichts

Die SG Worringen während eines Spiels in der Kölner Kreisliga D.

Kölner Amateurfußball: Die SG Worringen feierte vor zwei Monaten noch den Aufstieg in die Kreisliga C, jetzt steht der Verein ohne Mannschaft da.

Es ist wohl einer der größten Abstürze im Kölner Amateurfußball. Die SG Worringen, lange in den höchsten Verbandsklassen beheimatet, kann in dieser Saison keine Mannschaft stellen.

von Niklas Brühl (nb)

Es ist gar nicht allzu lange her, da war die SG Worringen im Kölner Amateurfußball eine echte Hausnummer.

Bezirksliga, Landesliga, sogar ein Jahr im Verbandsoberhaus, der Mittelrheinliga, steht in der Vita des 1971 gegründeten Vereins. Die SG war eines der Aushängeschilder Kölns, im Schatten der großen drei – FC, Viktoria und Fortuna.

Kölner Amateurfußball: SG Worringen nach dem Aufstieg ohne Mannschaft

Doch der Verein hatte auch in den vergangenen Jahren immer wieder den Ruf als Chaos-Klub weg. Spieler wurden für teures Geld in den Norden Kölns gelockt, in den Spielzeiten 2016/2017 und 2019/2020 wurden die Mannschaften in der Landesliga jeweils aus dem laufenden Spielbetrieb zurückgezogen.

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Ein Neustart sollte her – und der glückte: Von der Kreisliga D stieg die erste Mannschaft in diesem Sommer in die Kreisliga C auf. Alles sollte besser werden.

Doch jetzt wiederholt sich die Geschichte in Worringen: Der Verein tritt nicht in der Kreisliga C an, kann sogar gar keine Seniorenmannschaft stellen.

Die SG Worringen: vom Aushängeschild zum Chaos-Klub. Nach dem Rückzug in der Saison 2019/20 nutzte der Verein die Chance, einen radikalen Neustart zu starten. Erst in der Spielzeit 2021/22 gab es wieder eine Herrenmannschaft – statt Landesliga hieß es jetzt jedoch Kreisliga D, die „Niederungen“ des Amateurfußballs.

Doch die Maßnahmen trugen Früchte, es entwickelte sich über die vergangenen beiden Jahre eine homogene Mannschaft, die nach der abgelaufenen Saison mit dem Aufstieg in die Kreisliga C ihren vorzeitigen Höhepunkt erreichte. Die Mannschaft um Trainer Mikel Cholewa feierte den Erfolg ausgiebig, EXPRESS.de berichtete im Juni.

Hier geht es zu unserer EXPRESS.de-Umfrage:

Nun gibt es allerdings keine Mannschaft der SG Worringen in der Kreisliga C. Das Team wurde vor Start der Saison erneut zurückgezogen.

Cholewa und ein Großteil der Spieler tragen nun Schwarz-Rot anstatt Blau-Gelb, wechselten zur zweiten Mannschaft der Spvg. Rheindörfer Köln-Nord. Wie kam es zu diesem erneuten Bruch?

SG Worringen mit vielen Problemen

Ein Hauptgrund für die Massenabwanderung der Spieler und Trainer ist die Posse um den Bau eines Kunstrasenplatzes. Vom Verein hieß es lange, dass es noch im Jahr 2023 mit den Umbaumaßnahmen losgehen sollte. Dann hieß es 2024, mittlerweile ist es sogar komplett unklar, ob und wann die SG vom alten Aschenplatz auf einen modernen Kunstrasen umrüsten kann.

„Uns wurde gesagt, der Fall wird jetzt nochmal komplett aufgerollt und es ist frühestens Mitte nächsten Jahres mit einer Entscheidung zu rechnen. Das kann man den Spielern, die auch mit der Aussicht auf einen Kunstrasen in den Verein geholt wurden, natürlich irgendwann nicht mehr verkaufen“, sagt Mikel Cholewa gegenüber EXPRESS.de.

Das sieht auch der stellvertretende Abteilungsleiter im Fußballbereich der Worringer, Markus Kremp, ähnlich.

Wichtig zu betonen: Bei seinem Statement wird nicht die Meinung des Gesamtvereins, sondern lediglich die Meinung der Abteilung Fußball aufgezeigt.

Aschenplatz ist in einem schlechten Zustand – Kunstrasen fehlt

„Von uns aus gesehen ist es schade, dass unsere Erste uns verlassen hat. Die Jungs haben eine tolle Saison gespielt, wurden mit dem verdienten Aufstieg belohnt und ich denke, sie haben auch sonst sehr gut zu unserem Verein gepasst“, sagt Kremp gegenüber EXPRESS.de. „Dennoch kam es am Ende nicht überraschend, wir haben es kommen sehen.“

Der Aschenplatz ist in einem schlechten Zustand, wird aufgrund der Nähe zum Worringer Bruchs in den Herbst- und Wintermonaten regelmäßig überschwemmt. Auf dem benachbarten Rasenplatz hätte Seniorenmannschaft auch nur in den seltensten Fällen trainieren oder spielen dürfen.

„Am Ende ist es einfach: Uns fehlt ein Kunstrasenplatz. Viele umliegende Vereine haben den Kunstrasen bereits und sind dadurch attraktiver für viele Spieler“, bilanziert der stellvertretende Abteilungsleiter Kremp.

Dazu kommen aber auch noch weitere, strukturelle Probleme innerhalb der SG Worringen, sagt der Ex-Trainer Cholewa: „Wir haben als Seniorenfußballabteilung eigentlich durchweg das Gefühl gehabt, für den Gesamtverein nur Ballast zu sein. Auf unserer Abschlussfeier hat sich keiner vom Vorstand blicken lassen. Darüber war die Mannschaft, vor allem nach dem Aufstieg, ziemlich traurig.“

Mit den Verantwortlichen der Fußballabteilung habe immer ein guter und respektvoller Austausch stattgefunden. „Aber alles, was darüber hinaus ging, stellte sich als äußerst schwierig dar“, sagt Mikel Cholewa.

So reifte in vielen Spielern über die Sommerpause hinweg die Entscheidung, den Verein zu verlassen. Daraus entstand eine Kettenreaktion und die Mannschaft brach letztendlich komplett auseinander.

Ex-Trainer der SG Worringen: „Einem werden immer wieder Steine in den Weg gelegt“

Danach sollte die zweite Mannschaft der SG Worringen, die im vergangenen Jahr mit einem Punkt Letzter in der Kreisliga D wurde, den Startplatz in der C-Klasse antreten. Das wollte die Truppe jedoch nicht und jetzt ist es (wieder einmal) so weit gekommen, dass die SG Worringen überhaupt keine Herrenmannschaft stellen kann.

Mikel Cholewa blickt auf seine Zeit in Worringen zurück: „Natürlich schaut man auch mit einem weinenden Auge darauf. Es war eine intensive Zeit, ich habe auch viele nette Menschen im Umfeld des Vereins kennengelernt und wir wollten dort zusammen wieder etwas aufbauen. Leider werden einem allerdings immer wieder Steine in den Weg gelegt.“

Wie geht es jetzt weiter mit der SG Worringen? Markus Kremp äußert sich klar: „Ich denke, solange unsere Platzsituation sich nicht zum Positiven verändert, ist es sinnlos einen neuen Anlauf in Richtung Seniorenfußball zu nehmen. Nun konzentrieren wir uns auf den Kinder- und Jugendbereich.“

SG Worringen setzt jetzt auf den Nachwuchsbereich

Gerade in den niedrigen Altersklassen sei der Verein sehr gut besetzt. „Viele Kinder aus dem Umfeld lernen bei uns zu kicken und identifizieren sich mit unserem Verein, das ist das, was wir sein wollen, ein Dorfverein“, sagt Kremp.

Ein Vergleich zu den früheren Abstürzen der Seniorenmannschaft will Kremp allerdings nicht ziehen: „Ich denke, das Heute und das Damals kann man nicht vergleichen. Früher war der Worringer Fußball mit vielen Geldgebern gesegnet, sowohl Privatleute als auch die umliegende Industrie haben einen großen finanziellen Beitrag geleistet. Als diese Geldquellen versiegten, waren auch die bezahlten Spieler sehr schnell weg und damit der Abstieg aus der Landesliga besiegelt.“

Heute habe sich die Situation grundsätzlich geändert. So würde es das „große Geld“, womit die Abteilung noch immer in Verbindung gebracht werde, nicht mehr geben. „Wir haben immer noch viele Unterstützerinnen und Unterstützer, für die wir sehr dankbar sind, aber es ist nicht unser Ziel, Spielerinnen oder Spieler zu bezahlen. Die Jungs und Mädels sollen zu uns kommen, um ihrer Leidenschaft nachzugehen und nicht um Geld zu verdienen. Dafür sind wir die falsche Station“, sagt Kremp.

Früher erst-, heute unterklassig

Ex-Profis in den Niederungen des Amateurfußballs

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Cholewa und sein Trainerteam kümmern sich nun um die zweite Mannschaft der Spvg. Rheindörfer, coachen das Team in der Kreisliga B in Köln: „Wir haben nach zwei Spielen einen Punkt, allerdings zweimal in der Nachspielzeit noch einen empfindlichen Gegentreffer hinnehmen müssen, sonst hätten es gut und gerne auch schon vier sein können. Wir sind auf einem guten Weg.“

Allerdings nicht nur sportlich, wie er sagt: „Man muss schon sagen, dass bei den Rheindörfern viel Wert auf ein familiäres Zusammenarbeiten gelegt wird, weniger auf leere Worte.“ Und die SG Worringen? Die steht mit ihrer Fußballabteilung jetzt vor dem x-ten ungewissen Neuanfang.