„Etwas verstört“Kölner TV-Arzt „Doc Esser“ zeigt sein Totenkopf-Tattoo

Dr. Heinz-Wilhelm Esser macht im WDR den Gesundheitscheck

Die Schlägermütze ist „Doc Essers“ Markenzeichen. Er macht im WDR den „Gesundheits-Check“.

Dr. med. Heinz-Wilhelm Esser – bekannt als Gesundheits-Doc Esser aus dem WDR. Er spricht über sein Leben als „Optimistenschwein“, warum er mit Fitnesstracker-Fans wenig anfangen kann und über sein Totenkopf-Tattoo.

von Andrea Kahlmeier (ak)

Jede und jeder duzt ihn – und er duzt zurück. Kellner Michael grinst, stellt „Doc Esser“ im Kölner „Schmittchen“ ungefragt ein Kölsch hin: „Komm runter Heiwi, du bist mal wieder hyperaktiv.“ Nö, aber Dr. med Heinz-Wilhelm „Heiwi“ Esser (48) verbreitet einfach gute Laune.

Ob man es sich antrainieren kann, ein „Optimistenschwein“ wie er zu sein und Niederlagen lockerer wegzustecken, verrät Doc Esser („Der Gesundheits-Check“) im großen Gespräch mit EXPRESS.de.

Der WDR-Gesundheitsapostel trinkt am späten Nachmittag schon ein Kölsch – wie geht das denn zusammen?

Doc Esser: Klar, Alkohol ist ungesund, übrigens selbst das viel gepriesene Glas Rotwein. Den müsste man nämlich literweise süppeln, damit die sekundären Pflanzenstoffe ihre Wirkung entfalten. Aber Gesundheit fängt im Kopf an. Gegen ein gelegentliches Feierabendbier ist nichts einzuwenden. Ich kann mit den ganzen Fitnesstracker-Fans, die jedes Haferkorn einzeln abwiegen, nicht viel anfangen. Gut, dann werden die Asketen 105 – aber ohne gelebt zu haben. Schöner ist es, genussvoll alt werden wie mein Vater, der mit 72 noch mit seinen Enkeln Fußball spielt wie mit 40. 80 ist heute kein Alter mehr – Frauen mit 60 gehen oft als Anfang 40 durch. Was man vom männlichen Geschlecht leider nicht immer sagen kann.

Wie gesund leben Sie denn?

Doc Esser: Ziemlich. Ich treibe viel Sport, bin Flexitarier; heißt, ich esse selten Fleisch, achte darauf, dass die Produkte saisonal und regional sind, koche meist frisch. Aber alles, ohne verbissen zu sein. In Zeiten, in denen ich beruflich allerdings total beansprucht bin, verzichte ich schon mal komplett auf Fleisch, Zucker und Alkohol.

Im WDR heißt es: „Doc Esser macht den Westen fit“. Wie ist das Feedback?

Doc Esser: Ich erhalte viele Zuschriften, empfinde es als größtes Lob, wenn mir jemand schreibt, dass er angefangen hat, regelmäßig zu walken, seine Medikamente absetzen kann. Als Arzt habe ich ständig mit chronischen Wohlstandserkrankungen zu tun. Bluthochdruck, Gicht, Diabetes schon mit Mitte 30. Leute, das muss nicht sein!

Oberarzt, TV-Moderator, Musiker, Autor, Tonstudio-Besitzer, neuerdings Mit-Initiator einer medizinischen Behandlung für Obdachlose im Rechtsrheinischen (CAYA e.V.). Sehen Sie Ihre Kinder noch?

Doc Esser: Sie sehen mich aus ihren Augen vielleicht viel zu viel (grinst). Ich lebe getrennt, wir praktizieren das „Fifty-fifty“-Modell. Da ich vor kurzem meine Stelle gekürzt habe, auch viel von zu Hause aus schreibe und bearbeite, habe ich viel Zeit für sie.

Wie entspannen Sie?

Doc Esser: Das Schönste und Entspannendste für mich ist, mit meinen Kindern an die Nordsee zu fahren, meist mit dem Zug nach Sylt, am Strand sitzen, ihnen mit einer Dose Bier in der Hand beim Spielen zuzuschauen. Ich bin nicht so der Partytyp, gehe abends kaum in Kneipen.

Klingt trotzdem, als müsste eine Mütze Schlaf Ihnen häufig reichen.

Doc Esser: Das war früher wirklich mal so, da kam ich schon mit vier Stunden aus. Darf ich ja eigentlich kaum laut sagen, aber zu Beginn meiner Arztlaufbahn habe ich neben der vollen Stelle noch nachts eine halbe Stelle bei der Feuerwehr Köln als Notarzt gehabt. Ich habe diesen Job geliebt, so ein echtes Batman-Feeling, wenn ich da morgens zwischen 5 und 6 durch Köln gefahren bin. Um heute wirklich fit zu sein, brauche ich schon meine sechs bis sieben Stunden Schlaf.

Doc Esser zeigt Totenkopf-Tattoo mit Leuchtturm auf der Brust 

Wenn Sie sich bei allen Aktivitäten für einen Beruf entscheiden müssten: Welcher wäre das?

Doc Esser: Ganz klar: Arzt. Ich bin wirklich von Herzen Arzt. Das war nicht immer so, ich war lange so ein Berufsjugendlicher, hab’ meine Mutter fast zum Weinen gebracht, als ich mit 25 endlich mit dem Studium fertig war, ich sie anrief und sagte: „Mama, ich bin jetzt Arzt, aber mach’ als Musiker erst mal Profi-Mucke.“ Glücklicherweise bin ich dann unter die Fittiche von Prof. Thoma beim Klösterchen in Köln gekommen, habe schnell gemerkt: Die Arbeit macht so viel mehr Sinn. Möchte ich nicht missen.

Mit all Ihren Tattoos kommen Sie optisch einem Rockmusiker schon näher als dem lieben Dr. Brinkmann aus der Schwarzwaldklinik. Wie viele Tattoos haben Sie?

Doc Esser: Kann ich nicht sagen, eigentlich am ganzen Körper. Viele sind aus einer Laune heraus entstanden. Bei diesem Leuchtturm mit Totenkopf auf der Brust (zieht grinsend sein T-Shirt runter) war ich am nächsten Tag selbst etwas verstört, wie groß der ist.

Sind Sie eitel oder warum tragen Sie immer Schieber-Mütze?

Doc Esser: Die habe ich schon immer getragen, selbst zu der Zeit, als ich noch Haare hatte – und zwar Dreadlocks bis zum Hintern. Die Kappe ist mein Markenzeichen – beruflich wie privat. Wenn ich eitel wäre, würde ich mich im Fernsehen bestimmt nicht mit Hula-Hoop-Reifen oder auf Rollschuhen zum Affen machen. Ich denke mir aber, wenn die Menschen sehen: Hey, Doc Esser kann das auch nicht sofort, trauen sie sich eher, was Neues auszuprobieren.

Es heißt ja, Lachen sei die beste Medizin. Sie lachen auf fast jedem Foto. Kann man es sich antrainieren, glücklich zu sein?

Doc Esser: Natürlich gibt es Menschen, die werden mit einem Hang zur Melancholie geboren – oder es gibt Optimistenschweine wie mich. Ich habe bestimmt viele Niederlagen wegstecken müssen – aber die sehe ich nur als Punkte auf der Lebenslinie, aus denen man lernt, um es besser zu machen. Ich behaupte, Resilienz – also die psychische Widerstandsfähigkeit – kann man bis zu einem gewissen Grad trainieren wie einen Marathonlauf. Manche können direkt lossprinten, andere müssen halt länger üben. Studien belegen, dass die Laune gleich besser wird, wenn man die Mundwinkel nach oben zieht.

Was wünschen Sie Gesundheitsminister Karl Lauterbach?

Doc Esser: Er könnte auch mehr lachen. Nein, im Ernst: Das ist endlich mal ein Minister, der vom Fach kommt und Ahnung hat. Ich finde ihn gut und verstehe nicht, warum man es ihm als Schwäche auslegt, wenn er eine Nacht über eine schwierige Entscheidung geschlafen hat und sie am nächsten Tag zurücknimmt. Zeigt doch Charakterstärke.

DAS IST DOC ESSER Dr. med. Heinz-Wilhelm „Heiwi“ Esser wurde in Mönchengladbach geboren, ist durch den WDR bekannt geworden als „Doc Esser“. Er leitet nicht nur als Oberarzt die Sektion Pneumologie am Sana-Klinikum in Remscheid, er ist außerdem Fernseh-, Podcast- und Hörfunkmoderator („Gesundheits-Check“, „Doc Esser macht den Westen fit“, „Frag dich fit – mit Doc Esser & Anne Schneider“).

Auch als Autor, Unternehmer und Musiker (er spielt Gitarre, Klavier und Akkordeon) hat er viele Fans. Im Sommer geht er mit dem Infotainment-Programm „Gesund gestorben ist trotzdem tot“ wieder auf Tour (u.a. im Gloria in Köln am 17. August). Esser lebt in Köln-Junkersdorf und ist Vater von vier Kindern.