Dummse Tünn gegen Schäfers NasKölner Polizist: So endete die Ringschlacht wirklich

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Ex-Polizist Jochen Skala erlebte das Chicago am Rhein noch hautnah mit.

von Markus Krücken (krue)

Köln – TV-Dokumentationen, Bücher wie „Wenn es Nacht wird in Köln“: Das berüchtigte Kölner Milieu der 70er und 80er Jahre.

Die einen halten die Protagonisten von einst wie Schäfers Nas für Haudegen mit Ganovenehre, viele empören sich dagegen, wenn die heute noch lebenden Gestalten wie „Der lange Joe“ auf der Straße jubelnd erkannt werden und sogar Autogramme geben.

Köln: Ex-Polizist schildert seine Milieu-Erfahrungen

Auf EXPRESS.de erinnern wir zum Jahresende mit Episoden an die wilde und oft kriminelle Vergangenheit, die als Chicago am Rhein zu Köln gehörte, aber nicht verklärt werden darf.

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Heute veröffentlichen wir Anekdoten von Ex-Polizist Jochen Skala aus dem oben erwähnten Buch von Roland Bebak.

Er war von 1969-1975 Streifenpolizist im Milieu und unter anderem Zeuge bei der legendären Ringschlacht zwischen Dummse Tünn und Schäfers Nas.

Das Interview.

Warum sind Sie Polizist geworden?

Skala: Ich hab das gemacht, weil ich während meiner Schulausbildung Ferienjobs gemacht habe, die mir überhaupt nicht gefallen haben. In Fabriken. Oder auf dem Bau zu Hause. Da habe ich beim Zementsäcke schleppen zu mir gesagt: Arbeite am besten MIT Menschen FÜR Menschen. Deshalb bin ich zur Polizei. Aber ich habe mir nicht überlegt, was mich im Rahmen der Kriminalität da erwarten könnte.

Was war Ihr gefährlichster Einsatz?

Skala: Ich hatte das Glück oder Pech, bei dem Zugriff von Gladbeck auf der Autobahn dabei zu sein. Ich verstehe, dass Journalisten immer direkt davor waren. Aber sie haben es übertrieben. Ansonsten habe ich richtig gefährliche Einsätze so nicht erlebt.

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Dummse Tünn alias Anton Dumm erlitt 2016 einen Schlaganfall.

Wie waren die Milieu-Größen zu den Polizisten, wenn es zur Sache ging?

Skala: Ich hab in dieser Zeit bei Auseinandersetzungen im Milieu Erlebnisse mit den Größen gehabt. Ich kann mit Fug und Recht behaupten: Mit uns vom Streifendienst hat keiner Theater gemacht. Dieser gewisse Respekt, den es heute in vielen Bereichen gar nicht mehr gibt, den hatte damals der sogenannte Milieu-Typ. Wir fuhren damals in einem Ford Transit, sechs Mann, wenn wir zu einer großen Schlägerei gerufen wurden.

Köln: Schäfers Nas half der Polizei mit Ohrlaschen

Skala: Aber es konnte ja auch passieren, dass Situationen unterschätzt wurden und du mit zwei Mann da standest. Wenn der Herr Schäfer das sah, ach du lieber Gott, das sind zu wenig Schutzleute, die sind überfordert. Da ist einer, der wegen Drogen am Rad dreht, da sagte der: „Das kriegt ihr nicht geregelt, wir machen dat.“

Er ging dann zu dem Täter rüber und sagte: „Pass auf, die Schmier ist da, jetzt ist hier Ruhe“. Wenn der Typ trotzdem weiter machte, gab Schäfer dem eine Ohrlasche. Und das Thema war erledigt. Das habe ich wirklich erlebt. Ich kann nicht von anderen Kollegen sprechen, aber ich habe nie erlebt, dass es zu Widerständen kam. Die hatten ihre Linie, klar, vielleicht wollten sie auch auf lieb Kind machen.

Die Sache mit dem Domkreuz war ebenfalls typisch. Schäfers Nas brachte es über seine Milieu-Kontakte bekanntlich dem Domprobst zurück. Klar wusste die Nas, wer das Kreuz gestohlen hatte. Aber er hat es sich für sich behalten. Das war die damalige Ganovenehre.

Haben Sie dafür noch ein Beispiel?

Skala: Ich hab in der Sommerzeit viel Motorradstreife gefahren. Irgendwann sagte der Dienstgruppenleiter zu meinem Partner und mir: „Ihr müsst mal 'ne Knolle machen. Die fragen schon von oben, seid ihr blind?“ Ich sagte: „Es ist doch wichtiger, Einsätze zu fahren als Verkehrsteilnehmer abzuzocken.“ Aber dann fügte ich mich und wir fuhren zur Achterstraße am Chlodwigplatz. Auch heute noch fährt da jeder durch.

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Sorgte im Milieu für Angst und Schrecken: Hein Schäfer, alias Schäfers Nas.

Wir wussten, in einer Viertelstunde würden wir drei Knollen haben. Wir hatten gerade die Motorräder abgestellt, da fuhr auch schon ein schwarzer Chevi rein. Wer stieg aus? Schäfers Nas. „Jungens wat wollt Ihr?“ Ich sagte: „So wie ich es sehe, ist das kein Taxi. Ein KVB-Bus ist ihr Auto auch nicht.“ - „Ne.“ - „Und wohnen tun Sie hier auch nicht.“ Er: „Haste Recht. Was kostet das?“ Mittlerweile gab es eine Schlange. Die Autos hinter ihm kamen auch nicht mehr weg. „Was müssen die hinter mir denn bezahlen?“ Ich: „Alle nen Zehner.“ Da gab er mir nen Hunderter. „Stimmt so. Ich zahle für die mit. Den Rest tust du in deine Kasse.“ Das war Anfang der 70er. Erlebnisse wie dieses werde ich nie vergessen.

Und wie war das mit der Ringschlacht?

Skala: Das war mein Einsatz. Am Friesenplatz. Über die 110 haben Leute wegen einer Schlägerei angerufen. Wir wussten nicht, um wen es ging. Als wir in den Laden kamen, standen sie da: Schäfers Nas und Dummse Tünn. Man sah sofort, was los war. Dummse hatte einen Kopf wie ein Eierkarton. Es war klar, dass die sich zerhackt hatten und Tünn verloren hatte. „Was ist passiert?“, fragte ich.

„Nichts. Wir haben gekegelt“, sagte der Tünn. „Na, danach sieht das aber nicht aus.“ Aber was sollten wir machen? Schlägerei vorbei, keine weiteren Erkenntnisse - das wars. Heute sind die Beamten ja gezwungen, alles aufzunehmen. Wir damals konnten das einfach vor Ort dengeln.