Einst erfolgreich in KölnEx-Manager von Jürgen Drews: Sein harter Corona-Absturz

18-07-02Kurt_Kokus

Kurt Kokus (r.) im Studio mit Andreas Melzer. Goldene Schallplatten hängen an der Wand.

von Markus Krücken (krue)

Köln – Ein Jahr fast komplett ohne Auftritte. Das Durchhalten fällt immer mehr Vertretern der Kulturszene zunehmend schwerer.

Kurt Kokus (57) war als Manager von Jürgen Drews, Produzent und Entertainer im Kölner Karneval vor Corona lange eine Marke und erfolgreich. Auch er kämpft jetzt.

  • Kurt Kokus war jahrelang der Manager von Jürgen Drews
  • Der Entertainer hat wegen Corona Arbeitslosengeld 2 beantragt
  • Im Interview spricht der Musiker von Selbstmorden unter Kollegen

Im Interview schildert der bekannte Trompeter und Spaßmacher aus Marienheide schonungslos offen, wie bitter es um ihn und die ganze Branche bestellt ist.

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Herr Kokus, vor fast genau einem Jahr erfolgte der erste Lockdown. Seitdem haben Sie bekanntlich quasi Berufsverbot. Wie leben Sie heute?

Kokus: Wir Musiker haben ja leider keine Lobby, es passiert ja so richtig eigentlich nix. Nicht wenige Kollegen mussten Hartz 4 beantragen, das nennt sich ja jetzt Arbeitslosengeld 2. Mein Steuerberater riet mir auch, ALG 2 zu beantragen, weil man das nicht rückwirkend beantragen kann für den Fall, dass die Soforthilfen abgelehnt werden.

Im November 2019 hätte ich das niemals gedacht: Damals öffnete ich mit meiner Frau eine Flasche Champagner auf den mit Auftrittsterminen gefüllten Kalender 2020/2021.

War die Beantragung von ALG2 eine Überwindung für Sie?

Kokus: Auf jeden Fall war es eine Überwindung, ich habe selbst einst vor über 30 Jahren als Mitarbeiter beim Sozialamt gesessen und mir gesagt: Da auf der anderen Seite willst du nie sitzen. Leider sitzt man jetzt aber unverschuldet dort.

Kurt Kokus: Ex-Manager von Jürgen Drews muss Hartz IV beantragen

Wie hoch beziffern Sie die unverschuldeten Verluste für Sie persönlich?

Mir sind locker bis jetzt 200 000 Euro (Brutto-Umsatz) um die Ohren geflogen und es ist ja noch lange kein Ende in Sicht. Meine sechs Standbeine: Auftritte, Eventplanung, Management, Komponieren, Texten und Verlegen sind mir komplett weggebrochen. Corona gilt als höhere Gewalt und dann ist es so, als wenn es vereinbarte Verträge nie gegeben hätte.

Was war der bitterste Moment in der Zeit?

Kokus: Ich war einmal mit einem Musikerkollegen in der Fußgängerzone. Wir haben für die Leute musiziert und einen Hut aufgestellt. Es dauerte keine halbe Stunde und wir wurden vom angerückten Ordnungsamt ermahnt und des Platzes verwiesen.

Der Hut solle acht Meter weit weggestellt werden wegen Abstand, Gefahr eines Menschenauflaufs und Aerosole usw.. Immerhin waren schon knapp 100 Euro drinnen. Und dann war der Auftritt auch schon mit einer eindringlichen Ermahnung gelaufen.

Sie sind als Komponist und Texter eine Marke. Was ist mit der GEMA?

Kokus: Klar habe/hatte ich erfolgreiche Titel, goldene Schallplatten, sogar Platin. Doch am meisten verdienst du, wenn die Künstler auftreten und die Lieder live vortragen. Da das so gut wie gar nicht in 2020/21 stattgefunden hat bzw. stattfindet, kommen in 2021und 2022 auch keine nennenswerten Gema-Einnahmen (Auszahlungen immer im Folgejahr) rein.

Was können Sie jetzt tun?

Kokus: Ohne meine Frau, die einen guten Job hat , wüsste ich nicht weiter. Es bleibt mir nur positiv nach vorne zu schauen und mich in Arbeit zu stürzen. Ich bin viel in diversen Studios in ganz Deutschland unterwegs. Komponiere und texte fröhlich mit den Kollegen drauflos.

So haben wir zum Beispiel einige Titel bei Helene Fischer angeboten, einen Titel „Willst Du mich lieben bis morgens um 7“ auf dem Best of-Album von Anna-Marie Zimmermann platziert und die aktuelle Single „Ich würd´ so gerne noch einmal so wie früher“ für Ireen Sheer geschrieben.

Was bereitet Ihnen noch Sorgen?

Kokus: Es ist schon sehr, sehr schwierig, wenn man alleine ist als Soloselbständiger. Aber verhungern werde ich nicht, dafür werden meine Frau und die Kinder schon sorgen. Ich bin immer ein bekennender Optimist getreu dem Motto . „Et hätt noch immer jot jejange“ Aber es gibt aber auch die Menschen und Kollegen, die das nicht so wegstecken.

Was ist Ihre Hoffnung?

Kokus: Ich hoffe, dass wir Künstler und unsere gesamte Branche endlich bei den Politikern und unserer Gesellschaft mehr Anerkennung und Gehör finden. Ich bin ein Freund des Föderalismus, aber in Deutschland haben wir so das Problem, dass die Zuständigkeit für Kultur in den einzelnen Bundesländern angesiedelt ist. In anderen Staaten ist das Chefsache, da werden Pauschalen, angelehnt an die Vor-Corona-Einkünfte, an die Künstler bezahlt und es wird nicht lange diskutiert. Weiter wünsche ich mir dass in Deutschland endlich im Radio eine „deutsche Quote“ von mindestens 50 Prozent eingeführt wird. Im Moment sind wir glaube ich nur bei 8 Prozent%.

Das heißt?

Kokus: Soll heißen, dass die einheimische Musik mehr gefördert wird, wie es in vielen anderen Ländern gehandhabt wird. Milliarden an Gema werden deshalb außerhalb von Deutschland ausgezahlt.. Durch Einführung der Quote könnten viel mehr Gema-Gelder an unsere Künstler ausgezahlt werden.