Millionen-KlageKoma-Knacki verliert Pflegekosten-Prozess gegen das Land NRW

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Güclü liegt verkrampft in einem Leverkusener Pflegeheim. Seit dem Selbstmordversuch 2012 befindet er sich im Wachkoma.

von Philipp Meckert (pm)

Köln – Ein im Wachkoma liegender Kölner Häftling (34) verklagte   das Land NRW auf Schmerzensgeld und Schadenersatz in Millionenhöhe. Hat die JVA Fehler gemacht?

EXPRESS berichtete über den aufwühlenden Fall um Häftling Fatih Güclü aus Köln-Buchforst, der reglos am Zellenfenster in der JVA Aachen hing. Um 9 Uhr entdeckten Bedienstete den Suizidenten, erst 9.09 Uhr wurde der Notarzt verständigt.

10.000 Euro Pflegekosten pro Monat

Sein Leben konnte gerettet werden, doch der Mann fiel ins Wachkoma. Güclü, vertreten durch die Rechtsanwältin seiner Familie, verklagte NRW auf lebenslange Übernahme der  Pflegekosten (10.000 Euro pro Monat) und 500.000 Euro Schmerzensgeld. Das Landgericht Aachen wies jetzt die Klage wegen Amtshaftung ab.

Die Entscheidungsgründe  werfen ein Schlaglicht auf das brutale Leben hinter Gittern – auf beiden Seiten. So war Güclü einer der gefürchtetsten Knackis. Immer wieder prügelte er  auf Wärter ein, baute sich tödliche Waffen.

Totschläger aus Wasserglas und Strumpf gebaut

Er verbog eine Gabel in seiner Faust zu einer Art Schlagring, die Zinken schauten heraus. Oder er füllte ein Glas mit Wasser, steckte es in einen Strumpf – fertig war der Totschläger.

Auch deshalb sah der Richter „keine Amtspflichtverletzung“ darin, den Mann, der Wärter so oft in Fallen lockte, nicht sofort aus der Schlinge zu holen. Auch dass die JVA keine Defibrillatoren zur Wiederbelebung griffbereit hatte, sei nicht pflichtwidrig.

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Vor Gericht: Die Kölner Rechtsanwältin Corinna Born mit Vater Fehmi und Bruder Muhammet (re.)

Die Aussagen der JVA-Bediensteten vor Gericht wichen aber von den vorigen Aussagen beim Staatsanwalt ab. Warum? „Der hat so komisch gefragt“, sagte ein Schließer nur.

Auch die Frage, warum ein so selbstzerstörerischer Häftling nicht videoüberwacht wurde, beantwortete das Gericht. Es sei nicht „zumutbar“ gewesen.

Eine Plexiglastür vor der Zelle hätte gereicht: „Der Kläger konnte dadurch einen abgeschirmten räumlichen Bereich frei von dauerhafter Überwachung zur persönlichen Entfaltung nutzen“, so der Richter.

Die Anwältin der Familie will in Berufung gehen.

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(exfo)