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„Sind Sie eine jüdische Aktivistin?“Kölnerin legt sich mit Pink-Floyd-Legende an

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Malca Goldstein-Wolf bekam Hassmails aus aller Welt.

von Chris Merting (mert)

Köln – Malca Goldstein-Wolf sagt, ihr Lebensmittelpunkt sei Köln. Geboren in Frankfurt, kam sie als kleines Mädchen nach Köln. Ebenso als Mädchen konvertierte sie mit ihrer Mutter zum jüdischen Glauben. 

Ihr Vater wurde in Rumänien geboren, kam als Kind nach Palästina, so dass er der Shoah entkam. Er diente im jungen Staat Israel, kam nach Deutschland, wo der seine Ehefrau kennenlernte - damals noch eine Christin.

Malca Goldstein-Wolf hat eine Filial-Modekette geleitet und viele Jahre Obdachlose und Kinder aus sozialschwachen Familien in der Arche e.V. betreut.

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Express: Frau Malca Goldstein-Wolf, Sie werden in Diskussionen im Netz als „jüdische Aktivistin“ bezeichnet. Mit dem Ausdruck habe ich mich noch nicht so ganz angefreundet. Eine Aktivistin ist eher eine knallharte Kämpferin. Das bin ich eigentlich nicht. Aber manchmal bleibt einem mit dem Namen Goldstein nichts anderes übrig, als aktiv zu werden.

Wie wurden Sie zur „jüdischen Aktivistin“? Ich habe mich vor zehn Jahren bei Facebook angemeldet, eigentlich um meinen Sohn ein bisschen zu kontrollieren. Naiverweise habe ich das mit meinem Klarnamen gemacht. Und da habe ich angefangen, den „Tatort“ zu kommentieren oder einen Beitrag der „Brigitte“. Dann habe ich schnell festgestellt, dass das mit dem Namen Goldstein gar nicht so einfach ist.

Wie meinen Sie das? Selbst wenn es um banale Dinge geht, werden sie angegriffen. So erwiderte etwa jemand einer „Tatort“-Kritik von mit der Bemerkung: „Ach, die Juden wieder ...“

Wann spürten Sie solche Anfeindungen zum ersten Mal? Als kleines Mädchen. Ich kann mich gut erinnern, als damals eine Mitschülerin in der Schule zu mir gerufen hat: „Dich hat man wohl auch vergessen, zu vergasen.“ Ich habe das damals nicht verstanden.

Wenn Sie sich in Köln bewegen, spüren Sie dann im Alltag Antisemitismus? Wenn ich meinen Namen sage folgen oft „unnatürliche Nachfragen“ nach Herkunft und Judentum.

Aber das kann doch auch Interesse oder Neugier sein? Das stellt sich heraus, nachdem ich geantwortet habe, „ja, das ist ein jüdischer Name“. Aber, selbst wenn man dann beim Kauf von Tickets zu hören bekommt: „Das ist nicht richtig, was die Israelis mit den Palästinensern machen!“ An dem Punkt ist das kein normales Interesse mehr. Wenn dann noch jemand von Israel als Apartheidstaat spricht, der kritisiert nicht mehr, der diffamiert, weil es nicht der Wahrheit entspricht.

Hat derartiges zugenommen? Ja. Und es ist ein muslimischer Antisemitismus dazugekommen, den ich für aggressiver halte als den, den wir von der rechten Szene kennen. Vor nicht allzu langer Zeit hätte ich mir keine Gedanken gemacht, hier in Deutschland mit einer Kippa über die Straßen zu laufen. Das ist heute anders.

Sind Sie religiös? Nein. Null. Ich feier keine jüdischen Feiertage.

Was bedeutet Israel für Sie? Israel ist so klein wie Hessen. Ob ich da leben will, weiß ich nicht, Deutschland ist ja meine Heimat. Aber es ist meine verdammte Pflicht dafür zu sorgen, dass es dieses Land gibt. Israel ist unser aller Lebensversicherung. Weil wir nie wieder wollen, dass man uns verfolgt.

Sie haben sich mit dem Musiker Roger Waters angelegt, einst Kopf von Pink Floyd. Warum wurden Sie aktiv? Ich habe die Band früher gemocht. Aber gegen das, was Rogers heute tut, muss man sich wehren. Er ist zur Galionsfigur des BDS geworden. Er steht für eine Bewegung, die dem Staats Israel das Existenzrecht abspricht, und zum allgemeinen Boykott gegen Israel aufruft. Im Grunde eine neue Form von „Kauft nicht bei Juden!“ Waters lässt während seiner Konzerte Ballons in Schweineform mit Davidstern abschießen. Dagegen habe ich mich gewehrt.

Wie haben Sie sich im Fall Roger Waters gewehrt? Ich habe im Radio, beim WDR Werbung für die Waters-Tournee und das Konzert in Köln gehört und gedacht, so ein Mann darf doch nicht mit Gebührengeldern unterstützt werden. Spontan habe ich WDR-Intendanten Tom Buhrow einen Brief geschrieben.

Wie hat WDR-Intendant Tom Buhrow reagiert? Ich habe nie im Leben damit gerechnet. Aber nach zehn Tagen bekam ich die Antwort. Ohne zu schwafeln hat er sinngemäß mitgeteilt: Mein Brief sei ihm nahe gegangen. Und: Die Zusammenarbeit mit Roger Waters ist beendet! Diesen Moment kann ich kaum beschreiben, ich war tief berührt und bin Tom Buhrow heute noch sehr dankbar.

Und wie hat Waters reagiert? Er fühlte sich angegriffen. Auf seiner Tournee hat Waters auf jedem Konzert mehrfach meinen Namen ausgerufen, immer wieder: Malca Goldstein-Wolf, sie will meine Karriere ruinieren. Das fünfmal genüsslich hintereinader, um die Leute auf mich zu hetzen.

Wie waren die Reaktionen, hauptsächlich der Fans? Ich bekam Hassmails über Hassmails aus der ganzen Welt.

Wie beurteilen Sie das Verhalten von Marek Lieberberg, Sohn jüdischer Überlebender des Holocaust, der der Konzertveranstalter von Waters ist?

Ganz schwach. Er weiß, welche Gesinnung Roger Waters hat, aber offensichtlich ist ihm das Geld wichtiger.

Zur Ruhrtriennale in Bochum hatten Sie zu einer Demo am Samstag aufgerufen. Warum? Ja, kurz vor meinem 50. Geburtstag habe ich zum ersten Mal eine Demo organisiert. Das Festival, das mit Millionen Euro subventioniert wird, hatte für eine Podiumsdiskussion zwei BDS-Befürworter eingeladen. Es kann nicht sein, dass mit Steuergeld, auch mit meinen, Israel- und Judenhassern ein Podium bereitet wird.

Was sagt Ihre Familie zu Ihrem Engagement? Mein Ehemann unterstützt mich sehr. Mein erwachsener Sohn findet es auch gut, er macht sich eher Sorgen. Ich glaube, er würde es manchmal besser finden, wenn ich Cookies backen würde und die Klappe nicht zu weit aufmache.