77 Jahre nach Bomber-AngriffGeheimnisvolle Spuren des 2.Weltkriegs mitten in Köln

History.Stadtmuseum.Phosphor

Ein nachts leuchtender Signalfleck am Kölnischen Stadtmuseum weist den Weg zum Luftschutzkeller.

Köln – Heulende Sirenen, Explosionen, Feuerstürme, Tote und Verletzte. Köln lag nach dem „1000-Bomber-Angriff“ vor knapp 77 Jahren in Schutt und Asche. Trotz Wiederaufbau, Neubauten, Modernisierungen und Eigentümerwechsel über Generationen hinweg sind noch unfassbar viele Kriegsspuren  in der Stadt zu entdecken. Zwei Forscher nahmen EXPRESS mit auf eine Reise in die Vergangenheit.

Kölns Geschichte ist spannend

Die Namen: Georg Ruppert (48) und Robert Schwienbacher (56). Unter dem Portal „Welt.Unter.Koeln“ und als Mitglieder des  Vereins „Kölner Festungsmuseum“ forschen und informieren die Historiker (Credo: „Die Geschichte Kölns ist einzigartig, außergewöhnlich und eines der spannendsten Themen überhaupt.“)  über Weltkriegsbunker, Festungen, Kirchen, Türme und vieles mehr.

Immer neue Weltkriegs-Relikte in Köln

Schwienbachers Spezialgebiet sind die Luft-Schutz-Hinterlassenschaften des 2. Weltkriegs. Sein Buch „LS Relikte“  listet 383 Stück in 43 Stadtteilen auf, jeweils von ihm mit genauer Adresse, Foto und Beschreibung dokumentiert: „An vielen Fassaden findet man noch Kreise, Pfeile, Texte und Abkürzungen wie LSR, also Luft-Schutz-Raum, sowie Notausstiege oder Bunkertüren. Und es kommen immer wieder neue hinzu.“

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Köln: Das Rätsel in der Maybachstraße

History.Maybachstrasse.Ruine

Georg Ruppert und Robert Schwienbacher (r.) fachsimpeln vor der 77 Jahre alten Ruine an der Maybachstraße 155.

Auch von Bomben und Feuerwalzen zerstörte Kriegsruinen sind zu entdecken – und  das mitten in Kölner Toplagen: Etwa an der Maybachstraße 155-157 türmen sich kahle Backsteinfassaden in den Himmel, das Erdgeschoss ist besprüht, neben einer Tür hängen Flyer der „Freundschaftsgesellschaft BRD-Kuba.“

„Die Geschichte dieser Ruine bleibt für uns unergründlich“, meint  Ruppert. „Wir haben  keine Hinweise, warum hier seit dem Krieg nichts passiert ist.“ Auch in Nippes ist die Zeit stehen geblieben. An der Hartwichstraße/Ecke Knechtstedener Straße steht eine Kriegsfassade. Über der zugemauerten Tür ist die Inschrift „Restauration von Anton Prinz“ zu entziffern. Wer war Prinz? Wie lange bestand das Speiselokal?

History.Nippes

Nippes: Die Historiker im Gespräch mit einer Nachbarin der „Anton Prinz“-Restaurant-Ruine.

Weltkriegsfassade schützt Innenhof

„Auch das bleibt uns ein Rätsel“, so Schwienbacher. Eine Anwohnerin kommt mit den Historikern ins Gespräch: „Ich lebe seit 15 Jahren hier und finde dieses Stück Zeitgeschichte faszinierend“, sagt sie. „Es ist doch schön, wenn nicht alles zugebaut wird.“ Klar ist: Hinter der Fassade befindet sich der Hof eines privaten Mieters.

Domhof-Party im Weltkriegsbunker

Letzte Station: der „Domhof“, Hohenzollernbrücke 11. Was kaum einer weiß: Die Eventlocation war damals ein rund 100 Quadratmeter großer Bunker für alle Nachbarn rund um den Dom. „Die zwei schweren Eisentüren, als Eingang und Ausgang in der Not gebaut, sind noch dieselben“, so Ruppert.

History.Domhof

Schwienbacher und Ruppert vor dem „Domhof“.

Rätsel auf Kölner Bürgersteigen: Mauser und Mannesmann

Zwischen Hauswänden und Bürgersteigen finden sich in Köln noch viele Objekte, die Kanaldeckeln ähneln. Wer genau hinschaut, entdeckt die Bezeichnungen „Mannesmann“ oder „Mauser“. Robert Schwienbacher erklärt: „Das sind Notausstiege der früheren Luftschutzkeller. Beide öffneten sich über eine Schnur nach unten, damit Schutt oder Steine gefahrlos herabfallen konnte, um den Weg nach oben freizumachen.“ Die Klappen hatten teilweise auch noch ein darunter liegendes Wasserbassin, um die Noträume  gegen Giftgase oder Brandstoffe zu schützen. Kölns Weltkriegsgeschichte, zum Greifen nah.

History.Mauser

Robert Schwienbacher zeigt einen „Mauser“ an der Zeughausstraße. Dazu das damalige Werbeprospekt aus der Nazi-Zeit.  

Fakten zum Tausend-Bomber-Angriff

Bomber: 1047 Maschinen gleichzeitig waren im Mai 1942 im Anflug auf Köln.

Tote: 469 Kölner wurden bei dem Angriff getötet. 5027  waren verwundet, 45.132 Menschen obdachlos.

Luftangriffe: 262 Mal wurde Köln im 2.Weltkrieg bombardiert, mehr als jede andere deutsche Stadt.