Über 35 Millionen Liter Kölsch wenigerKölner Brauereien ziehen düstere Bilanz

GastroKöln

Die Kölner Brauereien rechnen mit Verlusten um die 20 Prozent für das Jahr 2020. Das Symbolfoto wurde am 10. Dezember 2012 aufgenommen.

von Christopher Hostert (cho)

Köln – Seit Mitte Mai haben viele Gastronomie-Betriebe, Kneipen und Brauhäuser ihre Pforten wieder für Gäste geöffnet und das Kölsch strömt endlich wieder durch die Zapfhähne. Für die Brauereien war es ein kleiner Schritt in Richtung Normalität, von der sie allerdings immer noch weit entfernt sind.

Denn: Die Kölner Brauereien produzieren weiter auf Sparflamme.

Köln: Brauereien fehlen die Großveranstaltungen

Die Lockerungen für Gaststätten und Kneipen hätten bisher noch keine direkten Auswirkungen auf die Brauereien, erklärt Christian Kerner, Chef vom Kölner Brauerei-Verband. Schönes Wetter und eine dadurch erhöhte Außengastronomie könnte zwar zu einer leichten Steigerung führen, aber auch das könne erst in drei bis vier Wochen beurteilt werden.

Das größte Problem sei, dass mit dem Verbot von Großveranstaltungen ein wichtiger Umsatzträger und Abnehmer mindestens bis zum 31. Oktober wegfällt. „Auf absehbare Zeit ohne Großveranstaltungen, ohne Fußball mit Zuschauern, ohne Lanxess-Arena, ohne große Open-Air-Veranstaltungen wird das Vorjahresniveau in diesem Jahr auf keinen Fall erreicht werden“, wird Kerner deutlich.

Köln: Brauereien rechnen mit reduzierter Kölsch-Produktion

Allein im Mai habe es in den Brauereien mit fast 25 Prozent weniger gebrautem Kölsch als im Vorjahr einen drastischen Rückgang in der Produktion gegeben. Und dabei sei es im Mai schon etwas besser geworden im Vergleich zum April.

„Wir hoffen dass der Schaden in Grenzen gehalten wird, aber realistisch schätzen wir, dass übers Jahr hinweg 20 Prozent weniger Kölsch gebraut wird – das ist schon enorm und ein tiefer Einschnitt“, wirft Kerner einen Blick in die Zukunft. Die Brauereien müssten auf lange Sicht schauen, wie sie das in den nächsten Jahren wieder auffangen könnten.

Bei einem Jahresschnitt von 178,5 Millionen Liter (1,785 Millionen Hektoliter) produziertem Kölsch, werden in diesem Jahr also vermutlich 35,7 Millionen Liter und damit 178,5 Millionen Gläser Kölsch weniger gebraut.

Kölsch: Fassbiergeschäft bei Gaffel stark eingeschränkt

Auch bei Gaffel Kölsch werde im Moment weniger gebraut als normal, erklärt Sprecher Michael Busemann. Genaue Zahlen wolle die Brauerei aber nicht nennen. Klar sei aber, dass das Fassbier-Geschäft stark eingeschränkt sei, was gerade für Gaffel, als Brauerei mit dem größten Ausstoß an Fassbier in Köln, enorme Auswirkungen habe.

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Allein durch die Geisterspiele im Rhein-Energie-Stadion oder andere abgesagte Großveranstaltungen fallen damit etliche Liter und Fässer weg. Das einzige, was derzeit noch funktioniert, sei der Absatz im Handel. Aber auch das neue Gaffel Wiess sei erfolgreich angelaufen, da es gerade in Biergärten beliebt sei.

Köln: Kölsch-Brauereien leiden unter Einbußen

Georg Schäfer, Geschäftsführer vom Haus Kölscher Brautradition (u.a. Sion, Dom oder Gilden Kölsch), befürchtet ebenfalls, dass die Absatzverluste „trotz des guten Jahresstarts und des jetzt wieder anziehenden Geschäfts tiefe Spuren in der Jahresbilanz des Kölner Brauereiverbandes ausweisen“ werden.

Er betont zudem, dass es keine Nachholeffekte geben wird. „Das Kölsch, das im Frühjahr nicht getrunken wurde, geht im Herbst nicht doppelt über die Theke“, stellt Schäfer klar. Zudem dürfe nicht vergessen werden, dass die Brauereien neben den Absatzrückgängen auch unter Einbußen wie Pachtausfällen leiden, während sie gleichzeitig Kostensteigerungen für Logistik oder Rohstoffbeschaffung bewältigen müssten.

Schäfer ist sich sicher, dass das Jahr 2020 „einen massiven Einschnitt für den Kölsch-Markt – und auch für uns im Haus Kölscher Brautradition – bringen wird, deren Größenordnung sich jedoch erst am Jahresende bilanzieren lässt.“ Auch er wolle aber keine konkreten Absatzzahlen für die Brauerei und die einzelnen dazugehörigen Marken nennen.

Köln: Brauereien in einer ungewissen Lage

Auf der Mitgliederversammlung des Kölner Brauerei-Verbands am Dienstag habe Kerner eine große Verunsicherung bei den Mitgliedern verspürt. „Was passiert? Was kommt auf die Brauereien zu? Was kommt überhaupt auf die Gastronomie zu? Das ist ja alles unklar im Moment“, erläutert der Chef des Verbands.

Allgemein könne die gesamte deutsche Brauerlandschaft derzeit nur abwarten und auf das Beste hoffen. Die Gefahr, dass das Kölsch in den Brauereien schlecht wird, gebe es allerdings, im Gegensatz zur Situation von Gastronomen oder Club-Besitzern, nicht. Die Produktion könne ohne Probleme umgestellt werden.

Köln: Brauereien hoffen auf guten Sommer und Karneval

Nun liege die Hoffnung auf einem schönen Sommer, um den Schaden möglichst in Grenzen zu halten. Zudem können die Brauereien laut Kerner „nur hoffen, dass nächstes Jahr Karneval in irgendeiner Weise stattfinden kann.“ 

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Wann die Produktion allerdings wieder auf Normal-Level laufen wird, könne aktuell nicht eingeschätzt werden. Generell seien die Brauer mit Prognosen sehr vorsichtig.