So nicht, Herr Präsident!Kölner Anwälte wehren sich gegen kuriose Strafanzeige

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Der Kölner Amtsgerichtspräsident Henning Banke (65) stellte Strafantrag.
Köln – Alles begann mit einem lautstarken Zoff zwischen Richterin Julia Schumacher und Strafverteidiger Mustafa Kaplan. Die Richterin drohte dem Anwalt, ihn während laufender Verhandlung am Amtsgericht von Wachtmeistern aus dem Saal werfen zu lassen, sollte er nochmals stören (hier lesen Sie mehr).
Kaplan wehrte sich mit einem Befangenheitsantrag, die Richterin wurde per Beschluss aus dem Verfahren entfernt. Doch nun ist es der Verteidiger, dem Konsequenzen drohen.
Köln: Präsident vom Amtsgericht zeigt Anwalt an
Weil Kaplan den für die Richterin äußerst unangenehmen Beschluss auf dem Internet-Portal eines Juristen veröffentlichten ließ, holte Amtsgerichtspräsident Henning Banke zum Gegenschlag aus und stellte Strafantrag.

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Wurde angezeigt: Der Kölner Verteidiger Mustafa Kaplan
Peinlich für den Präsidenten ist die Tatsache, dass seine eigenen Mitarbeiter den Beschluss später selbst im Internet hochluden, und zwar in die öffentliche NRW-Justizdatenbank (hier lesen Sie mehr), nachdem ein Fachverlag angefragt hatte. Ein Vorgang, der bei vielen für Kopfschütteln sorgt.
Vorstand vom Anwaltsverein Köln: Eine Ohrfeige für die Justiz
„Dass sich eine Richterin offensichtlich unrichtig verhält und dann von einem Kollegen Befangenheit attestiert bekommt, ist eine Ohrfeige für die Justiz“, sagt Dr. Frank Seebode, Fachanwalt für Strafrecht und Vorstandsmitglied im Kölner Anwaltsverein.

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Dr. Frank Seebode, Vorstandsmitglied im Kölner Anwaltsverein
Die von Kaplan und „pikanterweise“ auch von der Justiz selbst veröffentlichte Ausschließung der Richterin habe deren Zuständigkeit für den Fall beendet, der Beschluss habe mit dem eigentlichen Strafverfahren also nichts mehr zu tun. „Zumindest daran dürfte eine Strafbarkeit der Veröffentlichung scheitern“, sagt Seebode.
Anwalt fordert mehr Gelassenheit bei der Kölner Justiz
Der erfahrene Strafverteidiger fragt sich, ob der Amtsgerichtspräsident dasselbe Strafbedürfnis bekundet hätte, wenn er gewusst hätte, dass seine eigenen Mitarbeiter sich genauso verhalten wie der angegriffene Anwalt. „Deswegen mutet seine Strafanzeige für Kaplan sicherlich als Einschüchterungsversuch an“, sagt Seebode.
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Und weiter: „Ebenso unpassend wäre es gewesen, wenn er die befangene Richterin wegen versuchter Nötigung angezeigt hätte. Etwas mehr Gelassenheit täte der Justiz sicherlich gut.“
Claus Eßer: Anzeige ins Blaue hinein kein guter Stil
Der Kölner Kult-Anwalt Claus Eßer weist darauf hin, dass der vom Amtsgerichtspräsidenten ins Spiel gebrachte Paragraf 353d Nr. 3 des Strafgesetzbuches, auf den Geldstrafe oder bis zu einem Jahr Gefängnis steht, in erster Linie Schöffen und Zeugen vor einer Beeinflussung im Strafverfahren schützen soll. Die sehe er im Fall von Kaplan aber nicht.

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Der Kölner Kult-Strafverteidiger Claus Eßer
Das Amtsgericht hatte auf Anfrage erklärt, den Fall von der Staatsanwaltschaft prüfen zu lassen, um Rechtssicherheit zu bekommen. „Strafanzeigen sind nicht dazu da, um irgendwelche Normen zu klären“, sagt Eßer, es wäre kein guter Stil, in so einem Fall „einfach ins Blaue hinein zu agieren“.
„Was sollen diese Kleinkriege?“, fragt Eßer und sagt: „So nicht, Herr Präsident!“. Gerade für einen Rechtsanwalt sei eine Strafanzeige eine besondere Belastung, da diesem bei einer möglichen Verurteilung schwere berufliche Konsequenzen drohten.
Strafverteidiger Bode: Anzeige ist ein Sturm im Wasserglas
„Wir haben doch alle ein Interesse daran, vernünftig miteinander umzugehen“, sagt auch der bekannte Strafverteidiger Dr. Karl-Christoph Bode. Sich in Gerichtssälen anzubrüllen, mit Rauswurf zu drohen und dann mit Strafanzeigen zu überziehen, zeichne kein gutes Bild von der Kölner Justiz.

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Der bekannte Strafverteidiger Karl-Christoph Bode
Bode weiter: „Diese Strafanzeige ist ein Sturm im Wasserglas, sie war einfach unnötig.“