11.11. in KölnUniwiese, Ringe, Grüngürtel: Wie kann das Karnevals-Chaos verhindert werden?

Ein feiernder Jeck wird auf der Zülpicher Straße festgenommen.

Die Zülpicher Straße voller Scherben und Müll, ein junger Feiernder wird von Einsatzkräften der Polizei fixiert. Das Foto wurde am 11.11.2022 aufgenommen.

Es gibt nicht viele Themen, die in Köln momentan so hitzig diskutiert werden, wie das Karnevals-Chaos am 11.11. auf der Zülpicher Straße. Wie kann das Kwartier Latäng in Zukunft entlastet werden?

von Niklas Brühl (nb)

Dem Chaos im Kwartier Latäng im Straßenkarneval Herr werden – vor dieser Mammutaufgabe stehen die Politik und die Stadt.

Am Montag (28. November 2022) diskutierte der Verwaltungsausschuss des Stadtrats über das Thema und über die Erfahrungen des 11.11.2022, als die Feiernden in Massen auf die Zülpicher Straße strömten und ein Bild der Verwüstung hinterließen. Ein alternativer Standort für die Feierlichkeiten, der die vorrangig jungen Jecken davon abhält, nur das Kwartier Latäng als „Karnevals-Place-to-be“ anzusehen, muss her – nur wo?

Kölner Stadtdirektorin: Zülpicher Straße bleibt „Objekt der Begierde“

Stadtdirektorin Andrea Blome sagte in der Aktuellen Stunde im Stadtrat, dass am 11.11. bei weitem nicht alles funktioniert habe, auch wenn der Schutz der Anwohnerinnen und Anwohner verbessert worden sei. Allerdings sei die Stadt nicht der Veranstalter einer riesigen Karnevalsparty auf der Zülpicher Straße, sondern ausschließlich als Ordnungsbehörde zur Gefahrenabwehr vor Ort.

Es sei jedoch unumstößlich, dass eine Ausweichfläche für das gebeutelte Viertel her müsse. Dabei sei jedoch zu beachten, dass das Kwartier Latäng das „Objekt der Begierde“ bei den Feiernden bleibe. Eine Alternativveranstaltung, weit entfernt von der Zülpicher Straße, beispielsweise auf der Schäl Sick, wäre daher wirkungslos.

Also müssen Alternativen rundum die beliebte Zülpicher Straße gefunden werden. Die Uniwiesen zum Beispiel, oder die Ringe, oder gleich der gesamte Innere Grüngürtel.

Karneval in Köln: Die Grünen stellen sich gegen Alternativveranstaltungen im Grüngürtel

Stadtdirektorin Blome ließ Präferenzen zur Uniwiese erkennen. Diese fungierten bereits mehrere Jahre als Entlastungsfläche. Allerdings befindet sich die Wiese in direkter Nähe zur Zülpicher Straße und würden vermutlich noch mehr Menschen anlocken, als sowieso schon.

Dazu kommt, dass die Uniwiese als Alternative aus Umweltschutzgründen zumindest äußerst kritisch betrachtet wird. Nach den Karnevalsfeiern wurde das komplett zerstörte Grün bereits mehrfach für einige Wochen gesperrt, bis es sich wieder erholt hatte.

Sieht auch Manfred Richter, Ordnungspolitischer Sprecher der Grünen im Kölner Rat, so: „Wir müssen das Kwartier Latäng an Karneval entlasten, das darf aber nicht auf Kosten unseres Grüngürtels gehen. Unser wertvolles Stadtgrün verträgt solche Menschen- und Müllmassen nicht. Wir brauchen Parallelveranstaltungen auf versiegelten Flächen, zum Beispiel auf den nördlichen Ringen ab der Richard-Wagner-Straße.“

Laut Blome müsse daher über Abdeckungen durch beispielsweise Matten nachgedacht werden, die die Wiese vor dem Müll und der Zerstörung schützen würde. Ob das funktionieren könnte – fragwürdig.

Karneval in Köln: Welcher Ort dient als Entlastungsfläche?

Der Vorschlag der Grünen, die Ringe als Entlastungsfläche anzubieten, stößt wiederum bei der Stadt auf Ablehnung. So bestehe gerade aus Sicht der Sicherheitsbehörden enorme Bedenken, auf den Ringen einen weiteren Hotspot zu schaffen.

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Eine private Veranstaltung der Gastronominnen und Gastronomen auf der Zülpicher Straße, mit eigenen Vorgaben und eigenem Sicherheitskonzept, hatte die Stadt ebenfalls abgelehnt. Eine größere Veranstaltung, auf einen größeren Teil des Inneren Grüngürtels ausgeweitet, mit Bühnen- und Rahmenprogramm, scheint ebenso gescheitert.

Kölner Club-Inhaberin: „Sonst heißt es: Schutz einer Wiese vor Schutz von Menschenleben“

Eine Frau, die sich Jahr für Jahr direkt im Geschehen befindet, ist „Das Ding“-Inhaberin Claudia Wecker. Sie hat sich mit einem Post auf Facebook direkt an den Stadtrat gewendet. Es sei ausdrücklich zu empfehlen, überall in der Stadt Angebote für Karnevalsfeiern zu schaffen. Allerdings sei es Wunschdenken, dass diese Veranstaltungen das Kwartier Latäng entlasten würden.

„Das Ding“-Inhaberin Claudia Wecker lehnt auf einem Tisch.

Claudia Wecker, die Inhaberin des Kölner Studentenclubs „Das Ding“. Das Foto wurde am 3. Juli 2019 aufgenommen.

„Das Kwartier Latäng ist der Place To Be. Wer zum FC will, will zum FC und nicht zu einer Veranstaltung fünf Straßen weiter. Wer zum Ballermann will, will zum Ballermann und auch nicht in eine andere nette Ecke auf Malle“, schreibt Claudia Wecker.

Und weiter: „Man wird die Zülpicher Straße nur entlasten können, wenn man die Menge davor gestoppt und gehalten bekommt.“ Beispielweise mit einer kontrollierten Veranstaltung auf der Uniwiese mit Bereichen für Minderjährige, die in den vergangenen Jahren in großen Mengen im Kwartier Latäng aufgetaucht waren.

„Im besonderen Falle des Kwartier Latängs wird es leider eventuell sonst irgendwann dazu kommen, dass am Ende steht: Der Schutz von Menschenleben wurde dem Schutz einer Wiese untergeordnet“, schreibt die Club-Inhaberin. Das Thema erhitzt die Gemüter – und Weiberfastnacht und der 11.11.2023 an einem Samstag rücken immer näher.