Karnevals-Absage?Mit Verlaub, Herr Minister: Die Äußerung zeigt wenig Sachverstand

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Gesundheitsminister Jens Spahn bei einer Pressekonferenz am 6. August 2020 in Berlin.

von Bastian Ebel (bas)

Köln – Es ist ein Vorstoß auf höchster politischer Ebene: Gesundheitsminister Jens Spahn hat im Gesundheitsausschuss formuliert, dass er sich eine Durchführung der Karnevalssession nicht vorstellen könne und eine Absage in Erwägung zieht. Das ist zu kurz gedacht, findet unser Autor. Ein Kommentar.

Möchten Sie in der Haut von Politikern stecken? Aktuell wohl eher nicht. Denn in der Corona-Krise gehört es mittlerweile zum täglichen Brot, unangenehme Wahrheiten sagen und durchziehen zu müssen. Das schmerzt jetzt vor allem eine Gruppe: die Karnevalisten in ganz Deutschland.

Corona: Jens Spahn wenig fachkundig im Kölner Karneval

Natürlich auch im Rheinland, wo das Epizentrum des Frohsinns Zuhause ist. Dass die Äußerungen von Jens Spahn durchgesickert sind, ist das persönliche Pech des Gesundheitsministers. Man hätte sich auch vorstellen können, eine gemeinsame Erklärung abzugeben. So ist es aber nicht gekommen.

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Lassen sich kleine Veranstaltungen im Veedel (hier die Pfarrsitzung im Kölner Irmgardis-Gymnasium 2019) oder Feiern unter Nachbarn einfach so absagen?

Dennoch: Die Äußerung von Jens Spahn zeugt leider von wenig Fachkunde in Sachen rheinisches Brauchtum und ist viel zu kurz gedacht. Den Kölner Karneval wird man schon von Natur aus nicht einfach absagen können. Er kennt keine Gesetze. Deshalb: Großveranstaltungen kann man verbieten – kölschen Fastelovend aber nicht.

Zu vielschichtig ist das Fest verankert. Denn ein Bundesminister glaubt nicht ernsthaft, dass Nachbarn nicht feiern werden, Vereine kleinere Freiluft-Veranstaltungen durchführen, Krapfen backen, und und und.

Sei stark Köln: Eine Absage ist die richtige Entscheidung, aber ...

Nein, ein Verbot des Brauchtums kann niemand per Gesetz durchsetzen. Schnell schießen Kritiker aus dem Kraut, die jetzt lauthals die sozialen Netzwerke bedienen. „Habt ihr nichts Wichtigeres als den Karneval?“

Karneval ist ein knallharter Wirtschaftsfaktor

Denen sei gesagt: Alleine der Kölner Karneval setzt im Jahr 800 Millionen Euro um. Im gesamten Rheinland wird locker die Milliardenmarke geknackt. Der Karneval ist nicht nur gesellschaftlicher Kitt (alleine durch Spenden an karitative Einrichtungen), sondern auch ein gewaltiger Wirtschaftsfaktor. Deshalb lohnt es sich, darüber genau zu diskutieren. Es geht nicht nur um Schunkeln, es geht knallhart um Jobs und Existenzen.

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Der Kölner Rosenmontagszug im Februar 2020: Gut möglich, dass aufgrund von Corona der Zoch ins Stadion umzieht.

Zurück zum Gesundheitsminister: Hätte Jens Spahn gesagt, dass er sich keine Großveranstaltungen an Karneval denken kann – er wäre auf breite Unterstützung gestoßen. Denn jeder halbwegs normal denkende Mensch muss einsehen: 11.11., Weiberfastnacht und Rosenmontag sind aktuell aufgrund der Pandemie-Lage einfach nicht durchzuführen. Das ist hart, aber so ist die Lage nun einmal.

Corona: Staat muss hauptamtliche Kräfte unterstützen

Die hauptamtlichen Akteure und Profiteure (Künstler, Gastronomen, Saalbetreiber, Hoteliers) werden vom Staat unterstützt werden müssen.

Und die Jecke? Die werden sich bei kleineren Veranstaltungen in Verantwortung üben müssen.

Corona: Karnevalisten in der Verantwortung

Die ersten „Tests“ wie Sommertreffen waren vielversprechend. Aber teilweise nach dem zweiten Kölsch auch mit Szenen verbunden, die im Sinne der Gesundheit und des Images des Kölner Karnevals niemand sehen will. Der Fastelovend wird weiter stattfinden. Ob er in Sachen Corona zum Super-Gau wird, haben die Jecke selber in der Hand.