Kinder sitzen in der Falle17.000 Menschen in Köln müssen trotz Job die „Notbremse ziehen“

Kind zählt Münzen.

Ist Armut „vererbbar”? Zumindest haben es Kinder in armen Familien deutlich schwerer. Das undatierte Symbolfoto zeigt ein Kind mit Cent-Münzen.

Ich habe einen Job und bin arm: In Köln lauert dieser Widerspruch an jeder Ecke. Eine neue Statistik zeigt die alarmierenden Zahlen.

Armut trotz Arbeit. Es hört sich surreal an, doch für viele Menschen in Köln sind diese Worte die bittere Realität. 17.197 Kölnerinnen und Kölner müssen, obwohl sie einen Job haben, die Notbremse ziehen und Hartz IV beantragen.

Die Zahlen, auf die die Gewerkschaft Nahrung-Genuss-Gaststätten (NGG) nun aufmerksam macht, gehen aus einer Statistik der Bundesagentur für Arbeit hervor. Demnach ist jeder fünfte erwerbsfähige Hartz-IV-Bezieher in der Stadt ein „Aufstocker“ (20 Prozent).

17.000 Menschen in Köln müssen mit Hartz IV ihr Gehalt aufstocken

NGG-Regionalchefin Manja Wiesner sieht das Problem vor allem in der eigenen Branche beheimatet. „Wer an der Bäckertheke oder im Restaurant arbeitet und dabei nur einen Mini- oder Teilzeitjob hat, für den wird es am Monatsende sehr eng.“

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Ein Lichtblick: Erst vor einer Woche wurde bekannt, dass sich Gewerkschaft und Dachverband Dehoga auf einen Tarifvertrag in der Gastrobranche geeinigt haben, nach dem das Gehalt der Mitarbeiter auf mindestens 12,50 Euro pro Stunden anwächst.

Hartz IV: Armut überträgt sich in vielen Fällen auf die Kinder

In dieser Hinsicht seien nun die Unternehmen in der Pflicht. Sie sind laut NGG aufgerufen, sich nicht nur an die Tarife zu halten, sondern auch mehr sozialversicherungspflichtige, feste Stellen zu vergeben statt unsichere Jobs mit nur wenigen Wochenstunden, wie sie für Aufstockende die Regel seien.

Die schwierigen finanziellen Verhältnisse, das zeigen die Zahlen, treffen auch viele Kinder in Köln. Laut Arbeitsagentur leben bei 7958 Hartz-IV-Aufstockern in Köln Kinder im Haushalt. 2467 dieser Haushalte werden von Alleinerziehenden geführt – 88 Prozent von ihnen sind Frauen.

Hartz IV: Erhöhungen halten meist nicht mit der Inflation Schritt

„Besonders wichtig ist es, die Lage von Kindern in Hartz-IV-Haushalten zu verbessern. Armut darf nicht vererbt werden“, unterstreicht Wiesner. Die von der Ampel-Koalition angekündigte Kindergrundsicherung sei ein „richtiger Schritt“. Mit der Reform sollen bisherige Leistungen für Kinder gebündelt und ein höheres Existenzminimum festgelegt werden.

Auch eine Reform der Hartz-IV-Sätze steht im Raum. „Der aktuelle Regelsatz für Alleinerziehende von 449 Euro im Monat ist viel zu niedrig. Für Lebensmittel sind gerade einmal 155 Euro vorgesehen – bei stark steigenden Preisen.“ Zum Jahresbeginn sind die Sätze erhöht worden, allerdings nur minimal. Viele Experten sehen eine Kürzung der Leistungen, weil die Erhöhungen nicht mit der Inflation Schritt halten. (tw)