Der Kölner Zoll schlägt Alarm: So gefährlich sind Billig-Schnäppchen wirklich!
Gift-AlarmKölner Zoll warnt vor Billig-Schnäppchen

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Der Kölner Zoll beschlagnahmt regelmäßig gefälschte Markenware (Archivfoto aus Juni 2024).
Aktualisiert
Ein Playstation-Controller, ein Trikot von Real Madrid und schicke Stiefeletten mit Louis-Vuitton-Muster – was nach einer teuren Shoppingtour aussieht, hat der Kölner Zoll sichergestellt. Denn: Alles ist gefälscht, billiger Ramsch aus Fernost. Und die Flut an gefährlicher Ware wird immer größer!
Allein beim Hauptzollamt Köln stieg die Zahl der sichergestellten Fälschungen von 183.000 im Jahr 2023 auf sage und schreibe 376.000 im Jahr 2024.
Angetrieben wird dieser Boom durch aggressive Werbung auf Shopping-Plattformen wie Temu, Shein oder AliExpress, besonders jetzt zur Rabattschlacht rund um den Singles Day und Black Friday.
Dabei ist es oft kinderleicht, die Fälschungen zu entlarven, wie Zoll-Sprecher Jens Ahland erklärt. „Gefälschte Schuhe erkennt man oft schon am Geruch, da muss man nicht einmal auf die Nähte achten“, so Ahland. Beim gefälschten Playstation-Controller klappern die Knöpfe, Lämpchen fehlen ganz und bei Trikots sind die Abzeichen nur billig aufgebügelt statt aufgenäht.
Vermeintliche Schnäppchen auch Gefahr für die Gesundheit
Doch viele Verbraucher und Verbraucherinnen unterschätzen die Gefahr, die von diesen vermeintlichen Schnäppchen ausgeht – für Gesundheit und Geldbeutel.
Die Stiftung Warentest schlug erst im Oktober nach Testkäufen bei Temu und Shein Alarm. Das schockierende Ergebnis: Mehr als zwei Drittel der Produkte entsprechen nicht den europäischen Sicherheitsanforderungen, ein Viertel wurde sogar als „potenziell gefährlich“ eingestuft.
So fanden die Tester und Testerinnen in einer Halskette das giftige Schwermetall Cadmium – und das in einer 8500-fach höheren Konzentration als erlaubt! Cadmium gilt als krebserregend und kann Nieren und Knochen schädigen. Der Spruch „Shoppen bis der Arzt kommt“ bekommt da eine bitterböse Realität.
Auch bei Babyspielzeug fielen die Ergebnisse verheerend aus: verschluckbare Kleinteile, viel zu laute Geräusche oder allergieauslösende Chemikalien. Von 54 getesteten Netzteilen fielen 52 durch. Sie wurden zu heiß oder waren schlecht isoliert – es droht akute Brandgefahr!
Kölner Zoll: Schadstoffmessung bevor Asien-Container geöffnet wird
Für Zoll-Sprecher Ahland ist das Alltag. „Beim Öffnen von Containern aus Asien ist es üblich, dass erst einmal die Schadstoffbelastung gemessen wird, ehe der Zoll die Container in Hamburg oder anderen Überseehäfen überhaupt betreten kann“, berichtet er. Die giftigen Ausdünstungen der Ramsch-Ware sind so stark, dass die Beamten und Beamtinnen sonst ihre Gesundheit riskieren würden.
Doch es droht nicht nur Gefahr für die Gesundheit, sondern auch für den Geldbeutel. Auf Ware aus Nicht-EU-Ländern fallen Steuern an. Bei einem Smartphone für 400 Euro sind das schnell mal 76 Euro extra. Ab einem Warenwert von 150 Euro können obendrauf noch Zollgebühren kommen.
Um das zu umgehen, tricksen die asiatischen Verkäufer und Verkäuferinnen, teilen Bestellungen auf oder geben falsche Preise an. Doch der Zoll schaut genau hin! „Wir prüfen schon, wenn die Pakete noch in China liegen“, bestätigt Ahland. „Wenn uns im Anmeldebogen ein hochwertiges Smartphone für 80 Euro unterkommt, schauen wir schon mal nach, ob das stimmen kann.“
Und dann wird es für den Käufer oder die Käuferin richtig ärgerlich. Der Zoll bestellt den Empfänger oder die Empfängerin ein, um das Paket gemeinsam zu öffnen. Stellt sich heraus, dass der Preis falsch angegeben war, drohen Nachzahlungen und Bußgelder.
Handelt es sich um eine Fälschung, wird es noch schlimmer: Der Zoll behält die Ware ein, informiert den Original-Hersteller und dieser kann den Käufer oder die Käuferin abmahnen. Das wird teuer! Das Fake-Trikot ist dann weg und die Kosten für die Vernichtung trägt obendrein der Empfänger oder die Empfängerin.
Nur lückenhafte Kontrollen bei zwölf Millionen Paketen
Warum gehen so viele Kunden und Kundinnen das Risiko ein? Ahland ist ratlos: „Nach unserer Erfahrung stehen die Chancen nicht gut, das Geld vom Verkäufer zurückzubekommen.“ Die Plattformen wie Temu waschen ihre Hände in Unschuld, obwohl sie eigentlich für die Sicherheit der Produkte garantieren müssten. Temu beteuert zwar, man habe Kontrollsysteme und würde „gemeldete Angebote umgehend überprüfen und entfernen“, doch die Flut an gefährlichem Ramsch reißt nicht ab.
Das Problem ist die schiere Masse: Täglich kommen zwölf Millionen Pakete mit geringem Warenwert in die EU. Ein Großteil davon landet am Flughafen Lüttich in Belgien und wird dort nur lückenhaft kontrolliert. „Darauf hat der deutsche Zoll keinen Zugriff“, so Ahland. Ist die Ware einmal in der EU, wird sie nicht erneut geprüft.
Besonders besorgt ist Ahland, weil die Kunden und Kundinnen von Temu, Shein & Co. immer jünger werden. „Wir erleben mehr und mehr junge Menschen, die auf die aggressive Werbung über Social Media hereinfallen und teilweise riesige Pakete ordern, bis bei den Eltern ein Brief vom Zoll hereinflattert“, warnt er.
Sein wichtigster Tipp für alle Online-Shopper und -Shopperinnen ist simpel: Misstrauisch sein bei unrealistischen Preisen. Ein Louis-Vuitton-Stiefel, der im Original 1450 Euro kostet, kann als Kopie nicht nur einen Bruchteil kosten, ohne dass massiv an Qualität und Sicherheit gespart wird. Ahland bringt es auf den Punkt: „Wer billiger verkaufen will, muss auch billiger produzieren.“ Das Schnäppchen-Versprechen ist schlicht zu schön, um wahr zu sein. (red)
