Corona-FerienLiebe Rheinländer, wie kann man sich nur so asozial verhalten?

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Trotz Coronavirus waren die Restaurants und Kneipen in NRW am Montag gut besucht. 

von Martin Gätke (mg)

Köln – Schon jetzt steht das Unwort des Jahres fest: Corona-Ferien. Seit einigen Tagen kursiert dieser unsägliche Hashtag bei Twitter, das Wort wird in Facebook-Foren geteilt. Und während sich die einen im Netz verabreden und sich über verschiedenste Freizeitaktivitäten austauschen, sitzen die anderen am ersten Tag der bundesweiten Schulschließungen in den Parks der Republik – und spielen Bierpong. Geht es eigentlich unsolidarischer und asozialer? Ein Kommentar.

Keine Frage: Das Coronavirus und die rigorosen und einschneidenden Maßnahmen gegen seine Verbreitung dürften schon jetzt zu den größten Herausforderungen der Gegenwart zählen.

Maßnahmen gegen Coronavirus führen zu großen Herausforderungen 

So etwas haben die Deutschen noch nie erlebt. Menschen verlieren ihre Jobs, Betreiber von Bars, Clubs, Kneipen, Kinos, Freizeitparks erleben ein wahres Horrorszenario. Besonders hart trifft es Pflegeheime: Viele Senioren müssen auf Besuche verzichten.

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Auch sie haben seit Montag dicht gemacht: Kitas und Schulen. Viele Familien machen den Stresstest, rücken notgedrungen zusammen und Millionen Eltern überlegen sich, wie man die Kinder von zu Hause aus bei ihren Aufgaben unterstützen kann, die sie jetzt via Internet oder per Mail von den Schulen bekommen. Und: Wie sie es schaffen, dass kein Lagerkoller ausbricht.

Jeder von uns spürt die Corona-Folgen. Jeder? Nein. Denn es gibt auch noch einige Menschen, die den Ernst der Lage nicht begreifen. Kaum sind die Schulen zu oder die Arbeit gedrosselt, strömen Massen in die Parks oder an den Rhein.

Trotz Coronavirus: Unzählige Menschen tummeln sich in Städten

Viele haben die erste Frühlingssonne genutzt, um sich auf den Spielplätzen zu treffen, um miteinander zu toben. In großen Gruppen sitzen sie im Sand und buddeln. Oder machen Picknick im Gras.

Unzählige Menschen tummeln sich so am Rheinauhafen in Köln. Das Ufer ist so gut besucht wie eh und je. Ähnliche Szenen gab es in Wuppertal: Die City ist proppenvoll, die Menschen sitzen auf den Terrassen der Lokale und genießen die Sonne. 

Auch das Bonner Baumschulwäldchen ist beliebt wie eh und je: Einige Jugendliche haben sich dort sogar zum Bierpong verabredet.

Coronavirus: Verhalten der Rheinländer ist asozial

Corona-Spaß statt Quarantäne, ganz nach dem Motto: Ist eh alles nicht so schlimm. Und wenn es mich betrifft, dann hab‘ ich vielleicht einen Husten. Alles halb so wild. Es sind ja vor allem die Alten, die gefährdet sind. Nicht ich.

Geht es egoistischer, unsolidarischer und verantwortungsloser?

An einem normalen Tag hat jeder von uns Dutzende, manchmal Hunderte Kontakte mit anderen Menschen – ein 18-jähriger Coronavirus-Infizierter im Rhein-Sieg-Kreis hatte zum Beispiel 600 Kontakte an einem Tag. Und auch wenn ein Infizierter nicht die klassischen Symptome aufweist, kann er das Virus verbreiten.

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Dann gibt der nächste Überträger seinerseits Covid-19 an Dutzende weitere Menschen weiter. Und wenn einer dieser Menschen krank und alt ist, also zur Risikogruppe gehört, könnte schon bald Lebensgefahr bestehen.

Coronavirus: Liebe Rheinländer, hört auf die Politiker!

Es wird Zeit, dass wir uns alle dieser Gefahr bewusst werden. Auch – oder gerade – im sozialen, geselligen Rheinland. Wir müssen unsere Mitmenschen schützen und die Worte der Politiker ernst nehmen – so schwer es vielen fallen mag.

Mit „Sozialkontakte meiden“ meinte Kanzlerin Angela Merkel nicht, dass wir uns in großen Gruppen versammeln, um miteinander zu spielen oder Bierpong zu spielen.

Es sind keine Corona-Ferien, die wir feiern, es ist eine Pandemie, die wir eindämmen müssen. Damit wir nicht die dramatischen Auswirkungen erleben, die das Coronavirus derzeit in Italien anrichtet. Weit über 2000 Tote zählt das Land. „Unterschätzen Sie nicht die Gefahr. Italien hat das eine Woche lang getan“, sagte Roberto Burioni, einer der bekanntesten Virologen Italiens.

Coronavirus: Menschen müssen ihren Verstand einsetzen

Die Gefahr ist unsichtbar – und damit umso tückischer. Wir müssen sie mit dem Verstand begreifen, weil das mit den Augen nicht geht. Es wird Zeit, dass dieser Verstand jetzt bei allen Menschen einsetzt.

Das heißt nicht, dass wir keinen Spaziergang an der frischen Luft im familiären Kreis mehr machen dürfen. Kein Problem, das meinen auch Virologen. Doch Versammlungen mit mehreren Menschen, damit muss Schluss sein. Vorerst.