Rudi (†52) kommt nie zurückPulheimer Witwe verklagt nach Corona-Tod ganzes Land

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Ein Bild aus glücklichen Tagen: Dörte Sittig mit ihrem Rudi. Der 52-Jährige hatte sich in Ischgl mit Corona infiziert und ist mittlerweile tot.

Pulheim/Wien – „Die haben meinen Mann ins Messer laufen lassen!“ Der Ferienort Ischgl wurde im Frühjahr 2020 zum Synonym eines unkontrollierten Coronavirus-Ausbruchs. An der Reaktion der Behörden hagelte es heftige Kritik. Nun gibt es erste Schadenersatz-Klagen. Vorneweg ist eine Witwe aus Pulheim: Dörte Sittig (56) verklagt Österreich.

Corona in Ischgl: Pulheimer Witwe verklagt jetzt Österreich

Rudi Lempik hieß ihr geliebter Lebensgefährte, der in Ischgl war, an Corona erkrankte, in der Kölner Uniklinik starb und im April in Pulheim beerdigt wurde – mit 52 Jahren.

Am 7. März hatte der Kfz-Werkstattchef mit seinen Ski-Freunden im Hotel eingecheckt. Karneval lag hinter ihnen, jetzt sollte es zur Erholung in die traumhaften Skigebiete gehen. Doch auch er konnte nicht ahnen, in was er da hinein geriet ...

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Vier Musterklagen im Namen von Menschen, die sich im März in dem Tiroler Ort angesteckt haben sollen, liegen seit dieser Woche beim Landgericht Wien.

Corona-Hotspot Ischgl: Sammelklagen gegen das Land Österreich

Der Verbraucherschützer Peter Kolba, dessen Verein die Klagen eingebracht hat, wirft der Regierung in den entscheidenden Tagen Anfang März schweres Versagen vor. Denn erste Hinweise auf Ansteckungen in Ischgl gab es bereits am 5. März. Aber erst am 13. März wurde dort die Quarantäne verhängt.

Nach Angaben österreichischer Behörden waren zeitweise 40 Prozent aller Fälle im Inland auf Ischgl zurückzuführen. Auch viele deutsche Touristen, die erkrankten, sind überzeugt, dass sie sich in Ischgl angesteckt haben. Bei dem Verein haben sich mehr als 6000 Menschen aus 45 Ländern gemeldet, die sich in Ischgl infiziert haben sollen. Dabei gehe es auch um 32 Todesfälle, 22 von ihnen aus Deutschland.

Corona-Fälle in Ischgl: Regierung soll Fehler eingestehen

In mehr als 1000 Fällen hat der Verein demnach die Vollmacht zu klagen. Die Klagen würden fallen gelassen, wenn die Regierung Fehler eingestehe und Schadenersatz anbiete, sagte Kolba. Unter den ersten vier Muster-Fällen sind drei Deutsche sowie ein Österreicher, der nach dem Skiurlaub im April an Covid-19 starb.

Wegen dramatischer Lage in Österreich: Wahl-Kölner schließt seine Praxis

Bei den Amtshaftungsklagen gegen die Republik Österreich geht es um unterschiedliche Summen von bis zu 100.000 Euro, etwa für Schmerzensgeld und Kostenerstattung.

EXPRESS erreichte die Witwe, die eine Firma für Werbegestaltung mit Filialen in Köln und Bremen hat, gestern Abend: „Die haben meinen Mann ins Messer laufen lassen! Der Ort wurde von den Behörden nicht rechtzeitig geschlossen. Die Regierung Österreichs hat die Gefahr komplett ignoriert. Viele andere Gemeinden haben reagiert – dort reagierte niemand“, so Dörte Sittig.

Rudi (†52) ist tot – und seine Familie trauert noch immer

Auch wenn die Beerdigung vor fünf Monaten war – ihre Familie hätte den Schmerz noch lange nicht überwunden. Auch die Kölner Karnevalsgesellschaft „Löstige Paulaner“, wo Lempik als Senator für jecke Stimmung sorgte, ist in Trauer.

Es gehe der 56-Jährigen darum, „Gesicht zu zeigen. Wir müssen Österreich zeigen: So geht das nicht.“ Das Verhalten der Behörden angesichts der Pandemie dürfe „nicht ungestraft unter den Tisch fallen“. Mit der Klage soll der Fall nun aufgerollt werden: „Auch wenn ich weiß, dass ich meinen Schatz nie wieder bekomme.“