Prozess in DüsseldorfEnkeltrick-Betrüger hat Angst vor „Zigeuner-Gericht“

Angeklagter_EnisG.

Der Angeklagte Enis G. (rechts) mit seinem Verteidiger Nicolai Mameghani (links)

von Barbara Kirchner (kir)

Düsseldorf – Mit dem miesen Enkeltrick versuchte eine Bande, eine alte Dame (76) rein zu legen. Und der Coup wäre fast erfolgreich gewesen, wenn eine beherzte Bankangestellte nicht die Polizei informiert hätte.

Vor Gericht stand  jetzt der Abholer des Geldes. Doch mehr als vor der Justiz hat Roma Enis G. (23, Name geändert) Angst vor dem „Zigeuner-Gericht“. So erklärte das jedenfalls am Donnerstag sein Anwalt Nicolai Mameghani für seinen Mandanten.

Er könnte aus der Familie ausgeschlossen werden

Früh morgens bekam Enis G. einen Anruf. Mameghani: „Von wem, das will mein Mandant nicht sagen. Er ist Roma und hat Angst vor dem „Zigeuner-Gericht“. Wenn er seine Mittäter verrät, droht ihm der Ausschluss aus der Familie. Dann wäre er in ganz Europa erledigt.“

Der Anrufer jedenfalls heuerte Enis G. als sogenannten Abholer an. Für seine Dienste sollte er zehn Prozent der Beute bekommen.

In der Zwischenzeit bearbeitete ein Komplize das spätere Opfer am Telefon. Er gab sich als „Martin“ aus. Und der brauche 22.000 Euro für den Kauf einer Immobilie. Die Oma glaubte tatsächlich, ihren Enkel am Telefon zu sprechen.

Lesen Sie auch: Verstörender Fall in Düsseldorf – Mann stirbt an Haltestelle, 7 Menschen helfen nicht

Opfer wollte sogar Kredit aufnehmen

Kurz nach dem Gespräch ging sie zu ihrer Sparkassenfiliale. Und wollte dort nicht nur ihr Erspartes abholen, sondern auch noch einen Kredit für den Rest des Geldes aufnehmen. Doch man verweigerte ihr das Geld.

Zu Hause angekommen, rief der vermeintlich Enkel erneut an und setzte die alte Dame noch mehr unter Druck. Die begab sich erneut in die Filiale und drängte auf das Geld. Doch die Mitarbeiterin hatte Lunte gerochen. Sie entschloss sich, die Polizei einzuschalten.

Fingierte Übergabe des Geldes

Man überredete die Rentnerin, bei einer fingierten Übergabe mit zu machen.

Daheim rief erneut der angebliche Enkel an und erklärte, dass er das Geld nicht selbst in Empfang nehmen könne. Stattdessen würde er einen „Herrn Schäfer“ schicken, der würde den Umschlag voller Geld abholen.

Tatsächlich tauchte Enis an der Haustüre auf. „Sind Sie Frau G.“, fragte er. Und die alte Dame fragte zurück: „Und Sie sind Herr Schäfer?“ Enis G. nickte und bekam den Umschlag.

Doch damit kam er nicht weit. Da klickten die Handschellen.

„Es tut mir leid um die Frau“

Seitdem sitzt der Angeklagte in Untersuchungshaft. „Ich habe dort viel nachgedacht. Es tut mir Leid um die alte Dame. Ich wollte ihr auch einen Entschuldigungsbrief schicken.  Aber man hat mir davon abgeraten.“

Der Richter sprach von einer „skrupellosen Tat“ und dass man die alte Dame mit einem Kredit möglicherweise hätte ruinieren können.

Er verurteilte Enis G. zu zwei Jahren Haft. Und obwohl es seine erste Tat war, bekam er keine Bewährungsstrafe. Der Haftbefehl blieb außerdem bestehen. Denn der Richter sah aufgrund familiären Vernetzung von Enis G. eine erhöhte Fluchtgefahr. „Sie könnten sich europaweit absetzen.“