Wohnraum oder Freibad-Idylle?Melbbad-„Retter“ mit Forderung an Bonner OB Dörner

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Noch bis zum 27. November läuft der Bürgerentscheid rund um das Bonner Melbbad. Dort sollen im Bereich der Kabinen und Sanitäranlagen (hinten im Bild) 85 Wohnungen entstehen.

von Béla Csányi (bc)

Bonn – Freibad-Idylle oder geförderter Wohnraum? Der umkämpfte Wettstreit um die Zukunft des Bonner Melbbads geht in die heiße Phase.

Noch bis zum 27. November dürfen rund 249.000 Bonner über die Frage „Soll das Melbbad in seiner jetzigen Form ohne eine Wohnbebauung erhalten bleiben?“ entscheiden.

Danach steht fest, wie es mit dem beliebten Freibad weitergeht. In der Stadt machen beide Seiten bereits mobil und gehen auf Wählerfang.

Wahlplakate vor Bürgerentscheid zum Bonner Melbbad

Die Bürgerinitiative „Rettet das Melbbad“ kämpfte heftig und führte mit über 18.500 Unterschriften ein erfolgreiches Bürgerbegehren durch. Jetzt kommt es zum erst dritten Bürgerentscheid in der Geschichte der Bundesstadt. Kostenpunkt: etwa 300.000 Euro. Die Zukunft des Melbbads liegt jetzt einzig und allein in den Händen der Bonner.

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Ein Wahlplakat für den Bürgerentscheid in Bonn. Die Bürgerinitiative ist für einen Verbleib des Melbbads ohne Wohnbebauung.

Da überrascht es nicht, dass um jede Stimme verbissen gekämpft wird. In der Stadt hängen bereits Plakate beider Parteien. „So sieht kein Freibad aus“, beklagt die Bürgerinitiative mit Blick auf die geplanten Wohnungen, die sich hinter den Becken des Melbbads erheben sollen. Sie will die bisherige Freibad-Idylle in unveränderter Form erhalten.

Wohnungen am Melbbad für Mitarbeiter der Uniklinik Bonn

„Machen statt klatschen“ lautet dagegen die Forderung des Mieterbunds, der mit der Kampagne „Wohnen am Melbbad“ für 85 neue Wohnungen im Westen der Stadt kämpft.

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Die Befürworter der Wohnbebauung am Melbbad werben ebenfalls in der Bonner City.

Hintergrund für die Forderung ist die geplante Nutzung der Wohnungen durch Mitarbeiter der nahegelegenen Uniklinik, zum Beispiel Auszubildende und Pflegepersonal. Nach dem viel diskutierten Applaus für Krankenpfleger und Ärzte zu Beginn der Corona-Krise sollen, so der Gedanke, nun auch Taten folgen.

Ein modernisiertes Freibad und erschwinglicher Wohnraum für Pflegepersonal könnten dadurch kombiniert werden. Dank Wohnungen in der Nähe des Arbeitsplatzes Uniklinik könne außerdem der Pendelverkehr reduziert werden. Die Schließung des Melbbads ist für die Umsetzung der Pläne ausdrücklich nicht angedacht. Grüne, SPD und CDU stehen hinter der Idee, auch die Uniklinik zählt zu den Unterstützern.

Diskussionen um Kaltluft und Klimanotstand bei Melbbad-Entscheidung

In den Diskussionen geht es allerdings um mehr als nur gefährdete Schwimmbad-Idylle. Auch die Kaltluftschneise aus dem Melbtal ist Teil der Diskussionen. Die Befürworter des Bauprojekts fürchten keine Einschränkung der Luftzufuhr und berufen sich dabei auf ein Gutachten. Die Baupläne seien dafür sogar noch einmal angepasst worden, kontern die Grünen.

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Die Pläne für das Melbbad sehen 85 Wohnungen mit Blick auf das Freibad vor.

Von den „Rettern“ kommt massive Kritik. Sie richteten am Montag gleich zum Amtsantritt einen offenen Brief an die neue Oberbürgermeisterin Katja Dörner (44): „Die Sommer werden immer heißer, doch die Frischluftzufuhr wird durch gedankenloses Bauen mitten in eine wesentliche Kaltluftschneise massiv gestört“, heißt es unter anderem im Brief an die Grünen-Politikerin.

Die Bebauungspläne stünden in Widerspruch zum 2019 ausgerufenen Klimanotstand in Bonn, man fordere daher eine Stellungnahme der Oberbürgermeisterin. Im Stadtrat sind FDP, Linkspartei und Bürger Bund Bonn (BBB) gegen die Baupläne. Zu den Kritikern des Bauprojekts gehört auch die Umweltschutzorganisation BUND.

Abstimmung zur Zukunft des Melbbads in Bonn eröffnet

Noch ist offen, wer am Ende mehr Bürger mobilisieren kann. Bis zum 6. November werden allen Bonnern ihre Unterlagen für die Briefwahl zugeschickt. Das Abstimmungsbüro im Stadthaus ist außerdem seit dem 26. Oktober eingerichtet. Dort liegt auch das 36-seitige Abstimmungsheft aus, in dem alle relevanten Positionen und Argumente gesammelt sind.

Der Bürgerentscheid ist erfolgreich, wenn es bei der Abstimmung eine einfache Mehrheit gibt. Außerdem müssen mindestens zehn Prozent der Abstimmungsberechtigten, also rund 25.000 Bonner, mit „Ja“ stimmen. Ausgezählt wird am 28. November.

Melbbad bleibt wegen starker Schäden 2021 geschlossen

Unabhängig von den Bauplänen gibt es seit vergangener Woche eine Hiobsbotschaft für die kurzfristige Zukunft des Melbbads. Die Stadt rechnet damit, dass dort die gesamte Freibadsaison 2021 buchstäblich ins Wasser fällt.

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Das Melbbad wurde von den schlammigen Wassermassen überflutet, die Elektronik im Technikraum so beschädigt, dass das beliebte Bad 2021 geschlossen bleiben muss.

Bei den starken Regenfällen am 12. August wurde die Anlage vom angrenzenden Engelsbach regelrechet überflutet. Der Schaden liegt bei mehreren Hunderttausend Euro. Auch Technikräume standen unter Wasser und wurden stark in Mitleidenschaft gezogen. Sie müssen nun aufwendig repariert werden.