Klage gegen Bonner ReiseveranstalterSeuche im Urlaubsparadies verhindert Landgang

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Das Ehepaar war mit der „MS Albatros“ von Phoenix Reisen unterwegs.

Bonn – Aus der einst luxuriösen Welt der Kreuzfahrten sind die Schlagzeilen im Zeichen des Corona-Virus niederschmetternd. Oceanliner werden wochenlang zu tödlichen Quarantäne-Fallen oder irrlichtern über die Weltmeere und dürfen in keinen Hafen mehr einfahren.

Im Vergleich dazu scheint der alte Klagefall der Eheleute Paul und Gertrude M. (Namen geändert) aus dem Allgäu noch harmlos zu sein. Im November 2017 war den Passagieren der „MS Albatros“ aus der Flotte des Bonner Veranstalters Phoenix Reisen wegen der ausgebrochenen Pest in Madagaskar der Landgang gestrichen worden. Um kein Risiko einzugehen hatte die „MS Albatros“ einen großen Bogen um die gefährdete ostafrikanische Insel gemacht. Aber die betagten Kreuzfahrer, die für die vierwöchige Tour von Mauritius nach Genua insgesamt 10. 168 Euro bezahlt hatten, fühlten sich um die Höhepunkte betrogen. Und verklagten den Veranstalter auf 1600 Euro.

Prozess um Kreuzfahrt: Angebotene 500 Euro waren Ehepaar zu wenig

Das Amtsgericht Bonn hatte die Klage der Eheleute abgewiesen, denen die freiwillig von Phoenix-Reisen gezahlten 500 Euro zu wenig waren. Von der 28-tägigen Reise seien nur zwei Reisetage beeinträchtigt gewesen, hieß es im Urteil. Denn neben dem stornierten Madagaskar-Ausflug hatte auch der Golfstaat Oman dem Schiff mit 1200 Menschen an Bord eine achttägige Quarantäne angedroht, falls es den Hafen anläuft. Also schipperte man weiter und es kam zu mehreren Reisetagen auf hoher See – „wo nur Wasser zu sehen“ gewesen sei. Das angebotene Freizeitprogramm an Bord, so die Kläger,  hätte sie keinesfalls dafür entschädigen können.

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Prozess um Kreuzfahrt: Urteil ist rechtskräftig

Vor der 8. Zivilkammer des Bonner Landgerichts einigten sich die Parteien auf einen Vergleich, der rechtskräftig ist. 1000 Euro, so der Vorschlag des Gerichts, zahlt Phoenix jetzt an die Eheleute. Denn bei „Ausfall von bestimmten Höhepunkten, müsse die Reise insgesamt betrachtet werden“, hieß es im  Gütetermin. Da könne auch eine höhere Minderung als der Tagespreis angesetzt werden.

Prozess um Kreuzfahrt: BGH urteilte bereits in den 1980er Jahren

Keine rechtlichen Zweifel hingegen, dass der Reiseveranstalter grundsätzlich für die erfolgreiche Durchführung einer Reise verantwortlich ist; auch bei höherer Gewalt trage er das Risiko. Nach einer Entscheidung des Bundesgerichtshofs (BGH) aus den 80er Jahren sei das gängige Rechtsprechung. Der Veranstalter müsse eine Entschädigung zahlen, wenn er die geschuldete Leistung nicht erbringen kann. (AZ: LG Bonn 8 S 151/19)

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Und was ist, wenn das Coronvirus eine Kreuzfahrt zum Horror werden lässt? Das sei sicher „eine andere Dimension“, antwortete Dr. Markus Weber, stellvertretender Landgerichtspräsident, auf Nachfrage. „Inwieweit die Entscheidung sich auf die aktuelle Pandemie übertragen lässt, bleibt abzuwarten.“

Sicher jedoch sei, dass der Veranstalter bei Streichung von Pauschalreisen allein das Risiko trage und den Reisepreis zurückzahlen müsse. Bei höherer Gewalt – wie das unvorhersehbare Hereinbrechen einer Seuche – könne der Reisende mit einer Reisepreisminderung rechnen, aber nicht mit einer zusätzlichen Entschädigung wegen entgangener Urlaubsfreuden. Vor allem, so Weber, müsse der Veranstalter dafür sorgen, dass der Reisende wohlbehalten nach Hause gebracht werde. (ucs)