Getöteter Bonner Biker900-Euro-Urteil ist für seine Familie ein Schlag ins Gesicht

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An der Unfallstelle legten Familie und Freunde Blumen nieder und zündeten Kerzen an. Auch Lucios Motorradhelm wurde dort niedergelegt. 

von Iris Klingelhöfer (iri)

Bonn  – 900 Euro Geldstrafe wegen fahrlässiger Tötung – als das Urteil fiel, stand für die Familie des getöteten Bikers Lucio C. die Welt für einen Moment still. Kurz darauf stand Melanie C. (42), die Schwägerin des Opfers, fassungslos auf und rief in den Gerichtssaal: „900 Euro für ein Menschenleben?“

„Ich dachte, dass der Angeklagte das letzte Wort nutzt und sich mit einer Entschuldigung direkt an die Familie wendet“, erklärt sie. Deshalb sei sie aufgestanden. Alle hätten sich in der Situation mehr Empathie gewünscht. Der Vater des Toten, sein Bruder, sein Sohn, sein Onkel, die Freunde. Sie waren am Montag ins Amtsgericht gekommen, um mitzuerleben, wie ihr geliebter Lucio Gerechtigkeit erfährt. 

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Lucio C. auf seiner Kawasaki Ninja, mit der er später tödlich verunglückte. Das Foto stellte seine Familie zur Verfügung. 

Doch die gab es in ihren Augen nicht. „Die Geldstrafe ist ein Schlag ins Gesicht der Familie, die seit fast drei Jahren trauert“, so Lucios Schwägerin Melanie. Und Lucios hochschwangere Schwester sagte unter Tränen zu dem Urteil: „Es ist so, als wäre mein Bruder noch mal gestorben.“

Getöteter Bonner Biker: Lucio C. wollte nach Hause zum Abendessen 

Lucio C. (42) war am 3. Oktober 2017 auf der Kölnstraße schwer verunglückt. Der Familienvater war an dem Feiertag mit einem Kumpel im Eiscafe gewesen und wollte auf seiner grünen Kawasaki Ninja zum Abendessen nach Hause in Graurheindorf fahren. Es war ein schöner Tag, die Sonne schien. 

Doch in Höhe des Nordfriedhofs passierte es. Der Fahrer eines entgegenkommenden Mercedes SUV bog nach links in eine Stichstraße ab. Lucio C. konnte nicht mehr reagieren und fuhr ungebremst in den Wagen. Er starb kurz darauf im Krankenhaus. 

Getöteter Bonner Biker: Zwei Wochen nach seinem Tod kam seine zweite Tochter zur Welt

Zwei Wochen später brachte seine Freundin die gemeinsame zweite Tochter zur Welt. „Sie wollte bei der Geburt keinen dabei haben, hatte nur ein Foto von Lucio mit im Kreißsaal“, erzählt Melanie C. Lucios Mutter in Italien, woher die Familie stammt, sei an Lucios Tod regelrecht zerbrochen. Schwägerin Melanie: „Sie kommt nicht zur Ruhe, weint nur noch.“

Prozess in Bonn: Aufschrei im Gericht: „900 Euro für ein Menschenleben?“

900 Euro für ein Menschenleben, man verstehe es einfach nicht, sagt die Schwägerin leise. „Man denkt, dass man so nur als betroffene Familie empfindet. Aber ich werde von so vielen angesprochen, die das Urteil nicht verstehen.“ Lucio C. hatte unter anderem im italienischen Restaurant „Bacco“ in Tannenbusch gearbeitet, war ein bekanntes Gesicht. 

Die Familie hat jetzt einen erneuten Termin beim Anwalt, denn so kann sie mit dem Schicksalsschlag nicht abschließen...