Experten warnen vor KatastropheGrößter Eisberg der Welt treibt auf beliebte Insel zu

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Eine Aufnahme des Satelliten „Sentinel 1” vom 4. November zeigt den riesigen Eisberg A68 (links) mit Kurs auf die Inselgruppe Südgeorgien im Antarktischen Ozean.

von Martin Gätke (mg)

Paris – Es sind beunruhigende Bilder, die der europäische Satellit „Sentinal 2” am vergangenen Montag (2. November) an die Wissenschaftler sendete.

Darauf zu sehen: Ein viele Milliarden Tonnen schwerer Eisblock, rund 4200 Quadratmeter groß, fast fünfmal so groß wie Berlin also. Es ist A68a, der größte Eisberg der Welt, der im Südatlantik treibt und jetzt Kurs auf die bei Expeditionen beliebte Insel Südgeorgien genommen hat.

Die kaum bewohnte Inselgruppe liegt im Antarktischen Ozean, lebte lange vom Walfang. Seit Jahren ist sie vor allem bei Expeditionskreuzfahrt-Schiffen beliebt, die die Insel auf dem Weg in die Antarktis anlaufen. Politisch wird Südgeorgien von Argentinien beansprucht. Nun droht das Kleinod der Ort einer Naturkatastrophe zu werden, wie Wissenschaftler mitteilen.

A68a: Eisberg ist größer als Insel selbst, Experten warnen vor Katastrophe

Der riesige Eisberg ist noch größer als die Hauptinsel Südgeorgien. Und schwimmt geradewegs auf sie zu. Einige Hundert Kilometer ist der Eisblock noch von der Insel entfernt. Experten des Polarforschungsprogramms „British Antarctic Survey" (BAS) halten es für möglich, dass der Eisberg die Inselgruppe trifft.

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Der Blick durch die Wolkendecke zeigt den Eisberg A68 (l.) und Inselgruppe Südgeorgien im Antarktischen Ozean (rechts oben). Das Foto stammt vom ESA-Satelliten „Sentinel”, aufgenommen am 4. November.

Sollte es soweit kommen, könnte der größte Eisberg der Welt zur Gefahr für tausende Pinguine und andere Tierarten werden. Davor warnten Wissenschaftler bereits am vergangenen Donnerstag (5. November).

Eisberg A68 könnte in 20 bis 30 Tagen Südgeorgien treffen

Innerhalb von 20 oder 30 Tagen könnte der Eis-Koloss Südgeorgien treffen. Dort lebende Pinguine, Robben sowie Vogelarten könnten sich dann möglicherweise nicht mehr richtig mit Futter versorgen, hieß es. Das könnte verheerende Auswirkungen auf die örtliche reiche Tierwelt haben.

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Das Archivbild vom November 2019 zeigt die gefährdeten Eselspinguine in der Antarktis: Derzeit bedroht ein riesiger Eisberg die reichhaltige Tierwelt Südgeorgiens.

Der Eiskoloss A68 hatte sich im Juli 2017 vom Schelfeis Larsen C der Antarktischen Halbinsel gelöst, als Teil eines damals noch größeren Stücks. Dass sich immer mehr Eisberge immer schneller in der Antarktis loslösen, liegt an der Klimaerwärmung. Und der Westen der Antarktis gehört zu den Regionen der Welt, die sich besonders schnell erwärmen.

Eisberg A68a ist nur 200 Meter tief und könnte Küste gefährlich nahe kommen

Sollte der Eisgigant den Kurs beibehalten, könnte er die eher flachen Gewässer der Insel erreichen. Zwar ist der Eisberg 160 Kilometer lang und 48 Kilometer breit, aber „nur” 200 Meter tief. Damit könnte er der Küste von Südgeorgien gefährlich nah kommen.

„Die Möglichkeit einer Kollision beträgt 50 zu 50“, erklärte Andrew Fleming von „British Antarctic Survey”. Er bedrohe dann mehrere tausend Königspinguine neben Goldschopfpinguinen, Zügelpinguinen und Eselspinguinen. Und auch Robben und Wanderalbatrosse, die dort heimisch sind.

Eisberg A68a bedroht reichhaltige Tierwelt und das Ökosystem

Sollte sich der Eisberg in der Nähe der Insel festsetzen, könnten Vogeleltern Probleme bei der Versorgung ihres Nachwuchses bekommen – wodurch dessen Überleben ernsthaft gefährdet sein könnte.

Auch das Leben von Robbenbabys könnte in Gefahr sein. „Die Zahl der Pinguine und Robben könnte stark zurückgehen“, erklärte Geraint Tarling vom BAS.

Eisberg kann Ökosystem am Meeresboden beeinflussen

Die Folgen könnten dann noch weitreichender sein: Auch das Ökosystem am Meeresboden könnte durcheinander gebracht werden. Kommt es soweit, könnte dessen Erholung Jahrzehnte oder sogar Jahrhunderte brauchen.

2004 kam es vor Südgeorgien zu einem ähnlichen Szenario, damals war der Eisberg A38 schuld: Wissenschaftler fanden unzählige tote Pinguinküken und Robbenbabys. (mg/afp)