Wie werde ich ... Seenotretter?

Der Sturm peitscht das Meer vor denostfriesischen Inseln zu haushohen Wellen, Boote suchen Schutz in dennächstgelegenen Häfen. Dies ist der Zeitpunkt, an dem sich die Männerder Deutschen Gesellschaft zur Rettung Schiffbrüchiger (DGzRS) zumAuslaufen in die tosende Nordsee bereit machen. "Jeden Moment kannuns ein Hilferuf erreichen", sagt Ernst Dostal, Chef der neunSeeleute starken Besatzung des gut 23 Meter langenSeenotrettungskreuzers "Vormann Leiss". Das Schiff ist auf derHalbinsel Nordstrand stationiert.

"Wir beschäftigen 186 fest angestellte Seenotretter, dazu kommenetwa 800 ehrenamtlich Tätige", sagt Bernd Anders, einer der dreiGeschäftsführer der Deutschen Gesellschaft zur RettungSchiffbrüchiger (DGzRS) in Bremen. Die Gesellschaft unterhält vor dendeutschen Küsten eine Seerettungsflotte, die im vergangenen Jahr mehrals 2000 Einsatzfahrten unternahm. Dabei retteten die Helfer 91Menschen aus Seenot und befreiten 510 Personen aus "drohendenGefahrensituationen".

"Alle Einsätze sind freiwillig, man kann den Leuten keinen Befehlgeben, bei Orkan aufs offene Meer zu fahren", sagt Anders. "Aber wersonst, wenn nicht wir, soll Menschen aus Seenot retten?" Er ist seit17 Jahren dabei, seit fast 10 Jahren in der Funktion des Vormanns,des "Chefs". Jedes Boot hat einen solchen Verantwortlichen und einenStellvertreter. Bei den Einsätzen spielt die Hierarchie keine Rolle,dann ist Teamgeist gefragt.

Ausschließlich ausgebildete Seeleute haben bei Bewerbungen eineChance, betont Anders. Mindestens den Abschluss als Schiffsmechanikermüssen sie vorlegen können. "Er ist der Facharbeiter an Bord",erläutert Alexandra Pohl, beim Verband Deutscher Reeder (VDR) inHamburg zuständig für Ausbildung. "Das Wissen wird im dualen System,in der Praxis an Bord und in Theorie an der Berufsschule vermittelt."Mit dem Schiffsmechanikerbrief und Fahrzeiten in der Fischerei wäreder Weg zum Rettungsmann frei.

Über weitere Ausbildungsstufen könne man ein nautisches odertechnisches Patent machen und es mit entsprechenden Fahrzeiten biszum Kapitän bringen, sagt Pohl. Solche Qualifikationen werden vomVormann erwartet. Dostal beispielsweise hat das Kapitänspatent fürdie Küstenfahrt und fuhr sein eigenes Fischereiboot, ehe er sich fürdie Rettungseinsätze entschied. Guido Förster, dessen Seenotkreuzer"Bremen" im Ostseehafen Grömitz liegt, fuhr als nautischerSchiffsoffizier und Kapitän zur See.

Die Männer auf den 61 Seenotkreuzern und Seenotrettungsbooten mitden markanten Buchstaben SAR (Search And Rescue) am Bug, die die 3400 Kilometer langen deutschen Küsten sichern, machen jeweils zweiWochen Dienst an Bord und haben dann zwei Wochen frei. DieseArbeitszeiten haben sowohl Dostal als auch Förster dazu bewogen, "denJob an Land" anzunehmen. "Man ist öfter zu Hause", argumentierenbeide. Der Verdienst sei allerdings geringer als in derHandelsschifffahrt.

Seenotretter müssen auf dem neuesten Stand aller Sicherheits- undRettungsmaßnahmen bleiben. Die DGzRS unterhält entsprechendeEinrichtungen zur Schulung der Mitarbeiter. In der Zentrale in Bremensteht ein Simulator, an dem das richtige Verhalten inExtremsituationen trainiert werden kann. Die beste Schule aber istnach Meinung der Männer die Praxis an Bord.

Unter den 186 hauptberuflichen Rettern gibt es keine Frauen. "Wirhatten noch keine Bewerbungen", sagt Anders. Unter den 800Ehrenamtlichen, die ähnlich wie die Freiwillige Feuerwehr imAlarmfall mit ihren im Hafen liegenden Seenotrettungsbootenlosfahren, sind aber rund 40 Frauen registriert.

Seenotretter leisten auch Erste Hilfe und sind entsprechendtrainiert. Sie bergen Ertrinkende und leiten die Wiederbelebung ein,sie verbinden Wunden und behandeln auch schon mal einen Sonnenstich,wenn ein Amateurskipper die Sonne unterschätzt hat. Oder sietransportieren "erkrankte oder verletzte Menschen von Seeschiffen,Inseln und Halligen zum Festland", wie es im Tätigkeitsbericht heißt. Auch "Hilfeleistungen für Wasserfahrzeuge aller Art" gehören nachAngaben der Seenotretter zum Alltag.

Guido Förster weist darauf hin, dass "Seetüchtigkeit" einewichtige Voraussetzung ist. "Wer bei leichten Wellen seekrank wird,ist für den Beruf ungeeignet." Er verhehlt nicht, dass aucherfahrenen Seeleuten gelegentlich übel werden kann: "Damit muss manumgehen." Richtig hart für die Seenotretter wird es bei extremenWetterbedingungen. So im vergangenen November, als sich in derNordsee die Wellen bis zur Höhe von 17 Metern aufbauten - für dieMänner in Rot kein Grund, im Hafen zu bleiben.

Informationen: Deutsche Gesellschaft zur Rettung Schiffbrüchiger(DgzRS), Werderstraße 2, 28199 Bremen

www.seenotretter.de

Verband Deutscher Reeder (VDR), Esplanade 6,20354 Hamburg

www.reederverband.de