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Tränen Drama bei OlympiaTierquäler-Kritik an Bundestrainerin nach „Hau drauf“-Rufen

Annika Schleu hebt beim Springreit-Wettbewerb des Olympischen Fünfkampfes in Tokio klagend die Arme.

Das Drama um Fünfkämpferin Annika Schleu bei den Olympischen Spielen in Tokio, hier am 6. Oktober nach dem Reit-Wettbewerb, setzt sich fort.

Das Pferd beim Springreiten weigerte sich vehement – und damit waren die Goldhoffnungen für Annika Schleu dahin. Nach dem Vorfall wird der Bundestrainerin Kim Raisner und dem Modernen Fünfkampf Tierquälerei vorgeworfen.

von Michael Eham  (eham)

Tokio. Für die große deutsche Goldhoffnung im Modernen Fünfkampf, Annika Schleu (31), trat in der vierten der fünf Disziplinen der Super-GAU ein. Nach dem Fechten und Schwimmen war die Berlinerin mit solidem Vorsprung auf Rang eins. Doch beim Springreiten hatten Pferd und Reiterin große Probleme. Die Medaillenhoffnungen sind nach dem tränenreichen Drama begraben.

Annika Schleu war auf Goldkurs

Eigentlich hätte so gut wie jedes Ergebnis im Springreiten gereicht, um auf Medaillenkurs zu bleiben. Vor dem abschließenden Laser-Run, einer Kombination aus Querfeldeinlauf und Schießen mit einer Laserpistole, lag Schleu deutlich vorne.

Die Besonderheit beim Reiten im Modernen Fünfkampf: Die Athletinnen treten nicht auf ihren eigenen Pferden an, sondern ihnen werden Tiere zugelost. Schon im ersten Lauf mit einer russischen Reiterin hatte das völlig verunsicherte Pferd große Probleme.

Debatte um Tierwohl bei Olympia

Vor ihrem Start waren sowohl Annika Schleu als auch ihr Pferd „Saint Boy“ vollkommen verunsichert, die Reiterin weinte auf dem Pferd und versuchte, es mit Peitschenschlägen irgendwie in die Spur zu bringen. Erschreckende Bilder zeigten zudem, wie Bundestrainerin Kim Raisner (48) Schleu aufforderte: „Hau richtig drauf! Hau!“ Nach diesem skandalösen Zuruf steht Raisner heftig in der Kritik.

Später wehrte sich die Bundestrainierin, sagte dem SID: „Ich hab gesagt, hau drauf. Aber sie hat das Pferd nicht gequält, in keinster Weise.“ Es sei jetzt „keine Quälerei“, betonte Raisner, „dass man mal mit der Gerte hinten draufhaut. Sie hat dem Pferd nicht im Maul gerissen. Sie hatte keine scharfen Sporen dran. Pferde quälen sieht anders aus.“

Der Vorfall löste eine erneute Debatte über das Tierwohl bei solchen Turnieren mit zugelosten Pferden, die ihre Reiterinnen nicht kennen und einen anspruchsvollen Parcours reiten sollen, aus. Die Kritik wird nach diesem Vorfall wieder lauter.

Es gingen schockierende Bilder um die Welt, die ein schlechtes Bild auf den Modernen Fünfkampf werfen. Auch weil schon vor den dramatischen Szenen von Schleu und „Saint Boy“ mehrere Pferde und Reiterinnen mit ihrer Aufgabe sichtlich überfordert waren.

Schleu trat trotz der Probleme an, doch schon bei den ersten Hürden wurde deutlich, dass der Springparcours nicht zu meistern ist. Abwürfe und Verweigerungen waren die Folge. Am Ende musste Schleu ihren Lauf mit null Punkten abbrechen. Vollkommen in Tränen aufgelöst, ritt sie ab. Der Rückstand auf die Medaillenränge vor dem abschließenden Laser Run betrug rund 260 Punkte. Chancen auf eine Medaille hat Schleu damit bei den Olympischen Spielen keine mehr.

Schleu: „Ich denke, die Leute können es einfach nicht richtig einschätzen“

Die Berlinerin war nach ihrem Wettkampf um Klarstellung bemüht. Eigentlich würden die deutschen Fünfkämpfer „als sehr einfühlsame Reiter“ gelten. „Es bricht uns das Herz, dass wir es nicht zeigen können“, sagte Schleu: „Ich denke, die Leute können es einfach nicht richtig einschätzen.“

Das Drama lässt Erinnerungen wach werden. Vor fünf Jahren hatte Lena Schöneborn ein ganz ähnliches Debakel erlebt. Auch sie beendete bei den Olympischen Spielen in Rio de Janeiro 2016 das Springreiten mit null Punkten und hatte fortan keine Chancen mehr auf eine Medaille. Auch sie rannte anschließend weinend aus dem Stadion.