Ferrari-Sorgen vor HeimrennenLeclerc krank – Antonelli stiehlt Hamilton die Show

Andrea Kimi Antonelli und Lewis Hamilton während einer Pressekonferenz.

Mercedes-Fahrer Andrea Kimi Antonelli stiehlt Rekordweltmeister Lewis Hamilton die Show.

Vor dem Großen Preis von Italien träumen die Italiener von einem Heimsieg. Grund dafür: Formel-1-Wunderkind Kimi Antonelli. Charles Leclerc meldete sich krank ab.

von Oliver Reuter  (reu)

Verkehrte Welt in „Bella Italia“. Da kommt der bei seiner Vorstellung in Maranello wie ein Messias empfangene Lewis Hamilton (40) zu seinem ersten Ferrari-Rennen nach Imola (Sonntag, 18. Mai 2025, 15 Uhr, RTL & Sky), aber viel mehr bejubelt wird ein italienischer Mercedes-Fahrer: Der junge Andrea Kimi Antonelli (18) stiehlt dem Rekordweltmeister die Show.

Dem Wunderkind aus dem nahen Bologna wird eher zugetraut, Italiens Leidenszeit in der Königsklasse zu beenden, als dem Briten im Herbst seiner Karriere.

„Waren bereit, Risiko einzugehen“

Die stolzen Tifosi sehnen Erfolge wie aus der Ära von Michael Schumacher (56) herbei. Der letzte italienische Weltmeister war Alberto Ascari (+36) im Jahr 1953. Der letzte Sieg eines Italieners war 2006, als Giancarlo Fisichella (52) den Malaysia-GP gewann aber nicht im Ferrari, sondern im Renault. Den letzten Ferrari-Titel fuhr ein Jahr später glücklich der Finne Kimi Räikkönen (45) ein.

Nun trägt der junge Antonelli, den sein Rennfahrer-Papa Marco (60) zu Ehren Räikkönens Kimi nannte, die Hoffnungen einer ganzen Nation. Bei Fisichellas Sieg war er noch gar nicht geboren, erst seit Januar besitzt er einen Führerschein und auf seinen Formel-1-Reisen muss er noch für seinen Schulabschluss büffeln.

Doch der überzeugende Saisonstart mit 48 Punkten (acht mehr als Hamilton), den ersten Führungsrunden sowie der schnellsten Rennrunde in Suzuka und der Pole-Position im Sprintrennen zuletzt in Miami (jeweils als jüngster Fahrer der Geschichte) lässt die Tifosi von einer glänzenden Zukunft träumen. Und das im ungeliebten Silberpfeil!

„Wir waren bereit, dieses Risiko einzugehen, und das macht sich nun bezahlt“, sagt Mercedes-Teamchef Toto Wolff (53), der Antonelli dem zuvor geförderten und nach dem Haas-Aus als Ersatzfahrer aufgefangenen Mick Schumacher (26) vorzog. In einem offiziell nicht als Shootout bezeichneten Testduell in Silverstone setzte sich Kimi durch. Und er behielt Wolffs Vertrauen auch nach seinem peinlichen Crash im ersten Formel-1-Training ausgerechnet beim Heimrennen in Monza.

„Es gab viele Leute, die uns geraten haben, Kimi in die Lehre zu schicken etwa zu Williams“, erzählt Wolff. Doch er glaubte an Antonelli, den er nach dessen Kart-Erfolgen schon als Zwölfjährigen zum Mercedes-Junior gemacht hatte. Der sagte bei seiner Vorstellung als Hamilton-Nachfolger selbstbewusst: „Ich sehe mich einfach als den nächsten Mercedes-Fahrer. Ich will meine eigene Geschichte schreiben.“

Der Monza-Unfall war für seine Familie fast schlimmer als für ihn selbst. „Das war ein emotionaler Schock. Ich habe eineinhalb Tage im Fahrerlager geweint“, verrät Mutter Veronica, die ihren Sohn mit ihrem Mann Marco begleitet. Sie verrät auch Kimis Spitznamen: „Er wird immer meine kleine Maus bleiben.“ Die „kleine Maus“ mischt jetzt die großen Formel-1-Stars auf.

Antonelli hat den Grund-Speed, der Mick Schumacher fehlte

Seinen Grund-Speed, der Mick Schumacher nach übereinstimmenden Expertenmeinungen fehlte, zeigt er regelmäßig in den Qualifyings, nach denen ihm der neue Mercedes-Anführer George Russell (26) wie im Miami applaudieren muss. Erfahrung fehlt ihm vor allem noch bei der Renneinteilung und beim Start, weshalb er seine Miami-Pole auch nicht in seinen ersten Sieg ummünzen konnte. Aber Antonelli lernt schnell und sagt: „Ich werde jedes Wochenende selbstbewusster im Umgang mit dem Auto, verstehe besser, wozu das Auto fähig ist.“

Sein Potenzial früh erkannt hat auch Hamilton, der Wolff schon in der Casting-Phase riet: „Wenn ich Toto wäre, würde ich Kimi nehmen.“ Nach dessen Traumstart schwärmt er: „So etwas bringt alle Kritiker zum Schweigen. Ich liebe es, so etwas von einem Außenseiter zu sehen. Das ist so eine tolle Geschichte.“

Ganz im Gegensatz zu Hamiltons eigener bei Ferrari. Der Euphorie, noch unterfüttert durch den glücklichen Sieg im Schanghai-Sprint, wich die Ernüchterung. Der Brite ist nur WM-Siebter, sein bestes Ergebnis war Platz fünf in Bahrain, in Miami stritten er und Teamkollege Charles Leclerc (27) wieder mehrfach mit ihren Renningenieuren.

„Das Auto ist nicht einfach zu fahren“, klagte Hamilton über die launische Rote Göttin. Ex-Ferrari-Ingenieur Rob Smedley (51) analysierte: „Der Wagen passt sicher nicht zu Lewis' Fahrstil. Wir haben in der Vergangenheit gesehen, dass er Probleme hatte, wenn er diese Heckstabilität nicht gespürt hat. Charles kann über eine einzelne gezeitete Runde mehr Tempo aus dem Auto holen.“

Aber Leclerc sorgt vor dem Heimrennen für noch mehr Sorgen. Der Monegasse fühlte sich gestern unwohl und kam nicht zur Strecke. Teamchef Fred Vasseur (56) hofft noch, dass er zum Training wieder fit ist. Sonst muss Antonio Giovinazzi (31) ran, dann säße immerhin mal wieder ein Italiener im Ferrari.