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„Arrogante Blödheit“Reiner Calmund wettert gegen permanente Katar-Kritiker in Deutschland

Talk mit Reiner Calmund in einem Hotel.

Reiner Calmund (hier am 13. Mai 2022) reist auch zur Weltmeisterschaft nach Katar.

Ex-Fußball-Funktionär Reiner Calmund sieht auch die Missstände im WM-Gastgeberland Katar. Dennoch sind die Boykott-Aufrufe in Deutschland für ihn übertrieben. 

von Marcel Schwamborn (msw)

Am Montag steigt Reiner Calmund (73) in den Flieger nach Abu Dhabi. Von dort wird er gemeinsam mit Gästen eines Reiseunternehmens die WM-Vorrunde in Katar besuchen. Anschließend verfolgt er die K.-o.-Runde auf einem Kreuzfahrtschiff.

Der nach eigenen Aussagen Fußball-Bekloppte hat nicht nur in seiner rund 30-jährigen Tätigkeit als Top-Funktionär zahlreiche Turniere miterlebt. Wie viele andere Fans blickt auch der frühere Leverkusen-Boss mit gemischten Gefühlen auf dieses Winter-Turnier. Dennoch geht ihm derzeit etwas gehörig gegen den Strich.

Reiner Calmund reist auch zur WM-Vorrunde nach Katar

„Mir platzt bald wirklich die Hutschnur, wenn ich täglich nur noch negative Berichte, Debatten und Vorträge zum Thema Katar höre“, sagt er zu EXPRESS.de. „Wir Deutschen sollten mal aufhören, uns über die Verhaltensweisen der Kataris aufzuregen. Hier ist auch nicht alles so liberal und frei, wie immer alle tun. Das ist teilweise eine arrogante Blödheit erster Güte.“

Alles zum Thema Reiner Calmund

Die jüngsten Aussagen des katarischen WM-Botschafters Khalid Salman (60), Homosexualität sei ein geistiger Schaden, haben Calmund auch fassungslos gemacht. „Die sind nicht tolerierbar. Er muss in seiner Funktion als internationaler Diplomat auftreten. Für diese Äußerungen muss es einen deftigen Verweis oder eine Entlassung aus seinem Amt geben. Das müssen aber FIFA und das WM-Organisationskomitee regeln“.

Doch was den früheren XXL-Manager aufregt, ist die permanente Belehrung der WM-Gastgeber aus Deutschland. „Bis 1958 mussten Frauen in diesem Land ihre Männer um Erlaubnis fragen, ob sie den Führerschein machen dürfen. Bis 1977 durften Frauen nicht ohne Zustimmung der Männer arbeiten gehen. Erst 1994 wurde der Paragraf 175 abgeschafft, der Homosexualität als Straftat ansah.“

Calmund hat noch ein anderes Beispiel im Kopf: „1984 wurde der Vier-Sterne-General und damalige stellvertretende NATO-Oberbefehlshaber Günter Kießling unehrenhaft entlassen, weil ihm Homosexualität nachgesagt wurde und er somit ein Sicherheitsrisiko darstelle. Wir müssen also gar nicht 100 Jahre zurückschauen, um zu sehen, dass auch in Deutschland mit der Gleichberechtigung und Freiheit nicht alles so wunderbar war.“

Erst 2021 seien schwule und bisexuelle Soldaten der Bundeswehr für die erfahrene Diskriminierung rehabilitiert und entschädigt worden. „Calli“ verweist in dem Zusammenhang auch auf Thomas Hitzlsperger (40). „Warum hat sich denn bis heute nur ein Fußballer in Deutschland geoutet? Ich kenne auch in meinem privaten Umfeld Menschen, die aufgrund ihrer Homosexualität weiterhin Angst vor einem Spießrutenlauf haben. Also müssen wir nicht denken, dass hier im Gegensatz zu Katar alles perfekt sei.“

Ein weiterer Fakt sorgt beim ehemaligen Liga-Schwergewicht für Ärger. „Die Lage der Arbeitsmigranten in Katar spielt keine Rolle, wenn es um Energielieferungen nach Deutschland geht. Auch die Handball-WM 2015 oder die Leichtathletik-WM in Doha 2019 haben nicht im Ansatz zu solchen Diskussionen wie jetzt geführt. Das Formel-1-Rennen fand ebenfalls ohne große Aufregung statt. Nur beim Fußball drehen plötzlich alle durch und schreien nach einem Boykott.“

Reiner Calmund: WM ist eine Chance für das Land Katar

Calmund sieht das Turnier durchaus als Chance. „Wir müssen nicht akzeptieren, dass in Katar gegen Menschenrechte verstoßen wird. Ich finde es richtig, dass man mit dem Finger auf die Missstände zeigt. Da führt kein Weg dran vorbei. Die WM wird auch nicht auf einmal alles verändern. Ich bin aber davon überzeugt, dass sie zu Besserungen beitragen kann.“

Den heftigen Katar-Kritikern gibt der Rheinländer deshalb eins zu bedenken. „Wir Deutschen haben selbst eine Menschenrechts- und Weltpolitik gemacht, die die größte Verfehlung des letzten Jahrhunderts gewesen ist. Deutschland hat dafür gesorgt, dass neben Millionen Toten die WM nach 1938 zwölf Jahre lang gar nicht stattfinden konnte – durch den Zweiten Weltkrieg. Daher sollten alle mal schön den Ball flachhalten mit ihrer Besserwisserei.“